Die aus Dresden stammende Mezzosopranistin ist die Erfinderin der Unterwasseroper und selbst im nassen Element erprobt. Nicht nur, weil sie früher als Leistungssportlerin durchs Wasser pflügte. Herr hat das Musiktheater in Schwimmbädern entwickelt und singt dabei auch direkt ins Tauchgerät. Den Klang vergleicht sie mit Walgesang. Und am liebsten möchte die 40-Jährige mit einem ganzen Orchester abtauchen. Vielleicht ist das aber nur in einem Bassin mit glasklarem Wasser und überschaubarer Größe möglich. Ihr erster Auftritt in einem Fließgewässer machte am Freitag die Grenzen des Formates sichtbar.
Herr ließ einen Schlagwerker im Fluss trommeln und schickte auch immer wieder die Chor-Robben ins Wasser. Sie selbst agierte in einer Szene unter Wasser und sang direkt in ihr Atemgerät. Via Kamera und Unterwassermikrofon wurde der Wassergesang ans Ufer übertragen.
Die Oper erzählt von der Suche nach dem Lebenselixier, dem Wasser des ewigen Lebens. Claudia Herr als junge Frau hat zwar alles im Leben erreicht, aber keine Liebe gefunden. Ihre Gegenspielerin ist eine alte Frau (Elizabeth Neiman), die mit dem Leben irgendwie schon abgeschlossen hat. Dazu gesellt sich ein junger Schwertwal namens Schwermut, der die Männlichkeit in dem Stück verkörpert, aber nicht wirklich an Entwicklung im Leben glaubt. Die Robben leben in Gemeinschaft und sind die wahren Überlebenskünstler.
Leider blieb die Umsetzung der Vorlage von Monika Rinck in der Regie von Holger Müller-Brandes weitgehend im Dunkeln, weil die Elbe nur schlecht ausgeleuchtet war und Mikrofone immer wieder ihren Dienst versagten. Das Publikum saß erhöht am anderen Elbufer und konnte das Geschehen oft nur über eine Leinwand mitverfolgen. Zudem verhedderte sich die Kamera häufig bei ihren Einstellungen und musste die Künstler am Ufer erst suchen. Offenbar fehlte das Budget, um die Elbe mit Scheinwerfern in eine richtige Bühne zu verwandeln. Als Monoflossenschwimmer wie kleine Wale in der Flussmitte auftauchten, blieb das wegen der Dunkelheit fast unbemerkt.
Auch die kammermusikalisch instrumentierte Komposition von Susanne Stelzenbach verlor sich des Öfteren auf dem fließenden Spielfeld. Per Tonband wurden Unterwassergeräusche aus der Antarktis eingespielt, die das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven bei seiner »PALAOA«-Mission aufnahm. Der Klang vermischte sich mit den Unterwassermikrofonen in der Elbe und technischen Störgeräuschen und war so nicht immer eindeutig zu identifizieren.
Dennoch gelangen dem Team um Herr auch starke Bilder. Gerade ihre Unterwasserszene war ein optischer Leckerbissen. Herrs lange Haare wanden sich wie Fangarme einer Meduse in der Strömung, ihr Kleid schwebte geradezu um ihren Körper. Als kurz vor dem Finale ein zur Inszenierung gehörender Elbedampfer mit Festbeleuchtung und ausgeschalteter Maschine lautlos an den Eisbergen aus Stoff vorbeidriftete, geriet die Unterwasseroper sogar zum »Großen Kino«. Die Zuhörer dankten den Künstlern für ihren Einsatz und eine Idee, die trotz der Tücken nicht untergehen wird. Jörg Schurig