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Nachhaltigkeit und eine Steigerung der Wertschöpfung sind die wesentlichen Inhalte der »Strategie 2030«, mit der sich der Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden einen Leitfaden für touristisches Handeln gibt. (Foto: Ulli Kastner)

»Strategie 2023« als Leitfaden für touristisches Handeln

Berchtesgaden – Als »Endpunkt einer langen Reise« bezeichnete Dr. Bartl Wimmer, Vorsitzender des Zweckverbands Bergerlebnis Berchtesgaden, die Verabschiedung der »Strategie 2030«. Diesen »Leitfaden für touristisches Handeln«, der auf den Ergebnissen des Markenprozesses basiert, verabschiedete der Zweckverband am Donnerstag auf seiner Sitzung im AlpenCongress einstimmig. Schwerpunkte der neuen Strategie sind eine Qualitätssteigerung im touristischen Angebot und in der Wertschöpfung, Nachhaltigkeit sowie Verzicht auf die Bewerbung von Gästen, die mit dem Flugzeug anreisen.


Das jetzt beschlossene Papier stellt den Handlungsrahmen des Destinationsmanagements beim Bergerlebnis Berchtesgaden bis zum Jahr 2030 dar. Geändert werden soll es laut Wimmer gegebenenfalls nur dann, wenn sich »die Rahmenbedingungen komplett ändern«. Zuständig dafür sei dann wieder die Verbandsversammlung. »Wichtig war uns, dass wir alle Ziele jährlich messen können«, betonte Wimmer.

Das Positionspapier, das laut Verbandsvorsitzendem nur für den internen Gebrauch gedruckt wurde, beschreibt auf 28 Seiten die touristische Ausrichtung des Berchtesgadener Talkessels in den nächsten acht Jahren. Das Konzept beruht vor allem auf Nachhaltigkeit, wie Teresa Hallinger, Leiterin des Destinationsmanagements beim Bergerlebnis Berchtesgaden, betonte. So verschreibt sich das Bergerlebnis Berchtesgaden künftig den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDG). Nicht »Höher! Schneller! Weiter!« steht im Fokus des Handelns, sondern Rücksichtnahme, Respekt und Sorgfalt sollen die Handlungsmaximen sein – im Umgang miteinander und mit den Ressourcen.

Fünf große Leitlinien

Gleichzeitig soll der verträgliche Tourismus auch auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet sein. Das spiegelt sich in den fünf großen Leitlinien wider, denen sich das Bergerlebnis Berchtesgaden verpflichtet. Dazu gehören neben dem nachhaltigen Handeln: Qualitätssteigerung bei Produkten und Dienstleitungen, Steigerung der Wertschöpfung (»Klasse statt Masse«), Ausbau der Digitalisierung (eigene Aktivitäten und Unterstützung der Leistungsträger) sowie operatives und strategisches Handeln auf der Grundlage der Marke Berchtesgaden (»Das mächtigste Bergerlebnis Deutschlands«).

Ansprechen will man in der Werbung künftig vor allem Gäste, die sich für Natur, Bergsport, Tradition und Brauchtum interessieren und für Qualität auch einen entsprechenden Preis bezahlen wollen. Verstärkt will man sich an Gäste wenden, die ihren Urlaub außerhalb der Saison planen können. Den Gästen will man Möglichkeiten für eine umweltfreundliche Anreise anbieten – und somit bewirbt man beispielsweise Zielmärkte, deren Reisende mit dem Luftverkehr anreisen müssen, nicht aktiv.

Auch künftig werden Urlauber aus dem eigenen Land die größte Rolle spielen, denn der Anteil der deutschen Gäste wird weiterhin bei über 90 Prozent liegen. Bewerben will man aber auch die Märkte in den Beneluxländern, in Tschechien, Österreich und Dänemark. Bei allen Zielgruppen geht es darum, die Wertschöpfung und die Verweildauer zu erhöhen.

