Tradition, Brauchtum und Bauernweisheiten
Am 2. Februar wird Mariä Lichtmess gefeiert


Mariä Lichtmess, am 2. Februar gefeiert, hat tiefe historische und kulturelle Wurzeln in Oberbayern, besonders in ländlichen Regionen wie dem Chiemgau und dem Rupertiwinkel. Der Feiertag verbindet christliche und vorchristliche Traditionen und markiert nicht nur das Ende der Weihnachtszeit, sondern auch einen Wendepunkt im bäuerlichen Jahreslauf.
Ursprünge und Verbindung zur Natur
Die Ursprünge von Mariä Lichtmess reichen bis in die keltische Zeit zurück, als an diesem Tag das Fest Imbolc zu Ehren der Lichtgöttin Brigid gefeiert wurde. Brigid, die als »Lichtjungfrau« verehrt wurde, symbolisierte das Ende der Dunkelheit und den Beginn der lichtvolleren Jahreszeit. Imbolc, was »im Schoß« bedeutet, verwies auf die ersten Anzeichen von neuem Leben in der Natur, wie die Geburt der ersten Lämmer – ein Symbol für Fruchtbarkeit.
Das Fest hatte auch einen reinigenden Charakter: Mit Besen aus Birkenholz, dem heiligen Baum der Lichtgöttin, wurden die Häuser symbolisch gereinigt, um Platz für Neues zu schaffen. Dieser Reinigungsaspekt ist im Februar spürbar, dessen Name vom lateinischen »Februarius« (Reinigung) abgeleitet wird. Brigid wurde nachgesagt, sie rege den Saftfluss der Bäume und die Lebenskräfte der Menschen an, was zu lärmenden Umzügen führte, um das Wachstum zu fördern. Diese Tradition hatte einen närrischen Charakter, der auch im Fasching weiterlebt.
Vom keltischen Fest zum christlichen Feiertag
Mit der Christianisierung wurde das keltische Imbolc-Fest umgedeutet und in den christlichen Jahreslauf integriert. Aus Imbolc wurde Mariä Lichtmess, das sowohl die Reinigung der Gottesmutter Maria – 40 Tage nach der Geburt Jesu – als auch die Darstellung Jesu im Tempel von Jerusalem feiert. Christus wurde als »Licht der Welt« geehrt. Der 2. Februar wurde schließlich fest in den liturgischen Kalender aufgenommen und entwickelte sich zu einem bedeutenden kirchlichen Fest.
Die Kerzenweihe und ihre Bedeutung
Bis 1912 war Mariä Lichtmess in Bayern ein gesetzlicher Feiertag. Der Tag war arbeitsfrei und wurde in den Dörfern feierlich begangen. Ein zentraler Brauch war und ist die feierliche Kerzenweihe. Gläubige brachten ihre Kerzen in die Kirche, die dort gesegnet wurden. Diese Kerzen symbolisierten das »Licht der Welt« und sollten zugleich vor Unwettern, Blitzschlägen und Krankheiten schützen. In vielen Regionen folgten nach der Weihe Lichtprozessionen, bei denen die Gläubigen die geweihten Kerzen durch die Straßen trugen.
Der »Schlenkeltag« – Ein besonderer Brauch in Oberbayern und Österreich
Ein besonderer Brauch, der mit Mariä Lichtmess verbunden ist, ist der sogenannte »Schlenkeltag« oder »Truhentag«. Dieser Brauch, der unmittelbar nach Mariä Lichtmess gefeiert wurde, bot den Dienstboten eine kurze Auszeit. Bis zum Agatha-Tag am 5. Februar konnten Knechte und Mägde ihre Stelle wechseln oder einfach entspannen. Der »Truhentag« bezieht sich auf die Tradition, dass viele Dienstboten an diesem Tag ihre Habseligkeiten – oft in einer kleinen Truhe – packten und den Hof wechselten. Diese kurze Zeit des Übergangs war eine Pause im harten Arbeitsrhythmus und bot eine Gelegenheit für einen Wechsel.
In dieser kurzen Phase, der sogenannten »Schlenkelweil«, hatten die Dienstboten ihre eigenen Freiheiten: Sie konnten sich mit ihrem Jahreslohn auf Lichtmessmärkten etwas gönnen oder in den Wirtshäusern feiern. Bis ins 20. Jahrhundert hatte der »Schlenkeltag« vor allem in Bayern und Österreich Bestand, bevor moderne Arbeitsverhältnisse solche Bräuche verdrängten. Dennoch bleibt diese Tradition ein Zeugnis dafür, wie das Kirchenjahr und der bäuerliche Alltag eng miteinander verknüpft waren.
Weitere Bräuche und das Ende der Weihnachtszeit
Neben der Kerzenweihe und den Prozessionen gehörten zu Mariä Lichtmess auch andere Bräuche. Auf den Höfen überprüften die Bauern ihre Wintervorräte und in manchen Gegenden fanden Hofmärkte statt, auf denen Vieh verkauft oder getauscht wurde. Auch in den Haushalten gab es besondere Speisen wie Schlenklweihnudeln oder Lichtmesskrapfen, die das Festmahl bereicherten. Der Christbaum und die Weihnachtskrippe blieben bis Lichtmess stehen, bevor sie mit kleinen Feierlichkeiten verabschiedet wurden.
Bauernregeln und Wetterdeutung
Mariä Lichtmess galt in früheren Zeiten als wichtiger Stichtag für die Wetterdeutung. Zahlreiche Bauernregeln wie »Wenn's zu Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit« oder »Ist's zu Lichtmess hell und rein, wird's ein langer Winter sein« zeigen die enge Verbindung der Menschen mit der Natur. Diese Regeln halfen den Bauern, den weiteren Verlauf des Winters abzuschätzen und ihre Arbeiten zu planen. Obwohl die Sprüche keine wissenschaftliche Basis haben, basieren sie oft auf langjährigen Wetterbeobachtungen. In der modernen Arbeitswelt hat Mariä Lichtmess seine ursprüngliche Bedeutung weitgehend verloren, doch in ländlichen Gegenden lebt der Tag in Form von Bräuchen und Traditionen weiter. Die Kerzenweihe ist nach wie vor ein fester Bestandteil des kirchlichen Jahres, und in manchen Dörfern wird der Schlenkeltag noch in geselligen Runden gefeiert. Die Traditionen rund um Mariä Lichtmess erinnern an die enge Verbindung von Natur, bäuerlichem Alltag und religiösem Leben, die Oberbayern seit jeher geprägt hat.
Gabi Rasch
5/2025