125 Jahre Stadtwerke Traunstein
Eine schwere Geburt wird zum Erfolgsmodell – Auszug aus der Chronik






1893 steht für den Beginn der modernen kommunalen Energieund Wasserversorgung in Traunstein. In diesem Jahr wurde in der 1888 erworbenen Mittermühle am Mühlbach unterhalb des Klosterbergs: erstens die Stromerzeugung aufgenommen; dabei zweitens auch die Einspeisung des Wassers aus dem 1886 am Klosterberg niedergebrachten Tiefbrunnen in ein neues Leitungssystem aus Eisenrohren anstelle der alten Holzdeicheln grundlegend modernisiert; sowie drittens das seit 1865 privat betriebene Gaswerk von der Stadt angekauft. Fortan war – und ist bis heute – die Versorgung der Bürger mit Strom, Gas und Wasser in städtischer Hand.
Somit ist das Jahr 1893 auch der Ausgangspunkt für die Chronik der Stadtwerke, die demnach 2018 zu Recht ihr 125-jähriges Jubiläum feiern. Aus diesem Anlass wurde unter der Federführung der beiden Geschäftsführer Josef Loscar und Stefan Will in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Klaus Oberkandler sowie dem Stadtarchiv eine Festschrift erarbeitet. Auf 120 Seiten werden die aktuellen Aufgaben der Werke ebenso thematisiert wie deren Geschichte, werden die Mitarbeiter damals und heute in einem Bilderbogen vorgestellt, historische Dokumente präsentiert sowie Zahlen und Fakten grafisch aufbereitet, alles garniert mit Bildern von Schülern der beiden Traunsteiner Gymnasien, die sich im Kunstunterricht mit den Begriffen »Energie- und Wasserversorgung – Stadtwerke – Traunstein« engagiert und phantasievoll auseinandergesetzt haben. Ob man dem selbst gestellten inhaltlichen Anspruch gerecht wurde, können die Leser ab dem 29. September entscheiden. Dann wird diese Publikation der Öffentlichkeit im Rahmen der Jubiläums-Festveranstaltung präsentiert.
Hinführend bzw. begleitend zum Jubiläum möchte das Stadtarchiv den Leserinnen und Lesern der »Chiemgau-Blätter« zwei dieser vorgenannten, historischen Dokumente näherbringen. Die Manuskripte wurden im Zuge der Nachforschungen transkribiert (wobei die damalige Rechtschreibung beibehalten wurde, die Zeichensetzung dagegen nach den heutigen Regeln erfolgte), mit einigen erläuternden Anmerkungen versehen und bebildert. Sie zeigen die Herausforderungen und Schwierigkeiten, denen sich die Werke in ihren Anfangsjahren ausgesetzt sahen. Beide Texte stammen aus der Feder von Franz Nußbaumer, der von der Gründung 1893 bis zu seinem Tod 1918 das städtische Wasser- und Elektrizitätswerk leitete.(1) Der erste ist eine von ihm im Jahr 1900 erstellte »Maschinenhausstudie« unter dem Titel: Rentieren sich die städtischen Wasser- & Elektrizitätswerke Traunstein oder nicht?
Daß sich die städtischen Wasser- und Elektrizitätswerke hier nicht rentieren, das können Sie von allen Herren, die im Rathaus aus- und eingehen, bestättigt hören, weil es hier wie in Rosenheim die Spatzen von den Dächern pfeifen. Ging mir doch seinerzeit ein Stich durch’s Herz, als ein »Herr Gemeindebevollmächtigter « mit einigen fremden Herrn das Werk besichtigte und als diese ihr Lob über die Schönheit des Werkes ausdrückten, in die Worte ausbrach: »Ja do zohln mir a alle Jahr 25000 Mark drauf«. Wie angenehm derartige Kraftsprüche auf denjenigen wirken, dem die Bewirthschaftung eines solchen Werkes übertragen wird, mögen Sie sich selbst vorstellen.
