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Die Untersuchung kann beginnen: (V. l.) Verkehrsminister Christian Bernreiter überreicht Bahnhofsmanager Helmut Zöpfel im Beisein von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und Bürgermeister Armin Wierer aus Bayerisch Gmain den Förderbescheid zur Machbarkeitsstudie. (Foto: Lisa Schuhegger)

Mehr Tempo auf der Schiene

Bayerisch Gmain – Die Zugfahrt von Berchtesgaden nach Bad Reichenhall dauert verhältnismäßig lange. Circa 30 Minuten ist man unterwegs. Fahrgäste wünschen sich mehr Tempo. Das Bayerische Staatsministerium steht ihnen zur Seite. Es investiert 110 000 Euro in eine Machbarkeitsstudie, in der die Deutsche Bahn Netz AG untersucht, wie die Geschwindigkeit auf der circa 20 Kilometer langen Steilstrecke erhöht werden kann. Am Donnerstagabend übergaben Verkehrsminister Christian Bernreiter und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber in deren Heimatgemeinde den symbolischen Förderscheck an die Deutsche Bahn (DB).


Der Freistaat habe die Initiative ergriffen, sagte Christian Bernreiter, weil er fürchtet, dass »ohne Plan in der Schublade« keine Verbesserung eintritt. Die ist ihm aber besonders auch im ländlichen Raum wichtig. »Wir wollen, dass das Reisen mit dem Zug attraktiver wird«, sagte der Minister, der wusste, dass die Verbindung zwischen Berchtesgaden und Bad Reichenhall eine der langsamsten Strecken in Bayern ist. Gründe dafür sind das starke Gefälle auf der Strecke, enge Kurven und viele unbeschrankte Bahnübergänge. Der Zug erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 50 km/h. Oft ist er erheblich langsamer.

Stabilerer Fahrplan

Das soll sich ändern. Man will eine Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h erreichen, um einen stabileren Fahrplan anbieten zu können und letztlich mehr Pendler auf die Schiene zu bringen. Laut Christian Bernreiter sei das im Sinne des Klimaschutzes und der Mobilitätswende unerlässlich. Damit Zugfahren auch im ländlichen Raum attraktiver wird, braucht Bayern auch auf Nebenstrecken eine starke Schiene. Deswegen habe der Freistaat – freiwillig, wie Christian Bernreiter am Donnerstagabend mehrfach betonte – die 110 000 Euro aus dem bayerischen Klimaschutzprogramm locker gemacht. Zuständig wäre hierfür gemäß Grundgesetz eigentlich der Bund.

Barrierefreies Gleis 1in Berchtesgaden

Von mehr Tempo auf der Strecke profitieren nicht nur Fahrgäste in Eile, sondern auch Menschen mit einer Einschränkung. Durch den Zeitgewinn könnten die Züge nämlich fast ausschließlich am barrierefreien Gleis 1 in Berchtesgaden ankommen und abfahren.

Ein attraktiver Schienenverkehr muss effizient und gleichwohl barrierefrei gestaltet sein, ist Michaela Kaniber und Christian Bernreiter wichtig. »Gerade für ältere und Fahrgäste mit Behinderung bedeutet Barrierefreiheit an den Bahnhöfen eine wirkliche Erleichterung«, betonte die Ministerin. Deswegen hat sie auch über Jahre gekämpft, dass der Bahnhof in ihrer Heimatgemeinde, an dem täglich rund 350 Fahrgäste ein- und aussteigen, barrierefrei ausgebaut wird. Die Bayerisch Gmainer Ministerin bekam Rückenwind vom Ministerium und so unterstützte der Freistaat die Modernisierung im Rahmen eines Sonderprogrammes des Bundes. Insgesamt kostete der Umbau durch die »DB Station&Service« circa 3,1 Millionen Euro. Die 400 000 Euro, die der Freistaat zuschoss, sind für die Folgekosten für Betrieb und Unterhalt vorgesehen.

Laut Christian Bernreiter sind in Bayern knapp über 500 Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut, auf der Strecke südlich von Bad Reichenhall sind mit Ausnahme des Kopfbahnhofes Berchtesgaden alle Stationen behindertengerecht, nachdem parallel zur Modernisierung des Bahnhofes Bayerisch Gmain auch der in Bischofswiesen, ausgebaut wurde. Christian Bernreiter betrachtet das als »eine Spitzenquote«. In Bayern sei nämlich nur die Hälfte der Bahnhöfe komplett barrierefrei. Laut dem Minister profitierten von der Barrierefreiheit am Bahnhof rund 80 Prozent der Fahrgäste. Allerdings vorwiegend die in den Ballungsräumen.

Christian Bernreiter strebt an, dass jeder Senior, jede Mutter mit Kinderwagen oder jeder Blinde den Schienenverkehr nutzen kann, egal, wo er aus- und einsteigt. Wie Helmut Zöpfel, DB-Bahnhofsmanager für Oberbayern, beteuerte, seien barrierefreie Bahnhöfe auch aus Bahnsicht ein wichtiger Baustein beim Ausbau der Bahninfrastruktur in Bayern. Aktuell modernisiert die »DB Station&Service« den Bahnhof Freilassing.

Auch der ist von Berchtesgaden über Bischofswiesen, Bayerisch Gmain und Bad Reichenhall erreichbar. Pendler zwischen Berchtesgaden und Freilassing, profitierten also ebenfalls von mehr Tempo auf der Strecke zwischen Berchtesgaden und Bad Reichenhall.

Doch wann ist es so weit und kommt überhaupt mehr Tempo auf der Strecke? Laut Christian Bernreiter würden Verbesserungen noch auf sich warten lassen. Die Untersuchungen, die Verbesserungspotenziale ausmachen sollen – etwa andere Kurvenradien oder Gleisübergänge – sollen 2024 Ergebnisse liefern. Warum erst so spät? »Planungen müssen gründlich erfolgen«, erklärt Helmut Zöpfel. Er weiß: »Planungsfehler können teuer sein.«

Bis dann tatsächlich Veränderungen vorgenommen werden, wird es dauern. Immerhin sind die Mittel des Freistaates für die Machbarkeitsstudie ein Anfang. Und wie Michaela Kaniber am Donnerstagabend sagte, als sie sich gemeinsam mit Bürgermeister Armin Wierer an den jahrelangen Einsatz für Barrierefreiheit am Bahnhof Bayerisch Gmain erinnerte, »wird, was lange währt endlich gut«. Am Donnerstagabend gab es vom Staatsministerium für den Bahnhof Bayerisch Gmain noch das Signet »Bayern barrierefrei«.

li