Der Karlsgraben – Vorläufer des Rhein-Main-Donau-Kanals
Karl der Große wollte mit einer Wasserstraße den Rhein mit der Donau verbinden

Karl der Große, Gemälde von Alfred Rethel

Die Bauarbeiten am Karlsgraben, Darstellung aus einer mittelalterlichen Chronik

Das Dorf Graben bei Treuchtlingen, Ausgangspunkt der Fossa Carolina
Der heutige Rhein-Main-Donau-Kanal hatte einen Vorgänger, die »Fossa Carolina«, den sogenannten Karlsgraben, den Karl der Große anlegen ließ. Durch die Verbindung der Flüsse Altmühl und Rezat sollte eine durchgängig schiffbare Verbindung zwischen dem Rhein und der Donau geschaffen werden. Die Einhard-Annalen berichten über das Projekt: »Als der König von Leuten, die sich für sachkundig hielten, überzeugt worden war, man könne, wenn man zwischen Rezat und Altmühl einen schiffbaren Graben zöge, bequem von der Donau in den Rhein gelangen, da der eine von den beiden Flüssen doch in die Donau, der andere in den Main münde, begab er sich sofort mit seinem ganzen Gefolge an Ort und Stelle ... So wurde dann der Graben zwischen den genannten Flüssen in einer Länge von 2000 Schritt und einer Breite von 200 Fuß gezogen – doch vergeblich: wegen anhaltender Regengüsse und der von Natur aus feuchten Beschaffenheit des Bodens konnte das, was geschaffen wurde, keinen Bestand haben.«
Der Karlsgraben sollte zwischen Treuchtlingen und Weißenburg verlaufen, wo sich Altmühl und Rezat auf etwa drei Kilometer nahe kommen; der Höhenunterschied zwischen den zwei Flüssen beträgt hier rund zehn Meter. Karl ließ eine Reihe kleiner Teiche anlegen, um den Höhenunterschied in Form einer Treppe zu überwinden, denn doppeltorgie Kammerschleusen, wie sie heute üblich sind, waren in der karolingischen Zeit natürlich nicht bekannt. Am Ende jedes Weihers mussten die Schiffe jeweils aus dem Wasser genommen und bergauf oder bergab zum nächsten Weiher über eine Holzrampe geschleift werden; das Schleifen von Schiffen war im Mittelalter an wasserarmen Stellen eine gängige Praxis. Noch auf einer Landkarte aus dem 18. Jahrhundert sieht man in der Nähe des Dorfes Graben mehrere kleine Teiche eingezeichnet, die als Reste der Weiherkette anzusehen sind. Im Laufe der Zeit wurden sie entweder zugeschüttet oder sie sind verlandet.
Bei den Historikern herrscht Uneinigkeit, ob der Karlsgraben mehr strategischen oder wirtschaftlichen Zielen dienen sollte. Zum Zeitpunkt des Kanalbaus hatte der König gerade einen Feldzug gegen die Awaren unterbrochen und plante, mit einer großen Streitmacht nach Norden gegen die erneut widerspenstigen Sachsen aufzubrechen. Mit Hilfe des Kanals sollte es möglich werden, die im Flußsystem der Donau schwimmende Kriegsflotte leichter in das Flußsystem des Rheins zu bringen. Schon früher hatte der König bei einem Feldzug gegen die Awaren gute Erfahrungen mit dem Einsatz einer Flotte gemacht; nach einem Bericht mehrerer Quellen waren die Gegner durch den Anblick der königlichen Streitmacht zu Lande und zu Wasser so erschrocken, dass sie die Flucht ergriffen.
Dass der Karlsgraben die Handelssituation der damaligen Zeit erheblich verbessert hätte, steht außer Frage. Bisher endete der Wasserweg für die Händler bei Weißenburg, da hier die europäische Hauptwasserscheide die Flußsysteme von Donau und Rhein trennt. Deshalb mussten alle Waren hier umgeladen und per Wagen von der Rezat zur Altmühl transportiert werden. Durch den Kanal erhielten die Händler die Möglichkeit, von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer zu gelangen und ihren Handlungsraum wesentlich auszuweiten.