Allein, derartige Aussprüche regen auch wieder an, darüber nachzudenken, woran es liegt, daß sich das Werk nicht rentiert, kurz, das »Für und Gegen« der Ursachen sich gegenüber zu stellen. Wenn ich mich nach jener Zeit erinnere, als das Werk erbaut wurde, welcher Kritik damals schon insbesondere das Elektrizitätswerk unterworfen wurde, dann muß ich mich nur wundern, daß die Thore desselben noch offen sind und daß heute am Stadtplatz noch Bogenlampen brennen.(2)
Es wurde damals behauptet, daß die Erbauung des Elektrizitätswerkes lediglich deshalb durchging, um dem Lieblingswunsche eines Herrn zu entsprechen. Dieser Herr sei zwar ein anerkanntes Finanzgenie,(3) aber diesmal habe er sich verrechnet, denn das Werk sei ein Zwitterding, zu groß und zu klein. Und in der Folge der Jahre schienen diese Herrn Recht zu bekommen, jeder war davon überzeugt, sogar »jener«, der damals die »falsche« Rechnung aufgestellt hatte; auch er glaubte daran, daß er sich geirrt habe und erklärte mir: »Vor 10 Jahren darf man an eine Erweiterung der elektrischen Beleuchtung in Traunstein nicht denken.«
Armes Werk, so war dein Urtheil gesprochen, du mußtest die ganzen Jahre her das »Karnikel« sein, denn alle Jahre, wenn dein Etat berathen wird, dann ist jeder der »Herren« überzeugt, daß deine Erträgniße nur Schein sind, daß du nichts hast und nichts bist und nichts verdienst und nur deshalb erhalten wirst, weil man sich die Blamage nicht anthun will, daß man dich einfach zusperrt und an die Eingangsthüre eine Tafel hinhängt mit den Worten: »Mangels Selbsterhaltung geschloßen.«
Also siehst du, Elektrizitätswerk, nur der Blamage hast du es zu verdanken, daß du noch lebst; wenn die Furcht vor ihr nicht wäre, dann stünden deine Räder lange still, du würdest verrosten und Spinnen würden in deinen Maschinen ihre sicheren Netze bauen. Und doch wärest du nicht unverstanden geblieben, denn es sind »Zwei«, die dich durch und durch kennen, die wißen, an was es dir fehlt und in welcher Weise an dir gesündigt wurde. Diese »Beiden«(4) haben deiner Entwicklung zugesehen und deine Fähigkeiten geprüft und haben längst gefunden, daß die damals aufgestellte Rechnung vollkommen richtig war und jenes Finanzgenie sich nicht geirrt hat. Wie es aber gekommen ist, daß dem Werke heute noch nachgesagt wird, daß es sich nicht rentirt, was mit die Ursache war, was gethan und unterlaßen wurde, um das Werk unrentabel zu erhalten, ebenso, was sonst mitspielte, daß möge mir der geneigte Leser darzulegen in der Folge gestatten.
Der Ankauf der Mittermühle durch die Stadt muß von jedem Einsichtigen als ein glücklicher Griff bezeichnet werden, der sich in der Folge noch mehr als segensreich erwies, weil mitten im Werk eine Quelle war, die durch ihren Ausbau sich als so kräftig gezeigt hat, daß, wenn die Stadt Traunstein die doppelte Zahl an Einwohnern haben wird, diese Quelle noch mit großem Überschuß den Mehrbedarf an gutem, reinem Trink- und Nutzwasser zu liefern vermag. Wo findet sich ein ähnlicher Fall, daß mitten in der Stadt eine reine, ergiebige Quelle sich findet und gleich daneben die natürliche Kraft, um dieses Wasser in alle Stockwerke, ja sogar auf alle die Stadt umgebenden Berge zu heben? Weit und breit wird dieser glückliche Zufall nirgend anzutreffen sein.
Trotzdem aber, daß die Anlage von der Natur so begünstigt ist, hat dieselbe doch ein verhältnismäßig großes Anschaffungskapital verschlungen. Für den Werth dieser Anlage aber muß dieses Kapital doch klein genannt werden, denn es wird von den wenigsten bedacht, daß die ganze Anlage in ihrer Größe so normirt wurde, daß die Stadt sich nahezu verdoppeln darf, um das Werk in seine richtige Leistungsfähigkeit zu setzen. Wäre es unter diesen Umständen ein Wunder zu nennen, wenn das Wasserwerk, das eigentlich für eine viel größere Bevölkerungszahl gebaut ist, sich heute bei der kleinen Bevölkerung nicht rentiren würde? – Gewiß nicht. Aber nicht einmal bei der heutigen kleinen Einwohnerzahl der Stadt(5) war es nothwendig, die Stadtgefälle wegen der Nichtrentabilität des Werkes hinaufzusetzen, und darin liegt eben die Voraussicht unseres allseits anerkannten Finanzgenies. Jener »Herr«, es wäre zurücksetzend, wollte ich länger den Namen verschweigen, unser Herr Bürgermeister hat damals schon erkannt, daß die uns zu Gebote stehende Kraft durch den Betrieb des Pumpwerks nicht ausgenützt würde, und der hat deshalb in weiser Voraussicht den Einbau des Elektrizitätswerkes beantragt.
