Er brachte römisches Flair nach Salzburg
Vor 300 Jahren ist Johann Fischer von Erlach gestorben




Er baute in sechs Jahren in Salzburg nicht weniger als fünf Sakral- und Profanbauten, die bis heute das Bild der Stadt prägen: die Kollegienkirche, die Ursulinenkirche, die Dreifaltigkeitskirche, die Johanneskirche in Mülln und das Schloss Kleßheim sowie die Wallfahrtskirche Maria Kirchenthal bei Lofer. Außerdem entwarf er den Plan für den Brunnenbau der Salzburger Pferdeschwemme. Durch Fischers Tätigkeit wurde Salzburgs Ausbau zur Barockstadt entscheidend vorangetrieben. Eine Ausstellung im Salzburg Museum schildert Leben und Werk des bedeutenden Künstlers.
Johann Bernhard Fischer kam im Jahre 1656 in Graz als Sohn eines Bildhauers zur Welt und erhielt bei seinem Vater den ersten Unterricht. Mit 14 Jahren machte er sich abenteuerfreudig auf den Weg nach Rom, dem Zentrum europäischer Baukultur und Kunst, wo er beim Bildhauer Filippo Schor Aufnahme fand. Entscheidend für sein späteres Leben wurde dieBegegnung mit dem genialen Baumeister Giovanni Lorenzo Bernini, dem Hauptmeister des römischen Barock und Schöpfer der Kolonnaden am Petersplatz. Fischer blieb 16 Jahr lang in Rom und eignete sich in dieser Zeit umfassende Kenntnisse in der antiken und der zeitgenössischen Architektur an. Nach seiner Rückkehr arbeitete er in Wien als Bildhauer und Dekorateur. Dabei kamen ihm seine in Italien erworbenen Kenntnisse im Stukkieren, in der Marmorbildhauerei und der Medaillenkunst zugute.
Seine Karriere als Baumeister startete Fischer in Wien mit Aufträgen von Kaiser Leopold und anderer Adelsfamilien. Ehrenvoll war seine Ernennung zum Zeichenlehrer des Thronfolgers Joseph, ebenso seine Erhebung in den Adelsstand. Seitdem nannte sich Fischer nach dem Mädchennamen seiner Mutter mit dem uns wohlvertrauten Namen Johann Fischer von Erlach.
Der Wechsel nach Salzburg und die Bekanntschaft mit dem Salzburger Erzbischof Johann Ernst Graf Thun wurde von dessen in Böhmen lebenden Bruder Max vermittelt. Salzburg war damals eine eher provinzielle Stadt, außer dem Dom, der Residenz, der Franziskanerkirche und der St. Erhardkirche gab es nur wenig sehenswerte Bauten. Die Vision von Wolf Dietrich von Raitenau, aus Salzburg das Deutsche Rom zu machen, lag noch in weiter Ferne. Erzbischof Thun, ein Freund der Kunst und Förderer des Städtebaus, hatte den Ehrgeiz, Wolf Dietrichs Plan zu realisieren. Dazu schien ihm Fischer von Erlach der richtige Mann. Die bisher in Salzburg tätigen »wälschen« (italienischen) Baumeister und Stukkateure, an der Spitze der Hof- und Landschaftsbaumeister Giovanni Zuccalli, wurden entlassen und Fischer mit seiner Mannschaft an deren Stelle gesetzt.
Fischers erstes Projekt in Salzburg war die Erneuerung der Pferdeschwemme im Anschluss an das Marstallgebäude (heute Festspielhaus). Im Marstall standen an die hundert Pferde für Repräsentationszwecke, für Ausritte des Erzbischofs und seiner Begleitung und als Arbeits- und Militärpferde. Sie wurden regelmäßig in die Pferdeschwemme zur Pflege und zur Reinigung geführt. Fischer versah das weit geschwungene Wasserbecken mit einer dekorativen Rückwand, die mit Pferdefresken geschmückt ist. Die Figurengruppe im Zentrum der Anlage, der sogenannte Rossebändiger, ist ein Werk des Bildhauers Michael Bernhard Mandl. Die Pferdeschwemme ist heute ein beliebter Treffpunkt für Touristen und ein dankbares Fotomotiv.