Heute findet man in der Nähe des kleinen Ortes Graben in Mittelfranken noch Überreste der Fossa Carolina. Zu sehen ist die von zwei hohen Wällen begrenzte Fahrrinne, deren erstes Drittel auf einer Länge von 300 Metern noch mit Wasser gefüllt ist, während die restliche Talsohle trocken liegt. Die Wälle sind etwa 40 Meter breit und erheben sich bis zu sechs Metern über das ursprüngliche Gelände. Der Höhenunterschied zwischen den Wallkronen und der heutigen Grabensohle beträgt maximal zwölf Meter. Luftbildarchäologische Aufnahmen haben ergeben, dass sich der Graben kurz hinter der Stelle, an der sich die Wälle im Gelände verlieren, noch um weitere 800 Meter fortsetzt. Demnach war der Karlsgraben deutlich länger, als sich heute mit bloßem Augen feststellen lässt.
Wie man weiß, war die Strecke über Rhein, Main, Regnitz, Rednitz und Rezat bereits im frühen Mittelalter eine viel befahrene Handelsroute. Entlang diesen Flüssen lässt sich eine Reihe von Königshöfen nachweisen, die in erster Linie dazu dienten, den König und sein Gefolge auf der Reise zu beherbergen, die aber auch von anderen Reisenden als Unterkunft genutzt werden konnten. Der Abstand zwischen den einzelnen Höfen betrug jeweils etwa 25 bis 30 Kilometer, was ziemlich genau der Entfernung entspricht, die man ein Binnenschiff in der damaligen Zeit an einem Tag gegen die Strömung »treideln« (mit Pferden ziehen) konnte. In der Regel lagen die Königshöfe an den Einmündungen kleinerer Zuflüsse, was das Anlegen erleichterte, man ließ die Schiffe einfach auf das Ufer auflaufen.
Es bleibt bis heute ungewiss, ob der Karlsgraben jemals fertiggestellt und in Dienst genommen wurde. Auf jeden Fall konnte ein deutlich größeres Stück des Kanals fertiggestellt werden, als die heute noch sichtbaren Überreste ahnen lassen. Erst die stark wasserführenden Sande, die den Untergrund im Nordteil des Rezat-Riedes bilden, boten dem Kanal keinen sicheren Untergrund mehr; das erschwerte den Weiterbau und mag sogar zum Scheitern des Projekts geführt haben.
Nach dem Urteil des Historikers Ralf Molkenthin ist der Karlsgraben eines der beeindruckendsten Zeugnisse der karolingischen Epoche, dessen Wert als Bodendenkmal kaum zu überschätzen ist. Es müsse unbedingt geschützt, erhalten und weiter erforscht werden.
Julius Bittmann
44/2006
Der Karlsgraben sollte zwischen Treuchtlingen und Weißenburg verlaufen, wo sich Altmühl und Rezat auf etwa drei Kilometer nahe kommen; der Höhenunterschied zwischen den zwei Flüssen beträgt hier rund zehn Meter. Karl ließ eine Reihe kleiner Teiche anlegen, um den Höhenunterschied in Form einer Treppe zu überwinden, denn doppeltorgie Kammerschleusen, wie sie heute üblich sind, waren in der karolingischen Zeit natürlich nicht bekannt. Am Ende jedes Weihers mussten die Schiffe jeweils aus dem Wasser genommen und bergauf oder bergab zum nächsten Weiher über eine Holzrampe geschleift werden; das Schleifen von Schiffen war im Mittelalter an wasserarmen Stellen eine gängige Praxis. Noch auf einer Landkarte aus dem 18. Jahrhundert sieht man in der Nähe des Dorfes Graben mehrere kleine Teiche eingezeichnet, die als Reste der Weiherkette anzusehen sind. Im Laufe der Zeit wurden sie entweder zugeschüttet oder sie sind verlandet.
