300 Jahre Hilgerhof in Niederbrunn
Das einstige Bauernhaus ist heute ein Museum und Kulturzentrum


Der Hilgerhof in Niederbrunn kann auf eine sehr lange, interessante und abwechslungsreiche Geschichte zurückblicken. Von der Familie Hilger im Jahr 1724 als stattlicher Dreiseithof erbaut, befand sich das Anwesen lange in Familienbesitz. Nach dem Aussterben der Niederbrunner Familie hatte der Hof seine besten Jahre hinter sich und hat oft seinen Besitzer gewechselt. Im zweiten Weltkrieg diente das Gebäude als bescheidene Unterkunft für die Flüchtlinge und später wurde es nur noch als Schafstall und Geräteschuppen verwendet. Was aber über die Jahre und den wechselnden Besitzern erhalten blieb, war der Hofname »Hilgerhof«.
Mit dem Hilgerhof geht auch der Name Tosso Erwin Herz einher, der Münchner Versicherungsdirektor hat 1963 das gesamte Anwesen von der inzwischen verstorbenen Niederbrunner Bäuerin Maria Hans gekauft und wie er in seinem Bücherl »Der Hilger und sei Sach« schreibt, war der Ankauf keine leichte Sach. Denn für das kleine Sacherl hat sich auch ein echter Advokat, hoch vom Norden interessiert und wie Herz schreibt, hätte der auch ein paar Tausender mehr bezahlt, doch für Tosso Herz war innerlich klar, dass er als geborener Münchner und sogar ehemaliger Ministrant den Zuschlag bekommen musste.
Am 1. Februar 1963 hat dann der Jungbauer Ludwig Hans seine Mutter mit zum Notar nach München gebracht und die Verbriefung wurde unterschrieben, so war Herz wenigstens schon auf dem Papier der neue Hofbesitzer. Der Hof war recht, der Zustand schlecht, mit viel Idealismus, jede Menge Geld und fachkundiger Unterstützung von Grund auf renoviert und mit verschiedenen Elementen modernisiert. Neben den ganzen Handwerksleuten stand dem neuen Hofbesitzer auch der damals berühmte Münchner Denkmalpapst, Regierungsbaumeister und Architekt Dr. Erwin Schleich als Freund und Helfer bei. Auch der damalige Kreisheimatpfleger von Traunstein, Dr. Paul Töpfner, hat sich der Sache mit allem Nachdruck angenommen und mit den Handwerkern oft ein ernstes Wörterl gesprochen.
Nach den Umbaumaßnahmen wandte sich Tosso Herz in verstärktem Maße der Einrichtung des Hauses zu. Aus ganz Bayern trug er alte Gegenstände zusammen, mit viel Liebe und Geld wurde das Haus eingerichtet. Als Wahl-Niederbrunner lebte er bis zu seinem Tod im Chiemgau. Herz verstarb 1974 im Alter von nur 54 Jahren. Nach seinem Tod wurde der Hilgerhof dem Landkreis Traunstein als »Herz'sche Heimatstiftung Hilgerhof« entschädigungslos übereignet. Damals hatte keiner geahnt, wie teuer das dem Landkreis zu stehen kommen wird, so der damalige Landrat Hermann Steinmaßl bei der offiziellen Eröffnung und Einweihung der »Dokumentations- und Begegnungsstätte Hilgerhof« am 8. Mai 2009. Die Entscheidung zur Aktivierung des Heimatmuseums Hilgerhof habe sich als richtig erwiesen, bekräftige Landrat Steinmaßl, im Hilgerhof sah er ein Sinnbild für die Schönheit der Heimat und in der Gemeinschaftsleistung mit der Gemeinde Pittenhart ein Symbol für Heimatverbundenheit.
Die Umgestaltung des Hilgerhofes zum Dokumentations- und Begegnungszentrum ist ein Gemeinschaftswerk der Pittenharter Bürger, auf das sie stolz sein können und das beispielgebend für die Region ist – so der Tenor aller Redner bei der Einweihungsfeier, wie Helga Pis, Pittenharts Kulturreferentin, damals schrieb.
