Biathlon-Weltcup: Köche mit Höchstleistungen für gutes Essen und glückliche Gäste | Ruhpolding
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Johann Herrler koordiniert die 23 Köche und sorgt dafür, dass seine Mannschaft und die Gäste glücklich sind.

Höchstleistungen für gutes Essen und glückliche Gäste

Während die Biathleten in der Loipe und am Schießstand um die Podestplätze kämpfen, wird auch in der Küche des VIP-Zelts in der Chiemgau-Arena »geschossen«: Auf zwei Etagen erstrecken sich hier über die gesamte Länge des Zelts zwei Küchen, in der 23 Köche das Essen auf die richtige Temperatur bringen – oder, wie Johann Herrler sagt: »Für die maximale Frische am Buffet wird es nur noch kurz geschossen.«


Der gelernte Koch feiert in diesem Jahr ein kleines Jubiläum: Bereits seit zehn Jahren ist der 53-Jährige für die Organisation der Köche und Lebensmittel während der Weltcup-Woche zuständig – nicht nur im VIP-Zelt, sondern auch für die Athleten im Biathlon-Family-Bereich und die ehrenamtlichen Helfer, insgesamt rund 3000 hungrige Gäste pro Tag.

Für Johann Herrler gibt es dabei durchaus noch mehr Parallelen mit dem sportlichen Wettkampf draußen: »Wir wollen in dieser Woche unsere beste Leistung abrufen und müssen Höchstleistungen bringen. So bereiten wir uns auch vor«, erklärt er. Das fängt schon damit an, die Menüpläne zu erstellen: Spätestens im Juni verteilt Johann Herrler diese an alle Beteiligten, damit Verbesserungsvorschläge oder Änderungswünsche eingearbeitet werden können.

Küche für Besucher aus der ganzen Welt

»Jeder soll und muss sich miteinbringen«, betont er. »Manchmal tauschen wir dann noch eine Komponente oder eine Beilage.« Schließlich sollen die Köche den Besuchern aus der ganzen Welt nicht nur Bayern und die Alpenregion kulinarisch näherbringen, sondern müssen dabei auch logistische Herausforderungen meistern: »Die Vorschläge müssen mach- und von den Öfen her kochbar sein«, erklärt Johann Herrler. Zwar helfe die Technik dabei, die Essen gradgenau auf die passende Garstufe zu bringen, doch auch in den 15 Öfen ist der Platz begrenzt. Deshalb muss die Menüabfolge genau abgestimmt sein.

Damit das Essen pünktlich fertig ist, beginnt der Arbeitstag für die Köche in der Weltcup-Woche um 7 Uhr. Jeden Morgen wird Ware angeliefert und das Menü vorbereitet. »Wir machen dabei frisch, was möglich ist«, sagt Johann Herrler. Deshalb muss er sich auch darum kümmern, dass rechtzeitig Ware bestellt wird. Denn für die rund 3000 Essen am Tag brauchen die Lieferanten genügend Vorlaufzeit.

Auf den zwei Stockwerken im VIP-Zelt herrscht bis zum Mittag Hochbetrieb. Zeit, die Rennen anzuschauen, bleibt den Köchen nicht: Während die Zuschauer die Wettkämpfe verfolgen, wird in den Küchen wieder produziert, damit die Besucher anschließend wieder gefüllte Buffets vorfinden.

Köche kommen aus ganz Bayern

»Wir sind sehr gut eingespielt und getaktet«, betont Johann Herrler. Zwar gebe es immer wieder Veränderungen in seinem Team, ein Großteil der Mannschaft bleibt aber Jahr für Jahr zusammen. »Für die Köche ist der Weltcup auch ein Highlight.« Sie kommen deshalb aus ganz Bayern. »In dieser Woche haben wir in Ruhpolding die größte fachliche Kochkompetenz.« Jeder habe dabei sein Spezialgebiet, entsprechend sieht die Postenaufteilung aus. Die Gefahr, dass viele Köche sprichwörtlich den Brei verderben, sieht Johann Herrler nicht – ganz im Gegenteil erkennt er sogar einen Vorteil: »Hier kann sich jeder viel abschauen, es gibt immer auch einen großen Lerntransfer.«

Zudem werde auch am Abend – die Köche sind alle gemeinsam untergebracht – noch über Abläufe und den Tag diskutiert. »Das ist ein großes Miteinander.« Für Johann Herrler ist das besonders wichtig: »Ich schaue, dass in der Küche gute Stimmung herrscht und alle glücklich sind.« Natürlich gebe es dabei auch Stress. »Aber Köche wissen, was Stress ist. Und nur, wenn die Mannschaft intakt ist, können wir Erfolg haben.«

