Jahrgang 2006 Nummer 32

400 Jahre Frauenbrunn-Kapelle Traunwalchen

Am Himmelfahrtstag wird an das geschichtsträchtige Ereignis erinnert – Die Quelle fließt wieder

Das originelle kleine Handwerkerhaus bildet zusammen mit der angebauten Frauenbrunn-Kapelle ein idyllisches Ensemble.

Das originelle kleine Handwerkerhaus bildet zusammen mit der angebauten Frauenbrunn-Kapelle ein idyllisches Ensemble.
Die reiche Innenausstattung der Wallfahrtskapelle ist das Ergebnis einer über 400-jährigen Entwicklung. Etwa 100 Votivtafeln sch

Die reiche Innenausstattung der Wallfahrtskapelle ist das Ergebnis einer über 400-jährigen Entwicklung. Etwa 100 Votivtafeln schmücken die Wände, die Geschichten über Unfälle, Krankheiten und allerlei Ereignisse erzählen.
Vor 400 Jahren ließ Graf Ladislaus von Törring über der heilbringenden Quelle die Frauenbrunn-Kapelle in Traunwalchen errichten.

Vor 400 Jahren ließ Graf Ladislaus von Törring über der heilbringenden Quelle die Frauenbrunn-Kapelle in Traunwalchen errichten. Die defekte Pumpe der Quelle wurde rechtzeitig zum Jubiläum wieder aktiviert. Maria Zweier (Foto), die das Frauenbrunn-Haus betreut, überzeugt sich davon, dass das Wasser wieder fließt.
Der Frauenbrunn in Traunwalchen zählt zu den bedeutendsten Baudenkmälern in der Gegend. Das Herzstück des Ensembles und früheren Wallfahrtsortes ist die Kapelle mit ihrer reichen Innenausstattung und Quelle. Graf Ladislaus von Toerring, einstiger Besitzer von Schloss Pertenstein, ließ die Kapelle anno 1606 über der heilbringenden Quelle errichten. An dieses geschichtsträchtige Ereignis wird an Mariä Himmelfahrt im Rahmen der traditionellen Lichterprozession erinnert. Vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert gehörte Traunwalchen zu den bedeutendsten Wallfahrtsorten im Chiemgau. Eine erste Blüte erlebte die Wallfahrt hier im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert. Ziel der Pilger war damals das Gnadenbild in der Pfarrkirche Mariä Geburt. Eine nahe der Kirche gelegene Quelle war zwar bekannt und wurde von den Wallfahrern auch als heilkräftig betrachtet, in den schriftlichen Zeugnissen wird das dortige Wasser aber nur selten erwähnt. Von den über 884 Fällen, die für die Jahre 1507 bis 1541 in einem Mirakelbuch eingetragen wurden, kommt der Brunnen bei der Kirche nur dreimal vor. Daraus lässt sich schließen, dass die Wallfahrt in der Zeit bis 1606 wohl ohne Bedeutung gewesen ist. Im 17. Jahrhundert nimmt die Wahlfahrt wieder merklich zu. Neben dem Gnadenbild in der Kirche wird auch der Frauenbrunn als heilbringender Ort besucht. Diese wurde belebt, nach dem Ladislaus von Toerring über der Quelle eine Kapelle errichten ließ. Wie aus alten Quellen hervorgeht, ließ Ladislaus von Törring die Kapelle über der Quelle errichten, nach dem auch seine Schwester von einem schmerzhaften Augenleiden geheilt worden war. Nun blühte eine rege Wallfahrt zu unserer lieben Frau am Brunnen auf. Der Name Frauenbrunn war geboren. Wie wäre es um die Kapelle bestellt, wenn sich nicht seit über 25 Jahren das Ehepaar Jaksch nach dem Tod ihres Mannes seine Frau mit Hilfe von Resi Schützinger - für ein Vergelt’s Gott um das Kleinod kümmerte: morgens auf- und abends zusperrt, putzt und für deren Blumenschmuck sorgt.