Dass der Hof in seiner Funktion weiter besteht und der Öffentlichkeit zugänglich ist, das war wohl Tosso Herz' größter Wunsch und das haben die Verantwortlichen von Landkreis, Gemeinde und Regierung erfüllt. Den Hof dem Landkreis Traunstein zu vermachen, war somit eine zukunftsweisende Entscheidung, denn schon in seinem Buch schrieb Tosso Herz: »Eigentlich möchte ich alle Leut' bitten, die irgendwie können, ein würdiges, altes Haus zu retten«.
Seitdem steht der Hilgerhof der Öffentlichkeit als Heimatmuseum zur Verfügung, in dem auch Veranstaltungen und Tagungen abgehalten werden können.
Pittenharts damaliger Bürgermeister Hans Spiel war maßgebend dafür verantwortlich, dass der Landkreis Traunstein das Anwesen in die Hände der Gemeinde Pittenhart gegeben hat. Die Gemeinde, vor allem aber der neu gegründete Kulturverein, verpflichteten sich damals, den Hilgerhof finanziell unabhängig von der Gemeinde zu betreiben und durch die Übernahme den Erhalt und Betrieb der Dokumentations- und Begegnungsstätte Hilgerhof für kulturelle Zwecke zu fördern. Heute hat der Kulturverein rund 250 Mitglieder.
Namen wie Hans Spiel, Sepp Reithmeier, Inge Stürzer, Renate Dotterweich, der verstorbene Hans Thusbaß, Helga Pis, Trudi Stöcklhuber, Florian Straßer, Uschi Humer und viele weitere ehrenamtliche Helfer und der Kulturverein, mit den bis heute circa 250 Mitgliedern und die Mitglieder des Schützenvereins Oberbrunn sind unabdingbar zu nennen.
Als verantwortlicher Bauleiter hat Sepp Reithmeier, zusammen mit vielen Mitgliedern des Oberbrunner Schützenvereins die Umbauarbeiten mit großem Fachwissen und einigen Tausenden ehrenamtlicher Arbeitsstunden geschultert. Die Baukosten wurden durch ein europäisches Förderprogramm Leader plus, vom Landkreis Traunstein und der Gemeinde Pittenhart übernommen. Sepp Reithmeier erinnert sich an die vielen Wochenenden, die er mit dem damaligen Schützenmeister Markus Weindl am Hilgerhof gearbeitet hat. Der Schützenverein hat sich auch im Hilgerhof seinen Schießstand und ein Schützenstüberl eingerichtet.
Bereits 2011 ist in der Chronik des Hilgerhofes zu lesen: »Erwartungen weit übertroffen«. Der Kulturverein Hilgerhof ist mit seiner Arbeit sehr zufrieden, Bürgermeister Hans Spiel, Vereinsvorsitzender Sepp Reithmeier, der damalige Impresario Muk Heigl und Schriftführerin Helga Pis schauen gestärkt durch die positiven Erfahrungen der vergangenen Jahre in die Zukunft, so steht es in der Chronik.
Mit dem Kulturbredl hat der Verein eine Veranstaltung etabliert, die eingeschlagen hatte. Bereits das erste Jahr ist hervorragend gelaufen, resümiert Ende 2011 Hans Spiel, damaliger Bürgermeister der Gemeinde Pittenhart und zweiter Vorsitzender des Kulturvereins. Mit traditionellen Veranstaltungen, Bildungs- und Schulangeboten, Konzerten und Theatervorstellungen ist der Hilgerhof, was Vielschichtigkeit und Qualität der Veranstaltungen betrifft eine schier unübertroffene Einrichtung.
Und das ist bis heute so geblieben, der Kulturverein, mit seinem Vorsitzenden Sepp Reithmeier sorgt stetig für ein großartiges kulturelles Programm, das sich bei der Bevölkerung großer Beliebtheit erfreut.
Emmy Künzner-Hingerl
42/2024