Heiliger Gallus, Abt
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Gallus (= Hahn, wachsam) war von edlem Stamme in Irland und weihte sich Gott im Kloster Benchor unter Leitung des heiligen Abtes Columban. Im Jahre 585 folgte Gallus mit dem seligen Deicola und noch elf anderen dem heiligen Columban nach Frankreich. Sie zogen dann nach vielen Arbeiten und Leiden fort und erbauten sich bei Bregenz um die restaurierte Kapelle der heiligen Aurelia einige Zellen und gaben so dem Kloster Mehrerau seine Entstehung. Columban begab sich mit einigen Gefährten nach Italien. Der heilige Gallus litt an einem Fieber und blieb mit dem heiligen Magnoald (Magnus) und Theodor zurück. Gallus wählte drei Stunden von Arbon einen Platz, um Zellen zu erbauen, wodurch der Anfang zum Kloster und Bistum St. Gallen gemacht wurde. Während der Nacht sah der Heilige einen Bären herankommen, den er in der Kraft Gottes zähmte (er hatte Gewalt über die wilden Tiere) und ihn Holz herbeibringen ließ. Gallus heilte die kranke Tochter Friedeburga des Alemannenherzogs Gunzo. Aus Dankbarkeit trug ihm dieser das Bistum Konstanz an, das jedoch der Heilige ablehnte. In der ganzen Umgegend predigte er den heiligen Glauben, gewann viele Seelen, lebte äußerst strenge, sammelte viele Schüler um sich und starb im Alter von 95 Jahren am 16. Oktober 640. Gott verherrlichte ihn durch viele Wunder. In Augsburg ist ihm das uralte St. Galluskirchlein bei St. Stephan geweiht.
Lehre. Der heilige Gallus sagt in einer Predigt: »Wir beschwören euch durch Jesus Christus, dass ihr lebet, wie es Kindern Gottes beziemt; dass ihr vermeidet die Lust des Fraßes, den Unsinn der Trunkenheit, den Wust der Unlauterkeit, denGötzendienst des Geizes, dieWut des Zornes, das Gift des Neides, den Trotz der Aufgeblasenheit und des Stolzes!«
Gebet. O Gott, der du deinem heiligen Bekenner und Abte Gallus wunderbare Kraft zur Heilung vieler Kranken gegeben und ihn durch andere Wunder verherrlicht hast: gewähre uns durch dessen Fürbitte Gnade und Barmherzigkeit für unsere Seelen. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
42/2021