Jahrgang 2023 Nummer 49

Seine Durchlaucht, Kurfürst Maximilian

Erst nach mehreren Anläufen erreichte er die Standeserhöhung

Kurfürst Maximilian I., zeitgenössischer Stich. (Repros vom Verfasser)
Graf Friedrich V. von der Pfalz.
Kaiser Ferdinand II., zeitgenössischer Kupferstich.
Rückseite des Oberpfälzer Silbertalers mit dem bayerischen Wappen.
Kurfürst Maximilian zu Pferde im Amtsornat, Kupferstich von E. Kieser, nach 1623.

Seit dem Mittelalter waren die sieben Kurfürsten berechtigt, den deutschen König zu wählen. Das erlauchte Kollegium bestand aus den Erzbischöfen von Mainz, Trier und Köln, dem König von Böhmen, dem Herzog von Sachsen, dem Markgrafen von Brandenburg und dem Pfalzgrafen bei Rhein.

Für den bayerischen Herzog Maximilian I. war es ein Ärgernis, dass nicht er, sondern seine Verwandten in der Pfalz, die pfälzischen Wittelsbacher, im Besitz der Kurwürde waren und sich demgemäß als Kurfürsten bezeichneten, während er selbst nur den Herzogtitel führte. Ursprünglich war vorgesehen gewesen, dass die Bayern und die Pfälzer sich bei der Ausübung der Kurwürde abwechseln sollten. Aber Kaiser Karl IV., aus politischen Gründen ein Freund der Pfälzer, ließ in der Goldenen Bulle von 1356 die Unteilbarkeit der Kurwürde festschreiben und sprach sie einseitig den Pfälzer Wittelsbachern zu.

Mit der Kurwürde waren seit Alters her die höchsten Hofämter wie Marschall, Kämmerer, Truchsess und Mundschenk verbunden, deren Inhaber bei wichtigen staatlichen Anlässen inAktion traten.Dabeikam den Pfälzer Kurfürsten das Truchsess-Amt zu, eine Art Verwalter von Haus und Tafel.

Am herzoglichen Hof zu München forschten die Juristen im Auftrag von Herzog Maximilian fieberhaft nach Argumenten, um die Kurwürde wenigstens im Wechsel wieder nach München zu holen. Aber umsonst. Der Gesetzestext sprach zu eindeutig für die Pfalz. Erst am Vorabend des 30-jährigen Krieges kam Bewegung in die Angelegenheit. Die politische Großwetterlage hatte sich geändert, der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten hatte sich zugespitzt. Der Pfälzer Kurfürst Friedrich V. war dabei, sich in ein riskantes politisches Abenteuer einzulassen, das ihm möglicherweise die Reichsacht eintragen und den Kurfürstenhut kosten konnte. Die Stände in Böhmen hatten sich geweigert, den als Gegenreformator gefürchteten Habsburger Ferdinand II. als König anzuerkennen und trugen dem Kurfürsten Friedrich von der Pfalz die Wenzelskrone an. Friedrich war wie alle Pfälzer Kalvinist, im Gegensatz zu den katholischen Wittelsbachern in Bayern, die stramm auf der Seite der katholischen Kirche und der Habsburger standen.

Für den 23-jährigen Friedrich ein verlockendes Angebot – Königskrone statt Kurfürstenhut! Auch seine aus England stammende Gemahlin soll ihm zur Annahme der Wenzelskrone geraten haben, verlockt von der Aussicht, Königin zu werden. Dazu kamen religionspolitische Gründe. Friedrich war Führer der protestantischen Partei im Reich und besaß ein starkes religiöses Sendungsbewusstsein, so dass man ihn »Kreuzritter des Protestantismus« nannte. Nicht zu unterschätzen war seine militärische Potenz. Da er durch seine Mutter mit dem Haus Oranien in den Niederlanden und durch seine Gemahlin mit dem englischen Königshaus verbunden war, konnte man im Kriegsfall auf Unterstützung aus diesen Staaten hoffen.