Jährlich messbar

»Alle unsere Ziele sollen jährlich messbar sein«, betonte Dr. Bartl Wimmer. Deshalb listet die »Strategie 2030« auch konkrete Ziele auf. So will man es bis 2023 schaffen, 50 Prozent der insgesamt 1 300 privaten Gastgeber zu beraten. Man möchte auch jährlich mindestens einen Gastgebertag anbieten und die Onlinebuchbarkeit der im IRS hinterlegten Betriebe von derzeit 50 Prozent auf 90 Prozent oder mehr steigern. Weitere Ziele sind die Entwicklung von mindestens acht Angeboten/Produkten mit Partnern und Leistungsträgern, der klimaneutrale Druck aller neuen Printmedien (voraussichtlich bereits 2025) sowie die jährliche Markenschulung für Gastgeber und Leistungsträger. Rund 1 000 der 1 300 privaten Gastgeber sollen künftig online sichtbar sein, bei 50 Prozent soll in den Buchungsportalen eine Lademöglichkeit für E-Autos hinterlegt sein.

Für all diese Ziele steht dem Bergerlebnis Berchtesgaden allerdings ein begrenztes Budget zur Verfügung, das Vorsitzender Wimmer auf 1,5 bis 2 Millionen Euro inklusive Personalkosten bezifferte. »Mit diesem Rahmen müssen wir halt zurechtkommen«, betonte er. Gleichzeitig stellte Wimmer klar, dass die hier vorgestellte Strategie nicht für den einzelnen Tourismusbetrieb gelten müsse. »Da muss jeder für sich seine eigenen Konzepte entwickeln.«

Für Wimmer steht aber fest, dass im hiesigen Tourismus die Qualität steigerbar sei. Bislang entstehe aus dem Tourismus im Talkessel eine jährliche Wertschöpfung von rund 340 Millionen Euro, etwa 80 Millionen davon kämen aus dem Tagestourismus. »Die Wertschöpfung insgesamt wollen wir steigern, die Wertschöpfung aus den Tagesausflüglern soll aber nur gehalten werden.« Differenziert müsse man die einzelnen Ausflugsziele betrachten. Am Kehlstein jedenfalls ist laut Wimmer an eine Reduzierung der Fahrgäste um rund 25 Prozent gedacht.

Ein Problem sieht Dr. Bartl Wimmer in der weiterhin abnehmenden Anzahl der Gästebetten: »Das darf so nicht weitergehen, hier müssen wir gemeinsame Anstrengungen unternehmen.«

Für Landrat Bernhard Kern setzt der Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden mit dem hier vorgestellten Papier auf die richtige Strategie. Er lobte vor allem das nachhaltige Konzept, das dem Berchtesgadener Land guttue. Dazu ließen sich im Landkreis auch Synergien mit dem Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice, der Biosphärenregion, dem Nationalpark und dem Öffentlichen Personennahverkehr erzielen.

Lob von allen Seiten

Nur Lob gab es in der anschließenden Diskussion für die Ausarbeitung der »Strategie 2030«. Thomas Janzen (Schönau am Königssee) sprach von »sinnvollen Zielformulierungen« und Thomas Resch (Bischofswiesen) nannte die Ziele »bodenständig«. Allerdings warnte Resch auch davor, die osteuropäischen Märkte zu vernachlässigen. Wolfgang Fegg (Bischofswiesen) gefiel vor allem, dass man sich nicht nur auf eine Gästegruppe fixiere, sondern flexibel alle Altersschichten anspreche. Für Fritz Rasp (Ramsau) erfasst das Papier den aktuellen Zeitgeist »mit klarer Zielgruppendefinierung«. Zufrieden mit dem Ergebnis klang auch Richard Schwab (Berchtesgaden). Der warnte allerdings davor, das Papier wie viele andere davor irgendwann in der Schublade verschwinden zu lassen. »Die größte Herausforderung ist die Umsetzung. Und die Arbeit geht jetzt erst los.«

Ulli Kastner