Kliniken Südostbayern: Mehrkosten der Corona-Pandemie für die nicht abzuschätzen – 210 Mitarbeiter infiziert
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Die Spitze der Kliniken Südostbayern AG (von links) Vorstandsvorsitzender Dr. Uwe Gretscher, Traunsteins Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender Siegfried Walch, Vorstand Elisabeth Ulmer, Landrat Bernhard Kern aus dem BGL als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und der Medizinische Direktor Dr. Stefan Paech. (Foto: Kretzmer)

Mehrkosten der Corona-Pandemie für die Kliniken nicht abzuschätzen – 210 Mitarbeiter infiziert

Traunstein – Die Kliniken Südostbayern AG blieb in der Corona-Pandemie voll handlungsfähig, konnte auf die Entwicklung gut gerüstet reagieren und bleibt für die kommende Zeit gewappnet. Das ist das Fazit, das die Verantwortlichen mit den Landräten Siegfried Walch und Bernhard Kern an der Spitze am Freitag bei einer Pressekonferenz im Landratsamt Traunstein präsentierten.


Aufsichtsratsvorsitzender Walch sprach von einer »schwierigen Phase«. Die Kliniken hätten zusammen mit den Hausärzten die Hauptlast zu tragen gehabt. Sie hätten niemals wirtschaftliche Belange in den Vordergrund gestellt. Die Mitarbeiter seien einem besonderen Risiko ausgesetzt gewesen und hätten alle Anerkennung verdient. Niemand habe sich seiner Verantwortung entzogen. Dem schlossen sich alle Teilnehmer des Pressetermins an.

Im vergangenen Jahr – so Siegfried Walch weiter – hätten die Kliniken wieder wirtschaftlich agiert. Die Landkreise stützten Zukunftsinvestitionen jährlich mit mehreren Millionen Euro. Traunstein habe 2019 Investitionszuschüsse von zwei Millionen Euro, der Nachbarlandkreis von einer Million Euro gegeben, dazu eine Krankenhausumlage von mehreren Millionen Euro. Die AG habe einen Jahresüberschuss von 257.161 Euro und einen Bilanzgewinn von 630.000 Euro erzielt.

Damit habe man »die schwarze Null mehr als gehalten«. Wichtig sei nach turbulenten Jahren in der Vergangenheit: »Wir stehen wieder stabil da. Der Verbund bleibt an allen Standorten – mit allen Mitarbeitern.« Walchs Stellvertreter Bernhard Kern würdigte die »enge Zusammenarbeit« aller. Er dürfe einem »gut bestellten Haus mitvorstehen«. Die kommunale Trägerschaft der Kliniken sichere die wohnortnahe Versorgung der Bürger.

»Wir sitzen hier schon entspannter als vor vier Wochen«, betonte Vorstandsvorsitzender Dr. Uwe Gretscher. Das Corona-Geschehen habe das Personal zusammengeschweißt. Die durch die Pandemie erheblich in die Höhe geschnellten Kosten vermochte er nicht abzuschätzen. Dr. Gretscher hoffte auf Zuschüsse und Übernahme des Erlösausfalls durch den Bund.

Zahlen zu den Kliniken Südostbayern

Von den 2150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Klinikum Traunstein erkrankten 145. Wieder genesen sind – Stand Freitag – 126 Personen. Im Krankenhaus Ruhpolding – es wurde zwischendurch stillgelegt, die Wiederinbetriebnahme ist in Vorbereitung – mit 130 Mitarbeitern waren 27 betroffen. Genesen sind bereits 26 von ihnen. Von den 500 Mitarbeitern des Kreiskrankenhauses Trostberg wurden 23 positiv getestet. Inzwischen sind 21 wieder gesund. Im Krankenhaus Fridolfing erwischte der Virus elf der 70 Mitarbeiter. Alle sind mittlerweile wieder coronafrei.

Im Berchtesgadener Land entwickelte sich das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung insgesamt deutlich milder. In zwei der Krankenhäuser, in Berchtesgaden und in Freilassing, wurde niemand vom Personal angesteckt. Vier Fälle gab es im Krankenhaus Bad Reichenhall. Insgesamt haben sich somit 210 Mitarbeiter der Kliniken in beiden Landkreisen infiziert.

Der medizinische Direktor der Kliniken AG, Dr. Stefan Paech, verwies auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts, wonach bundesweit rund sieben Prozent des Krankenhauspersonals mit dem Corona-Virus infiziert wurde. In den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land zusammen liege der Wert bei 5,4 Prozent, im Berchtesgadener Land allein bei 0,4 Prozent. Für Corona-Schutzmaßnahmen gaben die Kliniken heuer schon 2,5 Millionen Euro aus.

(Weitere Zahlen zu den Kliniken lesen Sie am Ende des Artikels.)

Mehr Mitarbeiter und mehr Investitionen

2019 habe sich die Zahl der Mitarbeiter gegenüber 2018 um 50 erhöht. Entsprechende Kostensteigerungen habe man selbst finanzieren können. Für die Zukunft seien Investitionen vor allem für die internen Prozesse mit Abstimmung zwischen allen Berufsgruppen und für Digitalisierung geplant. Unter den baulichen Maßnahmen kämen die Sanierungsarbeiten in Ruhpolding gut voran. In Traunstein wachse der Neubau mit kurzen Wegen, modernen Patientenzimmern und Arbeitsplätzen für die Mitarbeiter.