Herr Verwalter Scheicher wie ich sind der felsenfesten Überzeugung, daß die Finanzen des Wasserwerkes allein viel schlechter stünden, als dieses in Verbindung mit dem Elektrizitätswerk der Fall ist. Wir sind aber auch der Überzeugung, daß der Betrag, der dem Werke zur Verzinsung seiner Schulden von der Comunalkasse geleistet wird, der Stadt wieder in umgekehrter Weise durch das Werk zufließt und daß das Wasser- wie Elektrizitätswerk bei richtiger Entlohnung seiner Leistungen auch ohne den Zinsenzuschuß bestehen kann. Um nicht den Glauben zu erwecken, daß mein letzter Satz nur eine leere Behauptung sei, werde ich in nachstehendem auch den Beweis hiefür antreten.
Zu diesem Zwecke muß ich auf die erste Etataufstellung des Werkes zurückkommen. Damals wußten wir ganz genau unsere Ausgaben. Wir kannten den Betrag unserer Schulden, also auch die Summe der Zinsen, wir wußten unsere Betriebsausgaben, nur bezüglich der Einnahmen waren wir gezwungen, um mich eines parlamentarischen Ausdruckers zu bedienen, »den Sprung ins Dunkle zu wagen«. Da aber schon damals das Wasser- und Elektrizitätswerk der Stadt als das Schmerzenskind betrachtet wurde und man nicht recht wußte, was man mit dem Wechselbalg(6) anfangen sollte, so wurde beschlossen, da das Werk eben nicht mehr verdient, demselben einen Unterhaltungsbeitrag aus der Communal-Kaße anzuweisen. Diese Anweisung hat aber auch bedeutet, daß das Wasser- & Elektrizitätswerk zum Aschenbrödel der Stadt degradirt wurde, und wenn man am Biertisch die blühende Gasfabrik gegen das Elektrizitätswerk in Vergleich stellt, dann nimmt sich die Erstere gegen das Letztere gerade so aus wie ein im Amte befindlicher Magistratsrath gegen den Insaßen des Armenhauses, der von gemeindlicher Unterstützung lebt.
Wie kommt es aber, daß gerade seit der Zeit, als das Wasser- und Elektrizitätswerk in Betrieb kam, auch dieser Aufschwung der Gasfabrik einsetzte? Die Erklärung ist sehr einfach. Zu jener Zeit haben so und so viele Bewohner schon darauf gewartet, wenn das neue Elektrizitätswerk in Betrieb kommt, ihr Licht von demselben zu beziehen. Weil aber das Werk diese Lieferung nicht übernehmen konnte und auch keine Aussicht geboten war, daß diese Möglichkeit in absehbarer Zeit eintreten werde, so mußte man sich entschließen, das erhöhte Lichtbedürfnis durch die Gasfabrik decken zu laßen. Die in die gleiche Zeit fallende Einführung des »Auer Gasglühlichtes«(7) war aber mit bestimmend, durch das weiße und billigere Licht dem Gase zu neuem Aufschwung zu verhelfen. Eine Rentabilität der Gasfabrik war ja durch deren Vorbesitzer schon nachgewiesen, die Stadt übernahm dieselbe zu einem Preise, der jedes Risiko ausschloß, und die Fabrik selbst hatte ungefähr den sechsten Theil von dem zu verzinsen, was das Wasser- und Elektrizitätswerk zu verzinsen hat. Außerdem aber liefert die Gasfabrik nach wie vor an die Stadt und an die Gasgäste ihr Fabrikat zu einem Preise, der gerade im umgekehrten Verhältnis zu den Anschaffungskosten des Werkes steht.
An der Hand dieser Thatsachen komme ich auf meine oben geführte Behauptung zurück. Ich bitte, betrachten Sie die Art und Weise, wie die Gasfabrik ihre Erzeugniße an den Mann bringt, wie diese rechnet und wie beim städtischen Wasser- und Elektrizitätswerk die Sache von Anfang an behandelt wurde. Kurz und bündig ließe sich das gegenseitige Verhältniß eigentlich in die Worte kleiden. Die Gasfabrik sagt zu ihren Consumenten: »Das kostet es.« Und beim Wasser- und Elektrizitätswerk heißt es durch den Consumenten: »Das kriegst du.« Die Sache verhält sich so. Jeder gelieferte Cubikmeter Gas wird verrechnet und nach dem bestehenden Einheitssatze bezahlt, und dieser Gebrauch ist auch der einzig richtige. So verrechnet heute noch die Gasfabrik jede Stunde, die eine Straßenlaterne brennt, mit 3 Pfennig. Es kostet also jede ganznächtige Straßenlaterne, rund zu 4000 Brennstunden angenommen, pro Jahr 120 Mark. Wißen Sie, was die Stadt dem Elektrizitätswerk bezahlt für ein Straßenglühlicht von der gleichen Brenndauer? Dasselbe kostet pro Jahr 26 Mark oder zur Brennstunde 0,6 Pfennig, während die Gas fünfmal mehr erhält.
