Der Hodalump
In Bayern weiß jeder, was damit gemeint ist

Da kommt man, nach dem Einkauf im kleinstädtischen Gewerbegebiet, an sein Auto. Was liegt vor der Fahrertür auf der Straße? Ein braunes, schwarz bedrucktes Kärtchen, genauso groß wie die Mastercard, mit der an der Kasse bezahlt wurde. Da liegen noch zwei solche Kärtchen, das zweite vor der hinteren Wagentür, das dritte steckt an der Windschutzscheibe. Nun mal ganz ruhig. Das Windschutzscheiben-Kärtchen ist durch das Glas gut lesbar: RFID PROTECTIVE steht viermal drauf, links im unteren Eck das Firmen-Label. Und in der Mitte, in altdeutschen Buchstaben: Hodalump.
Hallo, geht's noch? Wer ist da gemeint? Der eben in sein Auto Gestiegene? Kein unbekanntes Schimpfwort. Zumal in Bayern. Was es bedeutet, liest man auf der Rückseite unter »Beschreibung / / Definition«. In zehn Sprachen von RUS bis DEN, also Russisch, Chinesich, Japanisch, Polnisch usw. Unter GER (Bayern gehört dazu) heißt es: Liebenswerter Spitzbube, der es faustdick hinter den Ohren hat. Ein netter Gauner und Spaßvogel, der immer und ständig zu neuen Streichen und Gaunereien aufgelegt ist … eben eine Hodalump
So steht es drauf, nicht »ein«, sondern »eine Hodalump«. Wir sind in Gender-Zeiten, da wird nicht nur auf das männliche, sondern auch aufs andere Geschlecht geachtet, also nicht nur auf einen Hodalump, sondern auch auf eine Haderlump.
RFID PROTECTIVE – so was schlägt man daheim im Internet nach. Hier erfährt man, dass das Akronym RFID für »Radio Frequency Identification« steht, eine Erkennbarmachung via elektromagnetischer Wellen. Einige Zeilen weiter steht was über einen RFID-Blocker. Er verhindere, dass Unbefugte Daten auslesen können. Eine Berliner Firma stattet jetzt alle von ihr neu produzierten Geldbörsen mit einem RFID-Blocker aus.
Aha! Deshalb »Hodalump«! Es soll den »Hodalumpen« an den Kragen gehen. Den liebenswerten Spitzbuben wird durch eine RFID-Karte das Handwerk gelegt. So soll's also zum Stopp von hinterhältigen Gaunereien kommen. Naja, Lumpen gab's schon immer und wird es immer geben, Betrüger und Ganoven, Hodalumpen halt! Der Ausdruck ist auf die Lumpensammler zurückzuführen, die Hadern und Fetzen, alte Kleiderstücke, schadhafte Jute- oder Leinenreste aufsammelten, sie sackweise verpackt auf Schubkarren luden und diese, auf Märkten, zu verhökern suchten.
Als Finder der drei »Hodalump«-Kärtchen hat man sich nicht lumpen lassen, sie alle drei mitzunehmen. Könnte ja sein, dass sie einmal eine Rarität sind.
Hans Gärtner
32/2024