In Bad Reichenhall werde die Notaufnahme weiterentwickelt. Der Vorstandsvorsitzende zeigte sich stolz auf die Patientenstruktur des Klinikenverbunds: »Wir verzeichnen eine hohe Patiententreue und -nachfrage, hatten 2019 mehr stationäre Aufenthalte als im Jahr zuvor.« So gut wie niemand müsse die Landkreise zur medizinischen Versorgung verlassen, von wenigen Spezialbereichen abgesehen.

Ein Dank »an alle Berufsgruppen, die täglich ihr Bestes geben« war das Anliegen von Vorstand Elisabeth Ulmer. Die Mitarbeiter aus beiden Landkreisen unterstützten sich gegenseitig. Die Kliniken steckten viel Geld in den Bereich Ausbildung. So würden über 300 Mitarbeiter pro Jahr in eigenen Einrichtungen geschult. Die Zahl heimischer Mitarbeiter sei nicht ausreichend: »Wir müssen auch Kräfte aus dem Ausland gewinnen«.

Italienische Pflegekräfte bewähren sich

In Trostberg hätten sich bereits italienische Pflegekräfte bewährt. Die Personalakquise erfolge im Kosovo, auf den Philippinen, in Mexiko und Ägypten. In der Digitalisierung gehe es voran. Bereits 1400 Frauen und Männer nutzten die erst wenige Wochen alte Mitarbeiter-App, informierte Ulmer.

Medizinische Aspekte beleuchtete Dr. Stefan Paech. Die Neuromedizin zum Beispiel sei auf universitärem Niveau und werde bereits überregional in Anspruch genommen. Viel investiert habe man in Medizintechnik wie Gerätetechnik in den OPs oder neue Geräte in der Strahlentherapie. Nach Worten des medizinischen Direktors war insbesondere die – im vergangenen Jahr aufgerüstete – Intensivmedizin in den zurückliegenden Wochen sehr gefordert.

Hinsichtlich Corona sei der Landkreis Traunstein bundesweit stark betroffen. Dr. Paech erinnerte an die ersten, Ende Januar bekannt gewordenen Fälle in Siegsdorf. Damit habe man entscheidende Erfahrungen für die Folgezeit gewonnen. In den Kliniken sei ein Großteil der Intensivkapazität benötigt worden. Bis zu 80 Patienten pro Tag, davon bis zu 30 Intensivpatienten, habe man täglich versorgt. Die Intensivkapazitäten würden weiterhin vorgehalten – sowohl Betten als auch Mitarbeiter nach dem doppelten Personalschlüssel. Etwa 25 Prozent weniger »normale« Betten stünden dadurch zur Verfügung.

Die Krisenzeit hätte ohne die Hausärzte und die Landratsämter nicht bewältigt werden können. Man habe in Krisenstäben zusammengewirkt, fuhr Dr. Paech fort. »Italienische Verhältnisse« habe es nie gegeben. Und weiter: »Wir alle wünschen, dass die Pandemie abklingt. Wir werden aber dennoch die Schutzmaßnahmen hoch halten.«

Beide Landräte stellten sich klar hinter die Schutzmaßnahmen im Freistaat. Bernhard Klein sprach von »Lockerungen mit Maß und Ziel«. Siegfried Walch verwies auf die aktuell noch rund 140 aktiven Corona-Fälle im Landkreis Traunstein: »Die Lage ändert sich schnell. Wir sind eher strenger. Die Maßnahmen haben gewirkt. Wir versuchen, einen Modus zu finden und verantwortungsbewusst mit dem Virus umzugehen«.

160.000 Patienten in 2019

Mit Krankenhäusern an den Standorten Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Freilassing, Ruhpolding, Traunstein und Trostberg mit zusammen circa 1300 Betten versorgte die Kliniken Südostbayern AG vergangenes Jahr fast 60.000 Patienten stationär, dazu knapp 100.000 ambulant. 2160 Geburten wurden registriert. In Berchtesgaden und Trostberg nahmen 2019 über 1000 Patienten das Angebot einer Geriatrischen Rehabilitation in Anspruch. Das Sozialpädiatrische Zentrum in Traunstein behandelte etwa 4000 Fälle. Mit rund 3700 Mitarbeitern ist die Kliniken AG eines der größten Unternehmen und einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region.

Im Berchtesgadener Land versorgten die drei Kliniken mit 443 Betten und rund 980 Mitarbeitern im letzten Jahr 18.199 Patienten vollstationär und 24.810 ambulant. 618 Babys kamen auf die Welt.

Im Landkreis Traunstein mit ebenfalls drei Kliniken, 830 Betten und 2741 Mitarbeitern wurden 2019 40.460 vollstationäre und 73.118 stationäre Fälle gezählt. Die Zahl der Geburten belief sich auf 1541.

Der Umsatz der Kliniken steigerte sich in den vergangenen fünf Jahren um 50 Prozent.

kd/red