Es wäre nun einzuwenden, ja, die Gas brennt aber auch viel schöner als das Elektrische. Zugegeben! Allein daran ist nicht das elektrische Licht im Allgemeinen Schuld, sondern hierbei spielen ganz spezielle örtliche und in unserem Werke begründete Ursachen mit, deren Erörterung hier außer Besprechung bleiben können. Kehren wir aber die Sache um und sagen wir, die Gasfabrik liefert ein 5mal beßeres Licht als das elektrische und erhält deshalb fünfmal höhere Bezahlung, dann müssen Sie mir aber auch zugestehen, daß, wenn die Bezahlung nach der Leuchtkraft erfolgen sollte, wir auch unsere Bogenlampe in gleicher Weise honoriren müssen; und nun darüber ein anderes Beispiel:
Wir sind gewohnt, nobel zu sein, und so wollen wir ein Straßengasglühlicht zu 50 Kerzen annehmen. Eine Bogenlampe liefert 900 Kerzen oder die gleiche Lichtfülle von 18 Gasglühlichtern, würde also bei gleicher Bezahlung, wie solche die Gas erhält, 18 mal 3 oder 54 Pfennig die Brennstunde verdienen. Wißen Sie aber, was die Stadt dem Wasserund Elektrizitätswerk in Wirklichkeit für die Bogenlampenbrennstunde vergütet? Die Stadt bezahlt dem Werke 300 Mark pro Jahr für jede Bogenlampe; somit trifft auf die Brennstunde der ganznächtlichen Bogenlampe 7,5 Pfennig, also nur um einen halben Pfennig mehr, als die Gasfabrik für zwei Straßenlaternen erhält. Wo liegt nun hierin die gleiche Behandlung beider Werke? Gewinnt es nicht den Anschein, als ob das Wasser- und Elektrizitätswerk absichtlich gezwungen wird, das Aschenbrödl zu bleiben?
War[en] in Vorstehendem die Leistungen des Elektrizitätswerkes in Betrachtung gezogen, so wollen wir dies in Bezug auf das Wasserwerk fortsetzen. Im vergangenen Jahre (1899) hat das Wasserwerk um rund 16000 Mark Wasser geliefert. Dieser Betrag ist in Baarem erfolgt, was aber das Wasserwerk noch geliefert, darum kräht kein Hahn, denn es scheint das Sprichwort abzuwalten [= zu gelten]: »Hätt mer’s net, dann thät mer’s net.« Einer Aufzählung dieser Mehrleistung für das Wasserwerk aber ist die Sache doch werth, und zwar um so mehr, als demselben nicht nur keine Vergütung, sondern auch nicht einmal eine anerkennende Erwähnung zu Theil wird. So erhält das Wasserwerk auch keinen Schatten einer Vergütung für die Wasserlieferung zum Luitpoldbrunnen, zum Fischbrunnen, zum Brunnen in der Monumentsanlage(8), zum Spritzen der Straßen, zum Spülen sämtlicher Kanäle wie den Verbrauch der städtischen Aichanstalt. Hat jemand daran gedacht, daß diese ungezählten laufende von Cubikmetern gelieferten Wassers einen Theil der Arbeitsleistung des städtischen Wasserwerkes bilden und deshalb gerechterweise demselben sein Verdienst werden sollte?
Ist es gerecht, die Salubrität [= den gesunden Zustand] der Stadt einfach dem Werke auf die Schultern zu legen, das ohnehin schwer genug in den ersten Jahren seines Bestehens zu kämpfen hat? Wäre es nicht ein Akt der Gerechtigkeit, wenn man dem Werke dasjenige, was es verdient hat, gutschreibt, selbst auf die Gefahr hin, daß man diejenigen Maaßnahmen, welche zur Verschönerung und Verbesserung der Stadt in gesundheitlicher Beziehung beitragen, auf jenes Conto setzt, wohin sie gehören? Zählen wir aber dieses alles zusammen und nehmen wir den Fall an, das Wasser- und Elektrizitätswerk würde in gleicher Weise jede Leistung so verrechnen, wie es die Gasfabrik thut, dann sind wir um das Facit nicht bange, daß das Werk auch ohne gemeindlichen Zuschuß bestehen kann. Es wäre nun nur noch ein Fall möglich, und dieser wäre der, daß der Gasfabrik wohl ihre Bezüge verrechnet, aber nicht bezahlt würden; wenn dieser Fall aber thatsächlich eintreten würde, dann würde dieses so viel bedeuten, daß die Gasabnehmer eben durch ihren Gasbezug die Straßenbeleuchtung mit bezahlen.
