Ein Reichenhaller gründete die »Farmacia Vaticana«
Der 1840 geborene Apotheker Eusebius Frommer trat mit 29 Jahren bei den Barmherzigen Brüdern ein



Papst Franziskus hat den besonderen Dienst der Vatikan-Apotheke gewürdigt. Der Heilige Vater ging in seiner Ansprache vor den Mitarbeitern auch auf die Anfangsjahre der Apotheke ein und erwähnte laut Radio Vatikan vor allem Eusebius Frommer, einen gebürtigen Bad Reichenhaller, der Gründer der Vatikan-Apotheke war. Heute ist die »Farmacia Vaticana« die meistbesuchte Apotheke weltweit mit 2000 bis 2500 Kunden täglich.
Frommer wurde im Jahr 1840 in Bad Reichenhall geboren und trat mit 29 Jahren bei den Barmherzigen Brüdern ein, die ihn nach Rom schickten. Er arbeitete zunächst in der vom Orden geführten Krankenhaus-Apotheke auf der Tiber-Insel und übernahm 1874 die nächtlichen Apothekendienste im Vatikan.
Vier Jahre zuvor, 1870, hatte Italien den Kirchenstaat eingenommen und damit den Vatikan und seine Bewohner vom Rest der Stadt und damit auch von der medizinischen Versorgung abgeschnitten. Frommer studierte nebenbei in Rom Theologie, empfing 1880 die Priesterweihe und kehrte 1881 zunächst nach Bayern zurück, um dann als Seelsorger unter anderem in Nazareth zu wirken. Er starb 1907 mit 67 Jahren. Ihm zu Ehren wurde in der Pestkapelle des Waldfriedhofs von Anger eine Gedenktafel errichtet.
Das alles wurde bekannt, als Franziskus das Personal der Vatikan-Apotheke, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiert, empfing. »Ihr Beruf ist kein Beruf, er ist eine Mission«, brachte er den besonderen Auftrag der Vatikan-Apotheker auf den Punkt. In der traditionsreichen, hochmodernen Einrichtung im Vatikan seien nicht nur Medikamente verfügbar, die sonst schwer zu bekommen seien. Auch Zuhören und menschliche Wärme gehörten zum Auftrag der Bediensteten, wie der Papst laut Radio Vatikan betonte.
Die Vatikan-Apotheke sei heute eine Art »Ergänzung der Nächstenliebe«, führte Franziskus aus, im Auftrag des Papstes verkauften die Angestellten dort nicht nur Medikamente, sondern müssten eine »Aufmerksamkeit für die Schwächsten und die Pflege der Kranken« an den Tag legen, erinnerte er. »In der heutigen Hektik« suchten vor allem ältere Menschen nach einem »Lächeln und tröstenden Worten«. Das sei auch eine Art Medizin, machte Franziskus vor den Apothekern deutlich: »Vergessen Sie das nicht: das Apostolat der Ohren. Zuhören, zuhören... Es klingt manchmal langweilig, aber für denjenigen, der spricht, ist es eine Zärtlichkeit Gottes durch Sie. Und die Apotheker sind diese nahe, ausgestreckte Hand, die nicht nur Medikamente austeilt, sondern Mut und Nähe vermittelt. Dafür danke ich Ihnen und allen Apothekern! Ihr Beruf ist kein Beruf, er ist eine Mission. Ich danke Ihnen.«
Der Service der öffentlich zugänglichen Vatikan-Apotheke kommt nicht nur Vatikan-Angestellten und Einwohnern der Vatikanstadt zugute. Über die Hälfte der durchschnittlich über 2000 täglichen Kunden kommt von außerhalb der Vatikanstadt und erhält unter Vorlage der Rezepte Zugang zum Vatikanstaat. In der Vatikan-Apotheke seien »spezielle Medikamente« erhältlich, »die anderswo oft schwer zu finden sind«, verwies der Papst auf das besondere pharmazeutische Angebot. Insgesamt führt die Vatikan-Apotheke 40 000 Artikel, neben Medikamenten auch Nahrungsergänzungsmittel sowie Hygiene- und Pflegeprodukte.
Laut Franziskus hatte Papst Pius IX. 1874 den Generaloberen der Barmherzigen Brüder vom heiligen Johannes von Gott beauftragt, eine solche Stelle im Vatikan einzurichten. »In der Tat hatte dieser Orden eine lange Tradition in dem Bereich, da die Apotheke des Ordenshauses an vielen Orten auch Außenstehenden diente. So wurde Bruder Eusebius Frommer, ein Ordensmann der Barmherzigen Brüder, als erster Apotheker ausgewählt, und ihre einzigartige Geschichte begann. Das war vor 150 Jahren!«
Weiter heißt es: Einen wichtigen Moment erlebte die Vatikan-Apotheke während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965). Laut Papst Franziskus versorgte sie damals Bischöfe und Konzilsväter aller Nationalitäten mit Medikamenten, und medizinisch geschultes Personal leistete Erste Hilfe während des kirchenhistorischen Großereignisses. Bis heute wird die »Farmacia Vaticana« von Barmherzigen Brüdern geleitet, die auch im Vatikan leben.
Karl Heinz Kas
1/2024