100 Jahre Kriegergedächtniskapelle in Teisendorf
Einmaliges Bauwerk in Bayern – Kunstmaler Vitzthum war Entwurfsplaner






Der 1. Weltkrieg war am 10. November 1918 zu Ende und hatte über 10 Millionen Tote weltweit gefordert. Aus der Pfarrei Teisendorf, zu welcher die Gemeinden Freidling, Roßdorf, Holzhausen, Rückstetten und die Marktgemeinde Teisendorf gehörten, waren 120 Soldaten gefallen und kehrten nicht mehr in die Heimat zurück. Für die sechs Gefallenen vom deutsch-französischen Krieg von 1870/71 war an der südlichen Mauer des Teisendorfer Friedhofs ein Kriegerdenkmal errichtet worden. So kam von verschiedenen Seiten die Forderung, für dieOpfer des Weltkriegs von 1914/18 eine Gedächtnisstätte zu errichten.
Dazu beschloss der Gemeinderat Teisendorf bei der Sitzung am 7. Oktober 1919, beim Bezirksamt Laufen wegen Vorschlägen oder Entwürfen für Kriegerdenkmäler nachzufragen. Es wurde dann 1920 ein Arbeitsausschuss zur Errichtung eines solchen Ehrenmals gegründet. Eine erste Spende für den Denkmalbau gab es von einem Konzert, welches Dr. Lehrndorfer am 26.8.1920 organisiert hatte. An Bürgermeister Josef Meßner wurde der Reinerlös von 123 Mark überreicht. Mit Schreiben vom 15. Oktober 1920 beantragte der Reichsbund der kriegsbeschädigten Kriegsteilnehmer, Ortsgruppe Teisendorf, dass zwei ihrer Kameraden in den Denkmalausschuss mit eingebunden werden sollen. Am 16. Dezember 1920 übermittelte der Arbeitsausschuss ein Bittschreiben an die Teisendorfer Vereine, bei ihren Veranstaltungen einen Erlösanteil für das neue Kriegerdenkmal zur Verfügung zu stellen. Das Schreiben erhielten die Freiwillige Feuerwehr, St. Josefs-Verein, Kath. Gesellenverein, Jungfrauenkongregation, sozialdemokratischer Verein, Ortsgruppe der Kriegsbeschädigten, Frauenverein vom Roten Kreuz, Zimmerstutzengesellschaft Germania, kgl. priv. Feuerschützengesellschaft, Turnerverein, Krieger- und Veteranenverein, Frontkriegerverein.
Erfreulicherweise konnte ein geeignetes Grundstück neben dem Friedhofseingang für diese wichtige Sache gefunden werden. Von der Pfarrkirchenstiftung wurde das Areal für diese Anlage zur Verfügung gestellt, so dass die Planer nun eine Geländevorgabe hatten. Es erfolgte 1921 die Bildung eines großen Ausschusses aus den fünf Gemeinden, wobei sich Oberteisendorf nicht mehr beteiligte. Es zeichnete sich bereits ab, dass Oberteisendorf als eigene Pfarrei zukünftig geführt wird und somit dort ein eigenes Denkmal errichtet wird.
Die entscheidende Sitzung des gemeinsamen Ausschusses fand am 15. Dezember 1921 unter Leitung von Bürgermeister Meßner statt. Es wurde einstimmig beschlossen, eine Gedächtniskapelle nach dem Plan vom Teisendorfer Kunstmaler Anton Vitzthum zu errichten. Dieser, sowie Bildhauer Bartmann und ZimmermeisterMaxEislwaren auch bei der Sitzung anwesend.
Nachfolgender Kostenvoranschlag wurde für den Bau, einschließlich Umfassungsmauer, beschlossen:
Beschaffung Steine 5000 Mark; Maurerarbeiten (Zechmeister) 11 000 Mark;
Zimmermannsarbeiten
(Eisl) 1500 Mark;
Marmortafeln
(Bartmann) 4000 Mark;
Schriftenmaler 6000 Mark;
Bodenbelag 1500 Mark;
Gemälde (Vitzthum) 2400 Mark;
Glastafeln 250 Mark;
Diverses 350 Mark;
Summe insgesamt 32 000 Mark.
