Heilige Gudula, Jungfrau
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Gudula (Gudila = gütig) entstammte einem gräflichen Geschlechte in Brabant (Belgien). Die heilige Amelberga war ihre Mutter. Gudula wurde ihrer Taufpatin Gertrud, Äbtissin in Nivelles, zur Erziehung übergeben. Nach deren Tode (664) kehrte sie zu ihren Eltern zurück, führte ein strenges Leben und gelobte ewige Jungfräulichkeit. In der Nähe fand die Heilige einen geeigneten Ort, wo sie, abgeschlossen von der Welt, sich ganz der Betrachtung und anderen Übungen der Frömmigkeit ungestört hingeben konnte. Sie züchtigte ihren Körper strenge und ging stets barfuß, was niemand bemerken konnte, indem sie Schuhe ohne Sohlen trug. Der Teufel bereitete ihr oft arge Versuchungen; einmal löschte er ihr auf dem Wege, zur Kirche in der Nacht das Licht aus, welches jedoch ein Engel wieder anzündete (siehe Bild!). Im unerschütterlichen Vertrauen auf die Macht des Gebetes wirkte sie im Namen Jesu auch noch viele andere Wunder an Kranken aller Art. Die Heilige entschlief am 8. Januar 712. Ihr heiliger Leib ruht in der Kirche ihres Namens in der Hauptstadt Brüssel, welche sie als ihre Schutzpatronin verehrt. Auch nach dem Tode zeichnete Gott seine heilige Dienerin durch Wunder aus.
Lehre. Bete auch du, o Christ! Wie die heilige Gudula: »Dass alles, was du denkst und tust, von Gottes Augen angenehm sein möge.« Denn es gibt nichts Besseres, als die gute Meinung, durch welche die einfachsten Handlungen Gott so wohlgefällig und für die Seele verdienstlich werden. Viele gute Handlungen geschehen, die von Gott beobachtet und dereinst groß belohn werden, denen die Welt keine Beachtung schenkt. Wie viele große Taten staunt die Welt an, welche aber vor Gott nichts sind, wenn nur irdische Absichten dabei maßgebend waren, jedoch die Rücksicht auf Gott gänzlich außer acht gelassen worden ist. Bist du auch klein vor der Welt – trachte groß zu sein vor Gott!
Gebet. Allmächtiger, ewiger Gott! Der du wunderbar bist in deinen Heiligen und ihnen himmlische Begierden einflößest: gewähre auch du uns deine helfende Gnade, damit wir jederzeit nur denken, reden und tun, was dir wohlgefällig und zu unserem Seelenheile nützlich ist. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
1/2022