Zu den bedeutendsten Zeugnissen der Traunwalchner Wallfahrt gehören neben den Mirakelbüchern vor allem die nahezu 100 Votivtafeln in der Frauenbrunnkapelle. Diese interessanten Dokumente volkstümlicher Frömmigkeit umspannen den Zeitraum von 1669 bis 1946. Auf 17 Bildern ist der Herkunftsort der Votanten in einem Umkreis von etwa 15 Kilometer festgehalten. Die Stiftungs-Tafeln sind meist schriftlich und mit Bild dargestellt. Sie erzählen von Krankheiten, schwierigen Geburten, Kriegsnöten, Unfällen oder allerlei Leiden, denen der Mensch in früherer Zeit hilflos gegenüber gestanden hat. So soll sich, wie einer in einer Bildunterschrift nachzulesen ist, 1832 folgendes Unglück ereignet haben: Den 4ten Februar 1832, um 3 Uhr Nachmittags verunglückte, aus Mühljung zu Roidham der tugendhafte Jüngling, Andrä Mary Sandlsohn von Buberg. Im 20ten Jahre seines frommen Lebens, ließ ihm der Herr in die himmlische Herrlichkeit eingehen, derer er so werth war. Sanft ruhe seine Asche bis zur fröhlichen Auferstehung...

Die rege Wallfahrt an den Traunwalchner Gnadenstätten nahm im 19. Jahrhundert immer mehr ab. Die Marien-Kirche geriet als Wallfahrtsziel noch vor 1900 in Vergessenheit. Nur die Frauenbrunn-Kapelle hat sich ihren Ruf als Gnadenort bis heute erhalten. In seiner mittlerweile 400-jährigen Geschichte wurde die Kapelle immer wieder umgebaut, erneuert und dem Zeitgeschmack angepasst. 1991 wurde die Kapelle grundlegend renoviert. Und erst kürzlich ist es Jakob Lauber vom Heimatbund Schloss Pertenstein gelungen, die über viele Jahre hinweg desolate Pumpe der Quelle wieder zu aktivieren. Das Wasser des Brunnens fließt nun wieder rechtzeitig zum Jubiläum!

Zum idyllischen Ensemble des Frauenbrunn gehört auch das kleine Haus, dessen Wurzeln bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück gehen. Als Besitzer des Frauenbrunn-Hauses bemüht sich der Heimatbund seit 15 Jahren um den Erhalt des Kleinods. Anfang 1990 wurde das kleine Häusl von Grund auf restauriert. Doch die Zeichen der Zeit nagen an dem Gebäude. Erst kürzlich musste die Rückwand des Gebäudes erneuert werden. Um das Haus mit Leben zu erfüllen, wird es seit acht Jahren von der Münchnerin Maria Zweier betreut, die an den Wochenenden dort eine zweite Heimat gefunden hat. Mit Unterstützung von Resi Schützinger vom Heimatbund, kümmert sich die pensionierte Lehrerin um das Haus und den wunderschönen Garten. Maria Zweier fühlt sich seit 40 Jahren dem Chiemgau und dessen wunderschönen Baudenkmälern verbunden. Es liegt ihr viel daran, das aus dem Jahr 1770 stammende Haus zu erhalten, das sich weitgehend noch im Originalzustand befindet. Das Haus, eine Stiftung des Grafen Emanuel von Toerring, wurde seinerzeit als Schulhaus genutzt und 35 Jahre später zog dort eine Schneider-Familie ein, deren Nachkommen das Haus bis 1989 bewohnten. Letzte Bewohnerin war die Schneiderin Therese Gastager. Bis zu ihrem Tod kümmerte sich das Frauenbrunn-Resl, wie sie genannt wurde, auch fürsorglich um die kleine Kapelle. Tief betrauert von den Traunwalchnern, verstarb Therese Gastager, die in ihrem Wohnhaus so gut wie keine Veränderungen vorgenommen hatte, 1989. Nach ihrem Tod fiel das Haus durch Erbschaft in die Hände eines Neffen und später an den Heimatbund Schloss Pertenstein.

Gabi Rasch



32/2006