Jahrgang 2021 Nummer 39

130 Jahre Bahnlinie Trostberg – Traunstein

Ursprünglich für militärische Aktionen gedacht – Es war ein leiser Geburtstag

Ein Taferl an der Eingangshalle Richtung Gleise erinnert an die erste Eisenbahnstrecke. (Fotos: Karlheinz Kas)
Der Bahnhof Trostberg heute. 1891 gab es den ersten für die Bahnlinie nach Traunstein – das ist jetzt 130 Jahre her.

130. Geburtstag feierte die Bahnlinie Trostberg – Traunstein, ein Jubiläum, von dem kaum jemand Notiz nahm und auch nicht gefeiert wurde. Ein Taferl am Bahnhof Trostberg, gut sichtbar über der Eingangshalle Richtung Gleise, deutet allerdings auf das Ereignis hin, ein solches war es im Jahr 1891 auf alle Fälle. Heute läuft der Verkehr zwischen Trostberg und Traunstein im Zweistundentakt. Und die Linie wurde längst ausgebaut, vor allem um den Haltepunkt Traunreut.

»Nach dem Krieg von 1866 hatte man sowohl in Bayern, als auch in Österreich erkannt, dass militärische Operationen nur dann Erfolg haben, wenn die Truppenbewegungen und der Nachschub auf schnellstem Wege erfolgen – und das ging nur mit der Eisenbahn«, sagte ein Bahnsprecher auf Anfrage. Laut Bahn-Informationen sollte die Strecke zwei Routen entlasten, bzw. ergänzen. Die eine lief über Großhesselohe – Holzkirchen – Rosenheim – Traunstein, die andere über München – Mühldorf – Simbach als österreichische Verlängerung. Die internationale Anbindung spielte damals schon eine wichtige Rolle.

Allerdings: Die Strecke über Mühldorf geriet schon nach der Inbetriebnahme der Bahnlinie Haihausen – Grafing – Rosenheim ins Abseits. Durch die Abkürzung über Grafing entwickelte sich die Verbindung München – Rosenheim – Traunstein – Salzburg zu einer leistungsfähigen Magistrale. Erst recht ab dem Jahr 1892, als sie zweigleisig ausgebaut wurde, für damalige Verhältnisse revolutionär. Die Strecke über Mühldorf blieb eingleisig – ein großer Bedeutungsverlust.

Ein Jahr zuvor, also 1891, genau am 31. August, wurde die Linie zwischen Trostberg und Traunstein eröffnet, natürlich eingleisig, und als Nebenstrecke. Aber die neue Linie war enorm wichtig für die chemische Industrie, die sich ab 1900 im Gebiet zwischen Trostberg, Töging und Burghausen an Alz und Salzach angesiedelt hatte. Schließlich wurde ab 1908 ein beachtlicher Güterverkehr vom und zum bayerischen Chemiedreieck, zu dem auch Trostberg gehörte, abgewickelt. Auch Tacherting und Garching spielten wegen des Anlagenbauers Linde AG damals schon eine große Rolle. Am 14. November 1910 wurde die Linie mit der Strecke Mühldorf – Garching/ Alz verbunden und damit die durchgehende Verbindung Mühldorf – Traunstein, die auch heute noch Bestand hat, geschaffen.

Die Verbindung zwischen Trostberg und Traunstein wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder ausgebaut und vor allem die Stadt Traunreut, als größte im Landkreis, über Hörpolding angebunden. Weitere Haltepunkte wie Bad Empfing und Klinikum Traunstein kamen hinzu.

Seit Juni letzten Jahres, also mitten in der Pandemie, verkehren an Wochentagen stündlich Züge von Traunstein nach Hörpolding, dann abwechselnd zweistündlich nach Traunreut und Garching. Die Wochenendruhe wurde abgeschafft und Zubringerbusse erhalten den Stundentakt in der Relation Traunreut – Traunstein.

Die Bahnlinie Traunstein – Traunreut – Trostberg – Garching trägt heute die Streckennummer 5730 der Deutschen Bundesbahn (DB). Die Kursbuchstrecke lautet 947. Sie hat eine Länge von 33 Kilometern und einen minimalen Radius von 156 Metern. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 100 km/h. Von Garching aus geht es immer bergauf. Die Höhendifferenz beträgt 137 Meter. Garching liegt laut DB auf 460 Metern Meereshöhe, Trostberg auf 486 und Traunstein auf 597. Haltepunkte sind zwischen Trostberg und Traunstein zunächst Altenmarkt, dann Stein/St Georgen, Traunreut, Hörpolding, Matzing, Traunstein Klinikum und schließlich in einem stumpfen Gleis 4 Traunstein Bahnhof. Das heißt, die Südostbayernbahn (SOB), die seit Jahren für die Strecke verantwortlich zeichnet, fährt von Trostberg immer Richtung Prellbock in Traunstein.

Natürlich haben sich die beiden Bahnhöfe in Trostberg und Traunstein höchst unterschiedlich entwickelt. Und der Traunsteiner ist auch um genau 31 Jahre älter. Er wurde von den Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen im Mai 1860 feierlich eröffnet. Es war zunächst ein provisorischer Endbahnhof der Strecke Rosenheim – Traunstein. Noch im selben Jahr wurde er aber zum Durchgangsbahnhof für die Strecke nach Salzburg fertiggestellt. Sogar der Orientexpress rollte hier einst regelmäßig durch. Heute hat Traunstein vier Fernbahngleise und zwei Stumpfgleise, eines für die Ankunft aus Trostberg. Traunstein ist zu einem Bahnknotenpunkt geworden. Seit 1895 gibt es die Anbindung nach Ruhpolding, seit 1902 jene nach Waging. 1928 wurde die Strecke Rosenheim – Salzburg elektrifiziert. Schwer getroffen wurde der Bahnhof gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, als Mitte April 1945 ein Großteil der Bahnanlagen bei Luftangriffen komplett zerstört wurden.

Und der Bahnhof Trostberg? Laut Unterlagen aus dem Haus der Bayerischen Geschichte in München erlebte auch die Alzstadt Bombenangriffe – am 22. Februar wie auch am 19. März 1945. Es gab Tote und Verletzte und große Schäden bei der SKW Trostberg und in der Schwarzau. Der Bahnhof Trostberg aber blieb unversehrt. Der 100. Geburtstag des ersten Zuges von Trostberg nach Garching wurde übrigens – im Gegensatz zu jenem nach Traunstein – groß gefeiert. Es war am 14. November 2010. Böllerschüsse begleiteten die Abfahrt des Zuges, der mit vielen prominenten Gästen aus Politik und Wirtschaft besetzt war. Die Stadtkapelle Traunstein, die ebenfalls mitfuhr, spielte an jeder Bahnstation ein Ständchen. Der Tag endete mit einem Festakt in Trostberg. Übrigens: Im Heimatmuseum Trostberg ist die Bahnstrecke symbolhaft dargestellt: Im Maßstab 1:87 zieht eine Dampflock der Baureihe 50, wie sie bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts am Bahnhof Trostberg stationiert war, die typischen Karbid-Flaschenwagen der SKW.

 

Karlheinz Kas

 

39/2021