Jahrgang 2023 Nummer 41

Adam Hefter - ein Fürstbischof aus dem Chiemgau

Er war der letzte vom Kaiser ernannte Kirchenfürst in Kärnten

Erzbischof Adam Hefter von Gurk-Klagenfurt, Päpstlicher Thronassistent

Es war im Monat Juli 1949, am Sonntag nach Christi Himmelfahrt, als im Studienseminar in Traunstein hoher bischöflicher Besuch angesagt war. Nicht Kardinal Faulhaber wurde erwartet, dessen Erscheinen im Seminar jedes Mal wegen seiner Strenge und Unnahbarkeit eine spürbare Spannung mit sich brachte, sondern ein Bischof im Ruhestand, der den meisten von uns völlig unbekannt war. Ein Emeritus, wie man kirchlich korrekt sagt. Er hieß Adam Hefter und stammte aus dem Chiemgau, war in Kärnten Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt gewesen und verbrachte nun seinen Ruhestand in Prien am Chiemsee.

Beim feierlichen Amt in der Seminarkirche führte der Chor unter der Leitung von Seminardirektor Johann Evangelist Mair die Haydn-Messe in C-Dur auf, Präfekt Max Reischer predigte über die Schönheit des Priestertums und der bischöfliche Gast erteilte zum Schluss den feierlichen Segen. Nach dem Frühstück nahm sich der Bischof Zeit, sich im Studiersaal – Museum genannt – mit den oberen Klassen zu einem lockeren Gespräch zusammenzusetzen.

Worum sich das Gespräch drehte, ist mir nach mehr als 70 Jahren nur noch undeutlich in Erinnerung. Der Bischof erzählte von seiner Jugend in Prien und Rosenheim und wie mühsam für ihn der Besuch des Gymnasiums gewesen war. Wir könnten uns heute glücklich schätzen, so führte er aus, dass wir im Studienseminar ohne äußere Bedrängnis leben könnten, ganz dem Lernen hingegeben, meinte er.

Das sahen viele meiner Freunde und ich allerdings etwas anders. Wir fühlten uns im Seminar wie in einer Kaserne eingesperrt, unserer Freiheit beraubt und von lauter Verboten umgeben. Der Direktor war für uns der Oberkapo, die Präfekten die Polizisten. Dementsprechend fielen die Worte des Bischofs bei uns auf wenig fruchtbaren Boden, wir saßen mit süßsauren Mienen da, aber keiner besaß den Mumm, ein kritisches Wort zu sagen. Nicht einmal Grassi, der eigentlich Grasmaier hieß und sonst um keine Antwort verlegen war. Grassi stand dem Bischof im Übrigen total kritisch gegenüber. »Der hat im Dritten Reich mit den Nazis paktiert und Hitler beim Besuch in Österreich sogar die Hand geschüttelt«, hatte er im Vorfeld des Bischofsbesuchs abschätzig geäußert. Auf die Frage, woher er das wisse, hatte er geantwortet, das habe ihm sein Vater gesagt, der in der NS-Zeit ein hohes Tier gewesen war.

Adam Hefter war im Jahre 1871 auf dem Mantlhof in Otterkring (früher Gemeinde Wildenwart, heute Prien am Chiemsee) zur Welt gekommen. Er besuchte das Gymnasium in Rosenheim und stellte nach dem Abitur sein Leben ganz in den Dienst der Kirche. Bei einem Besuch in Salzburg lernte er den Bischof von Kärnten kennen, der Priesterkandidaten für seine Diözese Gurk-Klagenfurt suchte. Er folgte seiner Einladung, besuchte in Klagenfurt das Priesterseminar, wurde zum Priester geweiht und wirkte einige Jahre als Kaplan an verschiedenen Orten. Um Professor zu werden, absolvierte er auf Vorschlag seines Bischofs in Innsbruck ein Studium der klassischen Sprachen, das er mit dem Doktorat und der Staatsprüfung abschloss. Von 1902 bis 1914 war er Religionslehrer an den Gymnasien in Klosterneuburg und in Mödling. In dieser Zeit engagierte sich Hefter auch in der Kommunal- und Landespolitik und war ein Parteigänger des Wiener Bürgermeisters Karl Lueger, der einen scharfen, antisozialistischen und antisemitischen Standpunkt vertrat.

Im Alter von 43 Jahren ernannte ihn Kaiser Franz Joseph zum Fürstbischof von Gurk mit dem Amtssitz in Klagenfurt. Aufgrund seines Amtes war er Mitglied des Herrenhauses und des Kärntner Landtags. Es war die letzte Bischofsernennung in Kärnten, die vom Kaiser und nicht vom Papst vorgenommen wurde. Die Bischofsweihe erfolgte im Dom zu Salzburg, die Inthronisation im Dom zu Klagenfurt.

Der Anfang seiner Regierungszeit war vom Ersten Weltkrieg überschattet, unter dem Kärnten besonders schwer zu leiden hatte, da es zeitweise zum engsten Kampfgebiet gehörte. Selbst nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie und dem Kriegsende gingen die Kämpfe weiter, weil Teile von Südkärnten von jugoslawischen Truppen besetzt blieben und es zu einem Partisanenkrieg kam. Der Bischof war von Teilen seiner Diözese abgeschnitten und musste für das besetzte Gebiet einen Generalvikar einsetzen. Erst mit der Volksabstimmung im Jahre 1920 waren der Verbleib Südkärntens bei Österreich und damit auch die Diözesangrenzen endgültig gesichert. Zur Diözese gehörte künftig eine erhebliche slowenische Minderheit mit starken Vorbehalten gegenüber der Eingliederung nach Österreich. Auch im slowenischen Klerus regte sich Widerstand gegen die Deutschen. In einem Hirtenbrief forderte Hefter die Gläubigen dazu auf, die Republik anzuerkennen und nationalistischen Parolen kein Gehör zu schenken.

Kärnten war das österreichische Bundesland, in dem die Nationalsozialisten die meisten Anhänger hatten und die begeistert den Anschluss an Deutschland begrüßten. Bischof Hefter galt zusammen mit dem Wiener Kardinal Innitzer als Hitler-Sympathisant und sah in ihm einen Verbündeten im Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus. Er glaubte wohl ähnlich wie der aus Graz stammende Bischof Alois Hudal an einen möglichen Brückenschlag zwischen Nationalsozialismus und Christentum und vermied es deshalb, das NS-System öffentlich zu kritisieren, was ihm später den Ruf eines »Hitlerbischofs « eingetragen hat. Von der Nazipropaganda ausgeschlachtet wurde auch seine Teilnahme an der Begrüßung Adolf Hitlers in Klagenfurt, wo er Hitler die Hand reichte.

Der Rücktritt des erst 68-jährigen Bischofs im Juli 1939 kam für die Öffentlichkeit überraschend. Offiziell wurden als Ursache gesundheitliche Gründe angegeben. Er hatte sich in der Vergangenheit mehrfach Kuren wegen eines Nervenleidens unterziehen müssen.

Seinen Lebensabend verbrachte Adam Hefter im Haus seiner Schwester in Otterkring. Er starb im 98. Lebensjahr und wurde in der Krypta der Klagenfurter Domkirche beigesetzt.

 

Julius Bittmann

 

41/2023