Die Dreifaltigkeitskirche am heutigen Marktplatz war Fischers erster Sakralbau in Salzburg. Er stellte die Kirche zwischen die zwei palastartigen Flügel des Priesterkollegs und verband sie durch die konkave Kirchenfront, hinter der die Kuppel aufsteigt. Das Innere ist ein schlankes, längsgerichtetes Oval mit tonnengewölbten Kreuzarmen.
Für das Johannesspital im Stadtteil Mülln, ein Haus für Kranke und Arme, baute Fischer die Johannesspitalkirche. Ihr Grundriss ist ein griechischesKreuz mitBetonung der Längsrichtung. Vor eine enorme Herausforderung war Fischer beim Bau der Markuskirche gestellt durch das extrem schmale Baugrundstück zwischen der Felswand des Mönchsbergs und dem Salzachufer. Seine Lösung: Ein Grundriss der Kirche in Trapezform, die Türme kamen hinter die Fassadenebene. Die Kirche diente lange Zeit als Kloster- und Schulkirche der Ursulinen. Heute ist sie die Zentralkirche der griechisch-katholischen Christen in Österreich.
Als Fischers bedeutendstes SalzburgerWerk gilt die Kollegien- oder Universitätskirche am Universitätsplatz, gebaut für die Gottesdienste der Universität, die bisher in einem Saal stattfanden. Ihre Fassade dominieren der sich dramatisch vorwölbende Mittelteil und die flankierenden Türme mit einer feingliedrig aufgelösten Balustrade, gekrönt von allegorischen Figuren. Der monumentale Innenraum verzichtet auf Schmuckelemente und Gemälde. In die mächtigen Eckpfeiler sind zweigeschoßige, zylindrische Kapellenräume eingelassen. Zwei Kolossalsäulen setzen eine Zäsur zum Altarraum mit der Immaculata in einer Stuckgloriole. Die Kollegienkirche war stilbildend für eine Reihe spätbarocker Kirchen in Österreich und Südbayern.
Außerhalb der Stadt baute Fischer die Wallfahrtskirche Maria Kirchenthal am Fuße der Loferer Steinberge. Die dreigeschoßige Fassade erinnert an die Kirche in Maria Plain, der Grundriß ist kreuzförmig mit verkürzten Querschiffarmen.Die Türme wurden aus Kostengründen nur mit einfachen Hauben und zylindrischen Laternen abgeschlossen. Ebenfalls außerhalb der Stadtgrenze sollte auf Wunsch des Erzbischofs das Schloss Kleßheim entstehen. Fischer zeichnete einen Plan, finanzielle Probleme verzögerten die Ausführung. Erst unter den Nachfolgern von Graf Thun wurde das Schloß fertiggestellt.
Die von dem Wiener Künstler Werner Feiersinger inszenierte Ausstellung zeigt Fischers OEuvre aus dem Blickwinkel eines Bildhauers. Das Arbeiten mit stereometrischen Körpern, die Plastizität von Architektur, die Fischer in Rom kennengelernt hatte und seine teils radikale Beschränkung auf reine Architektur wie in der Kollegienkirche kennzeichnen seine Besonderheit. Höchst interessant sind die 40 Vorzeichnungen Fischers zu seinem Buch »Entwurff Einer Historischen Architectur«, mit dem er die erste illustrierte Weltgeschichte der Architektur geschaffen hat. Ein Zeugnis seiner Phantasie und seiner graphischen Virtuosität sind die großformatigen Darstellungen der Sieben Weltwunder.
Die sieben Weltwunder:
1. Die Pyramiden von Gizeh
2. Die hängenden Gärten der Semiramis in Babylon
3. Der Artemistempel in Ephesus
4. Die Zeusstatue des Phidias in Olympia
5. Das Mausoleum in Halikarnassos
6. Der Koloss von Rhodos
7. Der Leuchtturm von Pharos in Alexandria
Zeichnungen, Stiche, Gemälde, Fotografien und Modelle machen bei der Ausstellung im Salzburg Museum Fischers wichtigste Projekte und Bauten anschaulich. Den Abschluss bildet eine Bilderwand mit Fotografien aller Bauten Fischers, die Feiersinger selbst aufgenommen hat (bis 8. Oktober 2023).
Julius Bittmann
32/2023