Aber leider blieb die Hilfe der Verwandten aus, Friedrich unterlag dem Heer der katholischen Liga. Nach seiner Niederlage am Weissen Berg musste er fliehen, wurde geächtet und verlor die Kurwürde. Der Kaiser hatte seinem getreuen Waffengefährten Maximilian versprochen, ihnm im Falle eines Sieges mit erheblichem Landgewinn, der Oberen Pfalz und mit der Kurwürde zu belohnen. Allerdings war die Zusage nur mündlich erfolgt. Zur Gültigkeit bedurfte es der Schriftlichkeit sowie der Zustimmung des gesamten Kollegiums der anderen Kurfürsten, darunter auch der protestantischen von Sachsen und Brandenburg.

Es zeugt von Maximilians diplomatischem Geschick, wie er in der folgenden Zeit Schritt für Schritt das Ziel verfolgte, die Standeserhöhung zunächst nur für seine Person und dann auch für seine Nachkommen durchzusetzen. Erster Schritt war eine mündliche, dann eine schriftliche, jeweils geheime Zusage des Kaisers, als nächstes die öffentliche Zusage, gefolgt von der Übertragung nur auf seine Person und schließlich auch die Belehnung aller männlichen Erben mit der Kurwürde, nachdem auch die protestantischen Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen zugestimmt hatten. Der 25. Februar 1623, an dem Maximilian endgültig mit der Kurwürde belehnt wurde, war von nun an ein historischer Gedenktag der bayerischen Geschichte.

Über alle Stadien der Standeserhöhung wurden Urkunden ausgestellt, die sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München befinden und kürzlich bei einer Wanderausstellung zu sehen waren. Interessant ist die Bestätigungsurkunde von 1623, die mit den Worten beginnt: »Wir, Maximilian, Pfalzgraffe bey Rhein, Hertzog in Ober- und Niederbayern, des Heiligen Römischen Reichs Ertztruchsess und Churfürst«. Die Urkunde legt fest, dass Maximilian von Kaiser Ferdinand die vom Vorbesitzer Pfalzgraf Friedrich wegen seiner Verbrechen verwirkteKurwürde der Pfalz und das Reichserztruchseßamt für alle Zeit übertragen bekam.

Alle Behörden und Gerichte im Land wurden über den neuen Titel ihres Landesherrn unterrichtet und angewiesen, der bisherigen Titulatur künftig »das churfürstliche Praedicat beyzufügen«. Fortan begannen alle Anweisungen an die Untertanen mit den Worten »Wir, Maximilian, von Gottes Gnaden Pfalzgraf bei Rhein, Herzog in Ober- und Niederbayern, des Heiligen Römischen Reichs Erztruchsess und Kurfürst«. Im mündlichen Verkehr war die Anrede »Durchlaucht« zu gebrauchen.

In der Oberpfalz kamen die neuen Machtverhältnisse auf einem Reichstaler zum Ausdruck. Auf der Rückseite sieht man einen Kurhut sowie einen Reichdapfel im Schild, das Rangzeichen des Erztruchsessen. Im Mittelpunkt steht das viergeteilte bayerische Wappen, drapiert mit dem Orden vom Goldenen Vlies, ein Zeichen der Treue Maximilians zum Hause Habsburg und zur katholischen Kirche.

Noch im Jahre 1623 schuf Eberhard Kieser einen Kupferstich des neuen Kurfürsten in Herrscherpose, mit einem Hermelinmantel bekleidet, unter dem der Feldherren-Harnisch hervorblitzt. Auf dem Kopf trägt er den Kurhut, in der rechten Hand hält er den Reichsapfel, das Abzeichen für das Reichserztruchsessenamt. Links oben im Bild sieht man das neue Landeswappen. Es besteht aus dem von bayerischen Rauten und pfälzischen Löwen viergeteilten Schild, mit dem Reichsapfel im Zentrum. Das Ganze wird eingefasst von einem Kurhut und dem umkränzenden Orden des Goldenen Vlieses, dessen Ritter Maximilian war. Die lateinische Inschrift auf dem Kupferstich oben rechts ist ein Zitat aus dem 68. Psalm, das sich Maximilian als Motto gewählt hatte: »Erhebe dich, mein Gott, und zerstiebe meine Feinde, und alle, die dich hassen, mögen vor dir fliehen!«

 

Julius Bittmann

 

49/2023