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Der als »Bananensprayer von Köln« bekannte Künstler Thomas Baumgärtel zeigt in Ruhpolding auch seine erst kürzlich entstandenen Bilder von Sophie Scholl (links) und Greta Thunberg. (Foto: Giesen)

»Starke Frauen« im Bild – witzig und tiefgründig zugleich

Insgesamt 16, meist großformatige Bilder von den verschiedensten »starken Frauen«, wie die Präsentation überschrieben ist, sind bis Ende September in der Ruhpoldinger Galerie Kaysser zu sehen.


Gut die Hälfte davon hat der vor über 30 Jahre als »Bananensprayer« berühmt gewordene Kölner Künstler Thomas Baumgärtel eigens für diese Ausstellung geschaffen, die übrigen stammen aus früheren Jahren. Sehr aktuell sind zum Beispiel »Michelle Obama« in Acryl und Spraylack auf Plakatwand oder »Sophie Scholl« in gleicher Technik, ebenso wie »Pippi Lang-strumpf« oder »Greta Thunberg« in Spraylack auf Metall.

Auch »Stay«, das Porträt der englischen Queen Elizabeth II. mit einem tiefblauen Auge in Zeiten des Brexit, demonstriert das über 70 Jahre regierende Staatsoberhaupt einesteils liebevoll mit der Überschrift »Stay with us« und einer Krone aus goldgelben Ba-nanen, andererseits mit der schmerzhaften Verletzung im noch jungen Gesicht – das Gezerre um Europa hat zweifellos auch die Queen hart beschädigt. Der Künstler stellt in seinen Werken keineswegs nur Bananen dar, aber häufig. Das schon 1995 entstandenen Porträt von »Marilyn Monroe« besteht beinahe ausschließlich aus hellgrauen Spraybananen auf Leinwand, während die neueren Porträts, wie die lustige »Pippi Langstrumpf« in leuchtenden Farben und knalligem Gelb gehalten sind.

Wie kommt ein Künstler zu dieser erstaunlichen Affinität zu Bananen? Eigentlich fing der Lebensweg von Thomas Baumgärtel, 1960 in Rheinberg als zweites von vier Kindern in einem gut bürgerlichen Hause geboren, »ganz normal« an. Nach dem Abitur wollte und sollte er auf Wunsch der Eltern Medizin studieren. In den ersten Semestern kam aber bei einem Praktikum in einem katholischen Krankenhaus alles ganz anders. In einem der Krankenzimmer, die alle mit Holzkruzifixen und dem Corpus Christi ausgestattet waren, fiel ein solcher Corpus auf den Boden und zerbarst. Der junge Praktikant kehrte die Scherben auf und nagelte statt des Corpus eine Bananenschale auf das Kreuz, was die alte kranke Dame im Bett zwar freute, die drei Dienst habenden Ordensschwestern jedoch sehr unterschiedlich aufnahmen, erinnert sich Baumgärtel: »Die eine war wegen der Blasphemie dieser Handlungsweise empört, eine zweite fand es nicht so schlimm und die dritte musste sich das Lachen verbeißen«. (Reaktionen, die auf Baumgärtels Kunstwerke bis heute anhalten!) Dennoch musste der Praktikant aus dem Grund das Krankenhaus verlassen.

Für Baumgärtel aber war dieses Ereignis – noch heute hat er das Holzkreuz mit inzwischen zu Leder gewordener Bananenschale im Keller liegen – der Auslöser für seine gesamte darauf folgende künstlerische Entwicklung: Er brach das Medizinstudium ab und studierte von 1985 bis 1990 Freie Kunst an der Fachhochschule Köln. Dann schloss er ein Psychologiestudium an der Universität in Köln ab. Schon 1986 markierte er zum ersten Mal einen öffentlichen Kunstort mit der Spraybanane. Heute sind seine gesprayten Ba-nanen an 4000 Eingängen von Galerien und Kunstmuseen in Deutschland und international zu finden.

Bis heute macht sich Baumgärtel nicht immer beliebt mit seinen Bildern. Zu einem Eklat kam es zum Beispiel im Februar 2018 auf der »Art Karlsruhe« wegen Baumgärtels Karikatur des türkischen Präsidenten mit nacktem Unterkörper und einer Banane im Gesäß. Nach lautstarken Drohungen hängte der Galerist das Bild ab, woraufhin der Künstler sich von ihm trennte und von Zensur und Bedrohung der Kunstfreiheit sprach…

In der gegenwärtigen Ausstellung »Starke Frauen« in Ruhpolding sind solche Provokationen nicht zu finden, aber der Künstler kratzt auch hier durchaus an Konventionen, zum Beispiel bei der Metamorphose »Adam und Eva« von 2014, wo Eva dem Adam statt Apfel die knallgelbe Banane reicht.

Die Ausstellung in der Galerie Kaysser an der Hauptstraße 28 gegenüber dem Hotel Zur Post ist bis einschließlich Sonntag, 29. September zu sehen. Geöffnet ist die Galerie mittwochs bis freitags von 10 bis 12 Uhr, und 15 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 13 Uhr und 15 bis 17 Uhr, sonntags von 11 bis 13 und 15 bis 17 Uhr, außerdem nach Vereinbarung unter der Telefonnummer 8663/3559798. Christiane Giesen