Erfahrungen auf der ganzen Welt gesammelt

Für ihn ist aber nicht nur der Zusammenhalt unter den Köchen wichtig: Als sich Johann Herrler in Ruhpolding zum ersten Mal um Küche und Köche kümmerte – er hatte zuvor an der Steigenberger-Akademie in Bad Reichenhall gelehrt und war so für den Weltcup empfohlen worden – wusste er gleich, dass er Unterstützung vor Ort braucht. Denn nach Jahren in London, Shanghai, Hongkong und auf Bali ist Johann Herrler in seine Heimat nach Beilngries im Altmühltal zurückgekehrt und hat sich mit einem A-la-carte-Restaurant, einer Cateringfirma und einem Eventlokal selbstständig gemacht. Das war »ein bisschen weit weg«, um die Vorbereitungen vor Ort täglich zu begleiten. Doch die Premiere lief gut, auch weil »hier von Anfang an alle an einem Strang gezogen haben«, freut sich der 53-Jährige. »Wir waren von Anhieb auf einer Wellenlänge.«

So sah sich Johann Herrler schnell selbst als »Teil der Organisationsfamilie«. »Wir wollen alle, dass sie erfolgreich ist«, betont er. Für das Team um den Koch bedeutet das: »Unser Ziel ist ein glücklicher Gast, er soll ein gutes Gefühl haben.« Das gelte für die Zuschauer im VIP-Bereich genauso wie für die Ehrenamtlichen und die Athleten. »Und das funktioniert nur, wenn alles stimmt: das Ambiente, der Service und das Essen.«

Kochshow für Athleten gedreht

Dass sich auch die Athleten wohlfühlen, zeigt sich immer wieder: Benedikt Doll hat mit dem Team schon eine kurze Kochshow gedreht, die kanadischen Biathletinnen kommen inzwischen regelmäßig für einen kleinen Kochkurs. »Nach dem ersten hat eine Kanadierin gleich einen Tag später Bronze geholt«, erinnert sich Johann Herrler.

Den Athleten das passende Essen zu bieten, ist ihm aber nicht nur in Ruhpolding wichtig: Er kocht auch für die Fußballprofis des FC Ingolstadt, trainiert dort selbst die Frauenmannschaft. »Die sind inzwischen auch alle Biathlon-Fans«, verrät er und versucht, zwischen dem Skiclub und den Fußballern weitere »Brücken zu schlagen«. Ein Spiel der Ingolstädter haben die Ruhpoldinger bereits besucht, der Gegenbesuch steht in dieser Woche an. »Ich weiß noch nicht, was da entsteht«, meint Johann Herrler. »Aber ich will diese Idee gerne vorantreiben.«

Überblick behalten und Feedback einholen

In Ruhpolding steht der 53-Jährige nicht selbst hinter dem Herd. »Ich muss den Überblick behalten und meiner Zeit voraus sein«, sagt er. Schließlich muss rechtzeitig Essen nachproduziert werden, bevor das Buffet leer ist. Außerdem sieht sich der Koch vor allem in der Rolle des Gastgebers: »Ich gehe an die Tische, begrüße die Gäste und fordere auch ein Feedback ein.« Das wirkt sich durchaus auf den Speiseplan aus: Zwar gebe es wenig Kritik, aber zumindest ein Gericht wird nicht mehr serviert: »Gebackener Karpfen kam nicht gut an«, erinnert sich Johann Herrler. Dafür aber umso mehr die Mehlspeisen, die auch der 53-Jährige als Besonderheit in Ruhpolding sieht.

Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm der vergangene Weltcup: »Wir sind auf Kohlen gesessen«, erinnert sich Johann Herrler. Denn in den Küchen mussten die Vorarbeiten trotz des vielen Schnees anlaufen. »Wir haben produziert und wussten, dass wir vielleicht keine Gäste haben.« Umso größer sei auch bei ihm am Ende die Erleichterung gewesen.

Schließlich ist auch die Vorfreude bei Johann Herrler jedes Jahr groß: »Es ist die Freude auf die Herausforderung«, meint er. »Das ist keine Routinearbeit und emotional noch mal ein ganz anderes Level.« Überhaupt spielen die Emotionen für ihn eine wichtige Rolle – nicht nur bei den Gästen, sondern auch bei den Köchen: »Mir ist es wichtig, dass alle gerne da sind und lachen«, verrät er ein Erfolgsrezept. »Wenn alle mit dem Herzen dabei sind, mache ich mir um den Kopf keine Gedanken.«

Jonas Müller