Ein geschäftstüchtiger Ladislaus
Zur Förderung einer Wallfahrt ließ er einen Kupferstich durch Boten verteilen

In der Frauenbrunnkapelle in Traunwalchen fallen Votivtafeln vom 17. bis 20. Jahrhundert auf. Nicht alle 96 zeigen die Gnadenmutter mit dem Jesuskind vom Kapellenaltar mit der Fassung der Wunder wirkenden Quelle. Vom frühen 17. Jahrhundert an zog es weniger Wallfahrende zur Gottesmutter der Traunwalchener Kirche als zu der nahen hölzernen Kapelle. 1606 hat sie der Pertensteiner Schlossherr Ladislaus von Törring bauen lassen.
Die Schwester des Adeligen, Johanna, litt lange Zeit an einer bösen Augenerkrankung, bis sie, nach Gebrauch des Traunwalchener Quellwassers, im Februar 1607 davon befreit wurde. Die Familie Törring förderte daraufhin eifrig die Wallfahrt zum Frauenbrunn. Ladislaus, geschäftstüchtig wie er war, ließ einen mit 44 mal 57 Zentimetern übergroßen Kupferstich herstellen, auf dem er sich mit der ganzen Familie hat verewigen lassen. Wie viele Abzüge es vondemStich gab? Jedenfalls nicht wenige. Es war bekannt, dass Ladislaus Boten aussandte, um den Stich im ganzen Land zu verbreiten. Ein probates Werbemittel für die Frauenbrunner Wallfahrt. Dachte Ladislaus. Hatte auch Erfolg damit. Doch bekam er's mit den Traunwalchener Pfarrherren zu tun, deren eigene, bekannte Marienwallfahrt mehr und mehr vernachlässigt wurde. Und er musste sich als ihr Konkurrent jahrzehntelang mit dem Propst von Baumburg gerichtlich herumschlagen, weil er, so der Vorwurf, die Einlagen des Frauenbrunner Opferstocks in die eigene Tasche habe verschwinden lassen. Ladislaus ging siegreich aus dem Streit hervor. Welch ein Wunder.
Der monumentale Wallfahrts-Kupferstich von Frauenbrunn aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hängt heute noch inmitten der Votivtafeln in der Kapelle, die 1991 gründlich renoviert wurde. Einer der vielen Original-Abzüge gelangte über einen Flohmarkt vermutlich aus einem Pallinger Wirtshaus in den Besitz des Autors. Der ungewöhnlichen Größe wegen wird er eingerollt und nicht gerahmt wie in der Kapelle. Zwölf Wunderdarstellungen, lateinisch beschriftet, sind rund um das Bild der Mondsichelmadonna in einer von Engeln bevölkerten Wolke über dem Traunwalchen-Gelände mit Pfarrkirche und Frauenbrunnkapelle sowie dem nahen Schloss Pertenstein gruppiert: Maria als Helferin bei Blindheit, Lähmung, Knochenbruch, wehen Beinen und Füßen, Taubheit und Leistenbruch im Knabenalter. Auch »innere Schmerzen« linderte die Gottesmutter von Frauenbrunn und machte den Pestbefall im Törring-Schloss erträglich. Dies ist mit zwei Wappen vertreten: dem der Törrings und dem der Fugger. Ladislaus' Gattin war eine geborene Fugger.
Der lateinische Text unter dem Mittel-Bild lässt den »menschenfreundlichen« Ladislaus, wie ihn ein Mirakelbuch-Eintrag bezeichnete, hoch leben: als »Baron von und zu Törring, Stein und Pertenstein, Herr von Neuchieming, Sr. Durchlaucht des Herzogs von Bayern Rat, für Bayern Oberstjägermeister u. z. Z. Pfleger für Reichenhall«. Über dem Mittelbild steht unter anderem auf gut Deutsch: Wer in Gefahr sei, Trübsal zu blasen, stolz, ehrgeizig, eifersüchtig und verleumdet, zornig, habsüchtig und wollüstig zu werden, schaue hoch zu den Sternen und rufe Maria an. Sie helfe auch bei geistiger Verwirrung, Gewissensqualen, abgrundtiefer Traurigkeit und Verzweiflung. »In Gefahren, in Nöten, in Zweifeln denk an Maria!«
Hans Gärtner
Zur Erstellung dieser Zeilen halfen Johannes Danners von Meinrad Schroll entliehene Publikationen »Pfarrkirche Mariä Geburt, Frauenbrunn, Kirche Kirchstätt« (1996) und »1200 Jahre Traunwalchen« (1990).
52/2024