Nur der immerwährende Vorwurf, das Wasser- und Elektrizitätswerk rentiert sich nicht, hat mich veranlaßt zu dieser Abwehr, und ich bin immer bereit, was in meinen Kräften steht, gegen diese Behauptung anzukämpfen. Selbst, wenn mir mein Beginnen viele Feindschaft, selbst meine Entlassung, eintragen würde, so könnte mich dieses alles nicht davon abhalten, unausgesetzt zu erklären, daß die erste Rechnung unseres »Finanzgenies« richtig war, aber durch ungerechtfertigte Auflagen später die strikte Einhaltung derselben vereitelt wurde.
Franz Haselbeck
Anmerkungen:
1) Franz Nußbaumer, geboren am 4. Mai 1855 in Augsburg, verstorben am 14. Dezember 1918 in Traunstein »nach langer, schwerer Krankheit«, verheiratet mit Karolina, geborene Klein (1860 - 1948), drei Kinder: Franz (geb. 1884), Margarethe (geb. 1895) und Maria (geb. 1897). Das Traunsteiner Wochenblatt ehrte den Verstorbenen am 1. Dezember 1918 als »[…] stadtbekannte und liebe Persönlichkeit. Über 25 Jahre stand er diesem Werke vor und hat auf diesem Gebiete für die Stadt Traunstein Ersprießliches geleistet und hat das Werk aus kleinen Anfängen zu seiner jetzigen Höhe gebracht. […] In der Geschichte Traunsteins wird aber der Name Nußbaumer weiterleben […]« – eine Vorhersage, die in der Nußbaumerstraße ihre Erfüllung gefunden hat. Die Oberbayerische Landeszeitung bescheinigte ihm zudem und einen »humorvollen Charakter«, was der ironische Tonfall der vorliegenden »Maschinenhausstudie« an so mancher Stelle durchaus unterstreicht. Man könnte den Würdigungen noch hinzufügen: Franz Nußbaumer war ein Mann klarer Worte, der sich nicht scheute, seine sachliche Kritik auch städtischen Verantwortungsträgern gegenüber zu äußern. Die Tochter Margarethe heiratete 1920 Oswald Schlager (1890 - 1974), Nußbaumers Nachfolger als Werksleiter.
(2) Eine Kohlebogenlampe, kurz auch Bogenlampe genannt, ist eine künstliche, elektrische Lichtquelle mit einem in Luft brennenden Lichtbogen zwischen zwei Elektroden aus Graphit.
3) Gemeint ist – Franz Nußbaumer wird das Rätsel später noch selbst auflösen – Hofrat Josef Ritter von Seuffert (1849 - 1914), Bürgermeister von 1878 bis 1909. Der aus Bamberg stammende Jurist war die treibende Kraft bei der Gründung der Stadtwerke.
(4) Es ist nicht völlig klar, von wem hier die Rede ist. Der weitere Text lässt jedoch mit einiger Sicherheit vermuten, dass es sich bei den »Zweien« um den Hotelier und Magistratsrat Peter Scheicher (1852 - 1934), Verwalter des Wasser- und Elektrizitätswerks, und Franz Nußbaumer selbst handelt.
(5) Traunstein hatte im Jahr 1900 etwas mehr als 8.000 Einwohner.
(6) Hässliches, missgestaltetes Kind, nach früherem Volksglauben einer Wöchnerin von bösen Geistern oder Zwergen untergeschoben.
(7) Carl Auer von Welsbach (1858 - 1929), Chemiker und Forscher in Wien, veredelte die bisher gebräuchliche offene Gasflamme mit einem sogenannten Glühstrumpf (»Auerstrumpf«), einem Netz von Seltenerdmetallen auf textilem Gewebe. Das Netz glühte durch den Brand weiß und erreichte eine starke Helligkeit bei niedrigerem Gasverbrauch. 1885 ließ Auer sich dieses von ihm erfundene Gasglühlicht patentieren. Durch diesen Erfolg wurde es für das neue elektrische Glühlicht von Thomas A. Edison schwer, in Konkurrenz zu treten. Die Gasversorgung war bereits eingerichtet und das »Auerlicht« auch noch heller und billiger.
(8) Brunnen in der Grünanlage am Maxplatz mit dem Denkmal für König Maximilian II. (»Maxmonument«).
37/2018