Gericht, Gerichtsurteil
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Heroin statt Lohn für Helfer: 44-Jähriger vor Gericht

Zwei Helfer in einem Handwerksbetrieb bekamen mehrfach kein Geld. Stattdessen bezahlte sie der selbst drogenabhängige 44-jährige Chef mit kleinen Mengen Heroin. In seiner Wohnung in einer Gemeinde im östlichen Landkreis Rosenheim bewahrte er außerdem gut 16 Gramm Heroin und eine Schreckschusspistole auf. Die Zweite Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Richter am Landgericht Andreas Bartschmid an der Spitze verhängte am Montag wegen mehrerer Drogendelikte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.


Einer der mit Heroin entlohnten Männer korrigierte vor Gericht seine Angaben, die er bei der Polizei gemacht hatte. Er habe nicht nur Heroin bekommen, sondern auch Geld. Wörtlich meinte der wegen der gleichen Drogensache rechtskräftig mit 8100 Euro Geldstrafe belegte 53-Jährige: »Manchmal hab ich Geld gebraucht. Manchmal bin ich anders bezahlt worden.« Er kenne den Angeklagten seit mindestens 25 Jahren: »Da sieht man, wenn jemand unter Strom steht. Wenn es mir nicht gut gegangen ist, habe ich ihn gefragt, ob er mir hilft.« Der Zeuge bestätigte, bei der Polizei gesagt zu haben: »Ich hab aufgehört, bei ihm zu arbeiten, weil er mich an der Nadel hielt.« Gleichzeitig schränkte er ein: »Das hat der Angeklagte vielleicht nicht bewusst gemacht. Für mich war es aber so.«

Schon über 20 Jahre abhängig

Der psychiatrische Sachverständige, Dr. Stefan Gerl vom Bezirksklinikum in Gabersee, attestierte dem neunfach vorbestraften 44-Jährigen eine chronifizierte Suchterkrankung. Im Alter von 14 Jahren habe der Angeklagte mit Haschisch begonnen, ab dem 19. oder 20. Lebensjahr mit Heroin. Der Gutachter gelangte zu einer Abhängigkeit – allerdings ohne Persönlichkeitsveränderungen. Der Angeklagte sei voll schuldfähig. Von einem »Hang im Übermaß« sei auszugehen, ebenso von »Hangtaten«. Mit weiteren vergleichbaren Taten sei zu rechnen. Dennoch seien die Voraussetzungen für eine Unterbringung zum Entzug nicht erfüllt. Dr. Gerl: »Nach über 20-jähriger Abhängigkeit ist der Angeklagte nicht zu therapieren.« Er könne seine Sucht auf legale Weise befriedigen – durch ihm verschriebene Medikamente oder durch Substitution.

Staatsanwältin Teresa Barthel beantragte im Sinn der Anklage eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Von den 16,36 Gramm des Heroins in der Wohnung seien mindestens 40 Prozent, damit ein Mehrfaches der »nicht geringen Menge«, zum Weiterverkauf und somit zum Handeltreiben bestimmt gewesen. Der angebliche Eigenkonsum von drei bis vier Gramm pro Tag passe nicht mit verschiedenen Indizien zusammen.

Verteidiger Dr. Kai Wagler aus München sah den Schwerpunkt der Vorwürfe nicht beim »Handeltreiben«, sondern beim »Besitz« von Betäubungsmitteln. Es möge Indizien geben für weiteres Handeltreiben. Diese seien jedoch »Spekulation«. Zum Eigenkonsum seien einem Suchtmittelabhängigen »keine zuverlässigen Grammangaben möglich«. Der Anwalt forderte eine zweifache Milderung des Strafrahmens, unter anderem wegen der Aufklärungshilfe seines Mandanten, der seinen inzwischen zu dreieinhalb Jahren Haft und Unterbringung verurteilten Lieferanten genannt habe.

Im Urteil stützte sich Kammervorsitzender Andreas Bartschmid vor allem auf das Geständnis des Angeklagten. Weitere Rauschgiftgeschäfte könnten nicht konkret nachgewiesen werden, Vermutungen reichten nicht, betonte Bartschmid. Festgestellt habe das Gericht zehn Erwerbsgeschäfte und etwa ein Dutzend Abgaben an die zwei Mitarbeiter. Von den 16,36 Gramm Heroin in der Wohnung habe der Angeklagte neun Zehntel selbst konsumieren und lediglich ein Zehntel verkaufen wollen. Der Kammervorsitzende hob heraus, man habe dem 44-Jährigen eine Milderung nach der Kronzeugenregelung zugesprochen.

kd