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Foto: pixabay Symbolbild

Schlag aufs Gesäß: Frau »zu 98 Prozent sicher«

Bad Reichenhall – Am frühen Abend im August war die 24-jährige Studentin an der Saalach unterwegs. Doch dann der Schreck: Ein Mann schlug ihr auf's Gesäß und radelte einfach weiter. Die junge Frau will den 23-jährigen Angeklagten letztlich an der Statur, der Frisur und an einem Markenrucksack »zu 98 Prozent« erkannt haben.


So erhielt der Kurstädter einen Strafbefehl über2 000 Euro. Weil am Laufener Amtsgericht Zweifel blieben, gab es einen Freispruch.

Der Angeklagte sagte zunächst nichts. Ausführlich schilderte die Studentin ihr Erleben an diesem Sommerabend. Der Schlag auf den Hintern sei durchaus fest und schmerzhaft gewesen. Allerdings habe sie zunächst an den Scherz einer Bekannten gedacht, ehe sie einen Mann davonradeln sah.

Nachdem sie diesen bereits zuvor einmal gesehen habe, hätte sie ihn »intuitiv« wiedererkannt. Eine Freundin habe ihr wenig später den Namen nennen können, worauf man das Profil des Angeklagten auch auf Instagram gefunden habe. Ein kurzes Video der Freundin habe sie »noch sicherer« werden lassen, denn die Übereinstimmung sei deutlich. Das Maß ihrer Sicherheit bezifferte die Studentin mit 98 Prozent.

Neben Statur und Frisur beschrieb die Geschädigte einen dunklen Rucksack mit einem hellen Marken-Emblem. Hier sprang dem Angeklagten ein enger Vertrauter zur Seite, der versicherte, den jungen Mann noch nie mit einem Rucksack gesehen zu haben. Er räumte aber ein, nie in dessen Wohnung gewesen zu sein. Die Studentin schilderte, dass sie sich nach dem Vorfall geraume Zeit nicht mehr alleine rausgetraut habe. Anzeige hatte sie erst einen Monat später erstattet. Der Grund: »Ich hatte Sorge, dass viele sagen: ›Ist doch nicht so schlimm‹.« Ihr aber sei klar geworden, einem Mann würde so etwas nicht passieren.

Obschon für den Angeklagten im Gerichtssaal, behandelte Rechtsanwalt Lukas Maushammer die Zeugin freundlich zurückhaltend: »Ich habe nicht die Absicht, sie hier zu grillen oder etwas zu verharmlosen«, betonte der Verteidiger, doch er wolle sicherstellen, »dass hier nicht der Falsche verurteilt wird«. Das Plädoyer des Staatsanwaltes beschrieb Maushammer als »lehrbuchmäßig vorgetragen«. Denn der, Simon Fink, sah den Vorwurf der Körperverletzung und der sexuellen Belästigung bestätigt.

Die Zeugin habe glaubwürdig und ohne Belastungseifer ihr Erleben und die psychologischen Folgen dargestellt. Nicht zuletzt habe der Angeklagte bereits Einträge im Bundeszentralregister wegen sechsfacher Sachbeschädigung und dem dreifachen Erwerb von Betäubungsmittel. Fink beantragte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 35 Euro. Der Verteidiger beschrieb die Haartracht seines Mandanten als inzwischen verbreitete »Trendfrisur«, den beschriebenen Rucksack besitze er nicht. Maushammer vermutete, dass sich bei der Zeugin »die Erinnerung aufgebaut« und die sich schließlich auf den schon bekannten Mann »zugespitzt« habe. Weil Zweifel an dessen Täterschaft blieben, sei der 23-Jährige freizusprechen. Der erklärte in seinem Schlusswort, dass es ihm für die Frau leid tue, »aber ich war das nicht«.

»Die Zeugin hat sich glaubwürdig um eine differenzierte Aussage bemüht«, würdigte Christian Daubner, doch letztlich verblieben »geringe, aber gewisse Zweifel«. Der Strafrichter wollte nicht ausschließen, dass sich eine Identifikation ergeben habe, »weil einiges zusammengepasst hat«. Daubner entschied aus diesem Grund auf Freispruch; die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Hannes Höfer