Jahrgang 2021 Nummer 41

Das Falschgeld aus dem Toplitzsee

Ein Fundstück aus dem Dritten Reich im Salzburg Museum

Eine gefälschte Fünf-Pfund-Note der Bank of England. (Foto Maxim R. Gartner - Pixabay)

»Aus dem Toplitzsee geborgen« steht unter einer englischen Fünf-Pfund-Note, die im vergangenen Jahr dem Salzburg Museum von einem Besucher geschenkt wurde. »Dem Anschein nach ist es eine ganz normale Fünf-Pfund-Note der Bank of England von 1935, tatsächlich aber handelt es sich um eine perfekte Fälschung des Dritten Reichs«, sagt Alexandra Hylla, die für Münzen und Geldwesen zuständige Museumskuratorin. Wie ihr der Besucher mitteilte, habe er den Geldschein im Sommer 1959 aus dem steirischen Toplitzsee heraufgetaucht und seitdem verwahrt. Für ihn sei die damalige Tauchaktion eine Möglichkeit zum Zuverdienst während der Semesterferien gewesen. Was in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs als Gerücht kolportiert wurde, kam im Jahre 1959 durch eine groß angelegte Tauchaktion einer Hamburger Illustrierten ans Tageslicht. Zwischen 1943 und 1945 hatten die Nazis mehrere Millionen Pfundnoten durch inhaftierte Zwangsarbeiter fälschen lassen. Kurz vor dem Ende des Dritten Reichs wurde das Falschgeld samt Druckmaschinen und anderem Beweismaterial im Toplitzsee versenkt. Die über hundert Häftlinge sollten getötet werden, entgingen aber dem Tod durch einen glücklichen Zufall.

Der Plan, die eigene Kriegsführung durch die Produktion von Falschgeld zu unterstützen, war im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) gleich nach Kriegsbeginn gefasst worden. Unter höchster Geheimhaltung hatten Hitler, SS-Reichsführer Himmler und der Chef des Sicherheitsdienstes Heydrich die Fälschung von Banknoten, Pässen und anderen Dokumenten von Kriegsgegnern vereinbart. Zunächst sollten englische Pfundnoten gefälscht und massenhaft über englischen Städten abgeworfen werden, um den Zusammenbruch der britischen Wirtschaft zu bewirken.

Unter Führung des SS-Sturmbannführers Bernhard Krüger wählte man aus Konzentrationslagern 143 Fachleute aus der Druckbranche aus wie Drucker, Graveure, Grafiker und Maler, aber auch Maschinenbauer. Sie wurden im KZ Sachsenhausen in einem abgesonderten Bereich, den Blocks 18 und 19, untergebracht. Alle waren nach der NS-Definition Juden und sollten nach dem erhofften »Endsieg« getötet werden, um keinem Menschen von den Fälschungen berichten zu können. Alle sonst an der Aktion Beteiligten wurden auf strengstes Stillschweigen vereidigt. Neben der eigentlichen Fälschungsarbeit musste das nötige Spezialpapier besorgt werden, das genau dem englischen Original entsprach. Die Ränder der bedruckten Bogen wurden in einer Presse mit Raspeln bearbeitet, so dass das Papier wie handgeschöpft aussah.Um den Scheinen ein gebrauchtes Aussehen zu verleihen, wurden sie zum Schluss leicht beschmutzt und zerknittert.

Die Qualität der Fälschungen überstieg bald die Erwartungen der Auftraggeber, sodass die Banknoten von der SS auch für die Beschaffung von Devisen und die Finanzierung von Spionen eingesetzt wurden. Damit die Männer weiterhin gut arbeiteten, gewährte man ihnen gewisse Privilegien, bessere Betten, zivile Kleidung und freie Sonntage. Zwölf Häftlinge wurden wegen besonderer Verdienste sogar mit der Kriegsdienstmedaille ausgezeichnet. Dagegen mussten erkrankte Arbeiter mit dem Schlimmsten rechnen. Wenn sie nicht schnell wieder arbeitsfähig waren, wurden sie erschossen, weil sie den Erfolg der Aktion gefährdeten.

Für die Fälschung von US-Dollars, die als besonders schwierig galt, konnte der zu hoher Freiheitsstrafe verurteilte polnische Geldfälscher Salomon Smolianoff aus dem KZ Mauthausen überstellt werden. Er bekam einen eigenen Raum und machte sich bei seinen Bewachern dadurch beliebt, dass er von ihnen Porträtstudien zeichnete.

Im Februar 1945 wurde die ganze Fälscherwerkstatt wegen der näher rückenden Front samt Personal, Maschinen und Dokumenten in Güterwägen von Sachsenhausen auf die Reise geschickt. Die Fahrt ging zunächst nach Mauthausen, dann weiter zum niederösterreichischen LagerRedl-Zipf und schließlich nach Ebensee. Von dort wurden die Fälschungen in großen, wasserdichten Kisten abtransportiert und von der SS zusammen mit weiterem Beweismaterial im Toplitzsee versenkt. Alle Häftlinge sollten durch eine inszenierte Stollensprengung getötet werden, was aber durch einen glücklichen Zufall verhindert wurde.

Nach dem Krieg kursierten immer wieder Gerüchte über versenkte Nazi-Schätze im Toplitzsee, private Tauchversuche sollen sogar erfolgreich gewesen und kleinere Fundstücke ertaucht haben. Die größte Bergungsaktion unternahm im Jahre 1959 die Illustrierte »Stern« und förderte dabei tatsächlich mehrere Kisten mit gefälschten Banknoten zutage. Auch die österreichische Regierung unternahm eine monatelange Durchsuchung des Sees und fand mehrere Kisten mit Falschgeld. Genaue Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt.

»Die im Salzburg Museum gezeigte britische Fünf- Pfund-Note soll ein Zeugnis sein für die Geschichte der größten Geldfälschung der Geschichte«, sagt die Museumskuratorin Alexandra Hylla, »Wir wollen gleichzeitig an das Schicksal der 143 Menschen erinnern, die zur Fälscherei gezwungen und ihrer Freiheit beraubt wurden und von denen nur durch Glück 136 Personen überlebt haben.«

 

Julius Bittmann

 

41/2021