Jahrgang 2022 Nummer 9

Gestickt, gemalt, in Leder geschnitten

Was Prinzregent Luitpold zu Geburtstagen geschenkt bekam, prunkt jetzt im Bayerischen Nationalmuseum

Prinzregent Luitpold von Bayern, gemalt von Friedrich August von Kaulbach, München 1900. (Fotos: Hans Gärtner)
Entdeckt unter vielen ähnlichen Geburtstagsgaben – das Salve Regina in Kalligraphie mit Marienbild, gewidmet von den Nonnen des Klosters.
Glückwunschadresse von acht Münchner Hoflieferanten zum 80. Geburtstag. Schweinsleder im reinen Jugendstil 1901.
Monumentale Bildpostkarte zum 70. Geburtstag von Prinzregent Luitpold. Absender: fortstliche Hochschule Aschaffenburg.

Drei hohe runde Geburtstage konnte Prinzregent Luitpold, Bayerns beliebtester Wittelsbacher, feiern: 1891, 1901 und 1911. Der 1821 Geborene starb erst 1912. Keine Lebenseckdaten eines bayerischen Herrschers sind so leicht zu merken wie die des den Schönen Künsten zugetanen Regenten: Die Ziffern 2 und 1 umdrehen: 21 geboren, 12 gestorben. Geboren vor 200 Jahren, gestorben vor 110 Jahren. In das Todesgedenkjahr reicht die Ausstellung »Glanzvolle Glückwünsche« im Bayerischen Nationalmuseum wunderbar hinein. Ein gut gewähltes Datum für die vor Reichtum überbordende Schau.

Sie strotzt nur so – Pardon, königliche Hoheit! – vor Schwulst. Die stolz präsentierten Geschenke zu Ihren Ehrentagen überschlagen sich an Aufwand und Künstlichkeit. Überdimensionale »Glückwunschadressen« liegen zur Ansicht in Vitrinen, die von nicht weniger prunkvollen Erinnerungsstücken an die immens honorable Persönlichkeit auf Bayerns Thron umgeben sind – sogar die »Sterbejacke«, grünes Jägerleinen mit Hirschhornknöpfen, prangt, als Einzelstück, in einem Nebensaal. In dem hat man die Freude, Dieter Wielands dreiviertel Stunden-Film über »Die große Zeit des Prinzregenten« (Erstausstrahlung am 22. Januar 1989) anschauen zu dürfen. Da darf man sitzen. Und ist, kein Wunder, mutterseelenallein. Was einem nur recht sein kann: ungestört einer sympathischen Wittelsbacher Legende zu begegnen, die zum Wohl ihres weiß-blauen Landes segensreich wirkte.

Da legten sie los, die Vereine und Freimaurerlogen, die Universitäten, Städte und Gemeinden, Kammern und Ministerien, die höheren und allerhöchsten Geistlichkeiten, Landräte und Forstbedienstete. Sogar, kurios, aber wahr: die königlichen Palastdamen. Sie gratulierten 1901 zum 80. Geburtstag mit einem Schreiben im »lancierten Seiden- Jacquardgewebe über Karton«. Für die pergamentene Adresse selbst wurden Deckfarben verwendet. Pudergold gab ihr einen dezenten Touch. Gemaltes, Gesticktes, in Leder Geschnittenes – die durchweg historistischen, an Buchmalereien angelehnten Dedikationen waren von den tüchtigsten Kunsthandwerkern gefertigt.

Nicht nur das. Der Untertanengeist der dem Landesherrn Dankschuldigen fand seinen Ausdruck in überschwänglichen Widmungs-Formulierung: »Allerehrfurchtsvollst« ist die aufwändigste Wortschöpfung, die zu finden ist, »gehorsamst« und »unterthänigst« reichten nicht. »In tiefster Ehrfurcht« verbeugte sich zum Beispiel die Stadt Passau vor dem Siebzigjährigen, »durchdrungen von unerschütterlicher Treue«.

Was die kostbare Ausstattung der »Gratulations-Adressen« angeht, machen nur wenige der Getreuen im Lande eine Ausnahme. Im »abgespeckten« Jugendstil ist das Gemeinschaftsgeschenk von acht »kgl. Hoflieferanten« gehalten, das diese dem 80 Jahre alt gewordenen Prinzregenten überreichten. Die vergoldete, in champagnerweißes Schweinsleder gekleidete Mappe ziert eine Ranke aus blühendem Wiesenklee. Leider ist nicht zu sehen, was dem Jubilar zur »Jubelfeier« eigentlich überreicht wurde. Tut wohl auch nichts zur Sache – Hauptsache das Äußere machte was her und übertraf an Ansehnlichkeit die Konkurrenz.

Da dachten sich Klosterfrauen schon Wesentlicheres aus. Die Schwestern von St. Josef in Zangberg, die im Prinzregenten Luitpold offensichtlich den Marienverehrer erkannt hatten, ließen zum 12. März 1891 das Bild der immerwährend hilfreichen Gottesmutter farbig auf weißen Karton bringen und von Meisterhand in großen kunstvollen Lettern den ganzen lateinischenText des »Salve Regina« dazusetzen.

Bis zum 27. März ist Zeit, sich die erlesenen, »bisher größtenteils völlig unbekannten Werke« (so BNMChef Kammel) anzuschauen.

 

Hans Gärtner

 

9/2022