Der Ramsauer, bereits Vizeweltmeister im Skibergsteigen, will in diesem Winter »noch einmal richtig angreifen. Eine Medaille bei der WM in Andorra Ende Februar wäre natürlich ein krönender Abschluss meiner Karriere im Skibergsteigen.« verrät er. Beim Weltcup am 19. Dezember im italienischen Ponte di Legno startet Palzer mit der DAV-Nationalmannschaft in seine vorerst letzte ISMF-Weltcup-Saison im Skibergsteigen.
Anschließend soll das »Abenteuer« Profiradsport für ihn beginnen. »So eine Entscheidung trifft man nicht alle Tage – und ich habe nicht nur eine Nacht, sondern in diesem Herbst viele Nächte darüber geschlafen«, bekennt der 27-Jährige. Er betont: »Die Entscheidung für eine neue sportliche Laufbahn ist erst während des Kontakts zu Bora-hansgrohe und durch die intensiven Gespräche mit dem Team gereift. Ralph Denk (Teamchef) und Helmut Dollinger (Teamcoach) haben im Laufe dieses Jahres meinen kühnsten Träumen einen realen Nährboden verliehen. Dafür bin ich sehr dankbar!«
Vertraut ist ihm die künftig professionell betriebene Sportart ohnehin: »In den vergangenen Jahren habe ich viele Einheiten auf dem Rennrad trainiert und auch das ein oder andere Radrennen absolviert. Nicht nur zur Vorbereitung auf meine Saison im Skibergsteigen, sondern weil es mir einfach richtig viel Spaß macht, auf dem Rad zu sitzen. In meinem Umfeld habe ich schon manchmal gewitzelt: 'Passt auf, eines Tages werde ich noch Radprofi'.«
Jetzt ist es tatsächlich so gekommen, und das »bedeutet für mich eine unerwartete Wendung in meiner Athletenkarriere und ich bin dankbar für die Chance, die mir Bora-hansgrohe bietet. Ich weiß, dass ich gute physische Voraussetzungen mitbringe, mir ist aber auch bewusst, dass ich noch vieles auf dem Rad und im Peloton lernen muss. Mal schauen, was möglich ist.«
Er weiß, dass seine neue Aufgabe ein Lernprozess sein wird: »Wichtigstes Ziel ist es, mich jetzt gut im Team zu integrieren, so viel wie möglich von meinen neuen Teamkollegen zu lernen und mich in die Dienste der Mannschaft zu stellen. Herausforderungen für mich persönlich sind zum einen die Entwicklung vom Einzelsportler hin zum Teamplayer und auch ein gewisser Rhythmuswechsel: Bisher war ich in erster Linie Wintersportler, jetzt liegt der Fokus dann auf dem Sommer.«
Zudem müsse er »langsam in den Radsport hineinwachsen, eine gewisse Rennintelligenz entwickeln und im ersten Jahr auch mit der Herausforderung einer Doppelsaison (Winter und Sommer) umgehen.« Seine Stärken sieht er »mit Sicherheit im Hochgebirge – da die Wege in die Berge aber oft flach und windig sind, muss ich hier bestimmt noch einiges lernen.«
Teamchef Ralph Denk weiß: »Ein gewisses Risiko ist sicher dabei, aber wir verfolgen Toni schon länger und sind von seinen körperlichen Voraussetzungen überzeugt.« Denk verweist unter anderem auf das Beispiel von Tour-Mitfavorit Primoz Roglic, der vom Skispringen in den Radsport wechselte.
»Ich will damit nicht sagen, dass Toni in zwei Jahren um den Toursieg fahren wird. Aber wir sehen bei ihm viel Potenzial, besonders was das Hochgebirge betrifft. Im Sommer hat er eine Woche mit ein paar unserer Jungs in Österreich auf dem Fahrrad trainiert, das hat sehr gut geklappt und auch technisch ist er gut. Das Interesse war dann geweckt und wir haben gemerkt, dass Toni nach einer neuen Herausforderung sucht. Am Ende hat er uns mit seinem Enthusiasmus und seiner Professionalität überzeugt.«
Wichtig ist dem Team ein sinnvoller Aufbau für Palzer: »Wir werden ihn zu Beginn der Saison vermehrt bei schweren Eintagesrennen und bergigen Wochenrundfahrten einsetzen. Dort muss er lernen, wie Radsport funktioniert und vor allem auch Aufgaben fürs Team übernehmen. Wo die Reise dann hingeht, werden wir sehen, aber wir werden das Schritt für Schritt angehen.«
Bora-Trainer Helmut Dollinger berichtet: »Toni ist dieses Frühjahr auf mich zugekommen mit der Frage, ob ich ihn nicht bei der Vorbereitung auf die WM im Skibergsteigen unterstützen kann. Seit April arbeiten wir zusammen, und es war schnell klar, dass einige seiner Werte wie zum Beispiel seine maximale Sauerstoffaufnahme schon außergewöhnlich sind.« Auch Dollinger mahnt zur Geduld: »Das Potenzial ist da, aber Daten sind nicht alles, man muss die PS auch auf die Straße bringen.«
»Eine besondere Herausforderung wird es sein, den Übergang von seiner letzten Wettkampfsaison im Winter zu den ersten Radrennen zu schaffen. Generell muss man aber sowieso den Ball flach halten und die erste Saison zum Lernen nehmen. Dann sieht man schon besser, was alles möglich sein könnte.«
Palzer hatte im Sommer mit der Rekordzeit der Watzmann-Überschreitung in nur 2:47 Stunden für Aufsehen gesorgt. Und die Berge werden auch weiterhin seine Leidenschaft sein. »Dem Wettkampfsport Skibergsteigen Ende März nach zwölf erfolgreichen Jahren in der Nationalmannschaft Servus zu sagen, wird bestimmt nicht leicht. Aber die Berge laufen mir nicht weg«, betont er. Der Ramsauer ergänzt: »Die ein oder andere Skitour im Winter, ein Berglauf im Sommer oder Klettern mit Freunden und Familie wird auch als Radprofi möglich sein. Die Berchtesgadener Berge stecken in meiner DNA, hier sind meine Wurzeln und hier liegt meine Kraftquelle.« fb