Die Mittel sollen durch Haussammlungen in den einzelnen Gemeinden und durch Veranstaltungen erfolgen. Freidlings Bürgermeister Baumgartner erklärte, das Holz für Dachung und Schindeln zu spenden. Den Transport der Steine übernehmen die Fuhrwerke von Roßdorf, Teisendorf und Holzhausen. Zudem werden von allen fünf Gemeinden Scharwerker unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Mit den Arbeiten soll möglichst rasch im Jahr 1922 begonnen werden.
Die Arbeiten am Kriegerdenkmal gingen zügig voran und in zahlreichen Fahrten wurde derNagelfluh-Steinmit Pferdefuhrwerken vom Steinbruch Berschl in Hörafing zur Baustelle nach Teisendorf gefahren. Bis Ende August 1922 war die Kriegergedächtniskapelle soweit fertiggestellt, dass die Einweihung geplant werden konnte.
Bei diesem gelungenen achteckigen Denkmal wurde das Dach in Form eines Soldatenhelmes gestaltet. Im Inneren der Kapelle sind die Namen der 120 Gefallenen des Weltkriegs auf Marmortafeln verewigt. Vom Kunstmaler Vitzthum wurde ein farbenprächtiges Bild gemalen, welches einen sterbenden Krieger in den Armen des Erzengels Michael darstellt. Der große Denkmalausschuss unter Leitung des Teisendorfer Bürgermeisters Josef Meßner tagte am 3. September 1922 und legte dabei die Einweihung auf Sonntag, 24. September 1922 fest. Bereits am Vorabend fanden ein Fackelzug, Feuerwerk und Standkonzert mit der Musikkapelle Teisendorf statt.
Am Festsonntag waren neben den zahlreichen Ortsvereinen noch 21 auswärtige Kriegervereine erschienen, wobei besonders der Schwere- Reiter-Verein München und die Saalfeldener Veteranen mit der Musikkapelle ins Auge stachen. Nach dem Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche erfolgte der Zug zum neuerbauten Kriegerdenkmal am Friedhof. Dort sprach der Teisendorfer Gemeinderat Wagner Begüßungs- und Dankesworte namens der beteiligten Gemeinden Freidling, Roßdorf, Holzhausen, Rückstetten und Teisendorf. Dann nahm Dekan Dunstmair von Teisendorf die kirchliche Weihe vor. Zahlreiche schöne Kränze wurden von Vertretern der Gemeinden, der Vereine und von Angehörigen der Gefallenen niedergelegt. Der Rückmarsch in die Marktstraße, begleitet von den vier Musikkapellen, bildete den offiziellen Abschluss des Gedenktages.
Da die Inflation schon etwas in Gange war, konnten die veranschlagten Baukosten nicht eingehalten werden. Die Endabrechnung wies dann Gesamtkosten von 123 322 Mark auf. Die gesamte Summe wurde durch Spenden aufgebracht, wobei in den Gemeinden bis zu vier Haussammlungen durchgeführt wurden.
Einzelergebnisse:
Gemeinde Teisendorf 40 067 Mark,
Gemeinde Roßdorf 17 129 Mark,
Gemeinde Holzhausen 11 106 Mark,
Gemeinde Freidling 4900 Mark,
Gemeinde Rückstetten 4350 Mark,
Festzeichen
bei der Einweihung 11 755 Mark.
Spenden der
Teisendorfer Vereine 5406 Mark.
Größere Privatspenden:
Roßdorfer Bürgermeister
Josef Eder 15 546 Mark,
Ludwig Wieninger 2000 Mark,
Florian Winter 739 Mark,
Anton Pensberger 810 Mark,
Teisendorfs Bürgermeister
Josef Meßner 1750 Mark,
Mösenlechner, Wiesen 4000 Mark.
Bis zur Endabrechnung am 11. Februar 1923 wurden in den Opferstock der neuen Kapelle 1462,30 Mark eingeworfen.
Ludwig Gschwendtner
22/2022