Jahrgang 2002 Nummer 25

Göttin Juno bescherte uns den Johannistag

Ein Bad im Johannis-Tau befreite von vielen Leiden

Sonnwendfeuer auf Hügeln und Bergen, zu Tal rollende Feuerräder, die nach allen Seiten Funken sprühen, so feierte man früher den Johannistag, besser noch die Sommersonnwendnacht. Der Name des sechsten Monats geht auf lateinisch Iunius »Monat, welcher der Göttin Juno geweiht ist« zurück. Alte Göttersagen berichten, dass Juno die Frau des Zeus wurde, und das betonte man besonders, weil der Johannistag im Juni vor allem den Mädchen und Frauen gewidmet sein sollte. Der Name Juni setzte sich seit dem 16. Jahrhundert in der Kanzleisprache durch und verdrängte alte deutsche Namen wie Brachet und Heumonat.

Nicht nur eitel Freude herrschte früher an diesem Tag. Es galt, die bösen Geister im Johannisfeuer zu verbrennen und die neuen, die den Mensch gut gesonnen waren, anzulocken. Paarweise sprangen die Menschen durch die auflodernden Flammen als Zeichen der Zusammengehörigkeit und der ewigen Treue.

Am Johannistag wurde einst auch der Maibaum ins Feuer geworfen, denn nun hatte die Not ein Ende. Der »Tänzer« oder besser Wagemutige, der als Erster über das Feuer sprang, bekam den Namen Johannes – er war »König für eine Nacht«.

Woher aber stammt überhaupt der Brauch des Johannisfestes? Er ist wohl biblischen Einflüssen zuzuschreiben, denn am Sonnwendtag, dem 24. Juni, ist der Geburtstag von Johannes dem Täufer. Er wurde früher vielerorts verehrt, man widmete ihm Kränze und die Menschen nahmen von ihm an, er ginge in der Sonnwendnacht von Haus zu Haus und verbeuge sich vor jedem Kranz, was zu Wohlstand und reicher Ernte führen sollte.

Im Mittelalter, im 12. und 13. Jahrhundert, wurden bereits weithin leuchtende Johannisfeuer angezündet. Mit ihnen schon verband sich allerlei Spuk, verwoben sich mythische Gedanken und Hoffnungen. Wer seinen Partner beim Feuersprung losließ, war auch in der Liebe nicht treu. Vieh musste durch die Asche getrieben werden, sollte es vor Unheil bewahrt sein. Die Rauchschwaden wurden über die Felder geleitet, um diese vor Hagelschlag und Kornmuhmen zu schützen.

Das gegensätzliche Element des Feuers, das Wasser, wurde früher als so genanntes Johanniswasser gern von Mädchen und jungen Frauen aus den Quellen geschöpft. Schönheit, Reichtum und Gesundheit sollte das Wasser mit sich bringen, denn schließlich war es ja von der Gottheit gespendet worden.

Und so war, wer im Johannis-Tau badete, gegen allerlei Leiden gefeit, er und sie wurden etwa von Sommersprossen befreit. Auch die Mühen eines ganzen Jahres konnte man mit Johanniswasser einen Fluss abwärts befördern und ließ sie gar nicht erst wieder zurück- oder aufkommen, wenn man das »heilige Kraut«, Johanniskraut genannt, bei sich trug. Kein Wunder, dass bei einer solchen Verehrung des Tages die im Juni reifenden Beeren an ihren langen Rispen zu Johannisbeeren wurden, denen man ebenso wie dem Johanniskraut einst heilende Kräfte zuschrieb, die es bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Innerlich angewendet gilt es als natürliches Psychopharmakon. Es wird vor allem gegen die Schlafstörungen empfohlen, die sich aus seelischen Konflikten, Sorgen und Ängsten erklären. Bei äußerer Anwendung wirkt Johanniskraut besonders gut auf die Nerven. Es wird immer das fertige Öl aus dem Fachgeschäft zur Einreibung der zugehörigen Hautzonen verwendet.

AK



25/2002