Bei den Historikern herrscht Uneinigkeit, ob der Karlsgraben mehr strategischen oder wirtschaftlichen Zielen dienen sollte. Zum Zeitpunkt des Kanalbaus hatte der König gerade einen Feldzug gegen die Awaren unterbrochen und plante, mit einer großen Streitmacht nach Norden gegen die erneut widerspenstigen Sachsen aufzubrechen. Mit Hilfe des Kanals sollte es möglich werden, die im Flußsystem der Donau schwimmende Kriegsflotte leichter in das Flußsystem des Rheins zu bringen. Schon früher hatte der König bei einem Feldzug gegen die Awaren gute Erfahrungen mit dem Einsatz einer Flotte gemacht; nach einem Bericht mehrerer Quellen waren die Gegner durch den Anblick der königlichen Streitmacht zu Lande und zu Wasser so erschrocken, dass sie die Flucht ergriffen.
Dass der Karlsgraben die Handelssituation der damaligen Zeit erheblich verbessert hätte, steht außer Frage. Bisher endete der Wasserweg für die Händler bei Weißenburg, da hier die europäische Hauptwasserscheide die Flußsysteme von Donau und Rhein trennt. Deshalb mussten alle Waren hier umgeladen und per Wagen von der Rezat zur Altmühl transportiert werden. Durch den Kanal erhielten die Händler die Möglichkeit, von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer zu gelangen und ihren Handlungsraum wesentlich auszuweiten.
Heute findet man in der Nähe des kleinen Ortes Graben in Mittelfranken noch Überreste der Fossa Carolina. Zu sehen ist die von zwei hohen Wällen begrenzte Fahrrinne, deren erstes Drittel auf einer Länge von 300 Metern noch mit Wasser gefüllt ist, während die restliche Talsohle trocken liegt. Die Wälle sind etwa 40 Meter breit und erheben sich bis zu sechs Metern über das ursprüngliche Gelände. Der Höhenunterschied zwischen den Wallkronen und der heutigen Grabensohle beträgt maximal zwölf Meter. Luftbildarchäologische Aufnahmen haben ergeben, dass sich der Graben kurz hinter der Stelle, an der sich die Wälle im Gelände verlieren, noch um weitere 800 Meter fortsetzt. Demnach war der Karlsgraben deutlich länger, als sich heute mit bloßem Augen feststellen lässt.
Wie man weiß, war die Strecke über Rhein, Main, Regnitz, Rednitz und Rezat bereits im frühen Mittelalter eine viel befahrene Handelsroute. Entlang diesen Flüssen lässt sich eine Reihe von Königshöfen nachweisen, die in erster Linie dazu dienten, den König und sein Gefolge auf der Reise zu beherbergen, die aber auch von anderen Reisenden als Unterkunft genutzt werden konnten. Der Abstand zwischen den einzelnen Höfen betrug jeweils etwa 25 bis 30 Kilometer, was ziemlich genau der Entfernung entspricht, die man ein Binnenschiff in der damaligen Zeit an einem Tag gegen die Strömung »treideln« (mit Pferden ziehen) konnte. In der Regel lagen die Königshöfe an den Einmündungen kleinerer Zuflüsse, was das Anlegen erleichterte, man ließ die Schiffe einfach auf das Ufer auflaufen.
Es bleibt bis heute ungewiss, ob der Karlsgraben jemals fertiggestellt und in Dienst genommen wurde. Auf jeden Fall konnte ein deutlich größeres Stück des Kanals fertiggestellt werden, als die heute noch sichtbaren Überreste ahnen lassen. Erst die stark wasserführenden Sande, die den Untergrund im Nordteil des Rezat-Riedes bilden, boten dem Kanal keinen sicheren Untergrund mehr; das erschwerte den Weiterbau und mag sogar zum Scheitern des Projekts geführt haben.
Nach dem Urteil des Historikers Ralf Molkenthin ist der Karlsgraben eines der beeindruckendsten Zeugnisse der karolingischen Epoche, dessen Wert als Bodendenkmal kaum zu überschätzen ist. Es müsse unbedingt geschützt, erhalten und weiter erforscht werden.
Julius Bittmann
44/2006