Mit ihrem besonderen Blick auf Teile des Königssees bilden die Gumpen im Königsbach-Wasserfall ein attraktives Ausflugsziel im Nationalpark Berchtesgaden. Waren die Gumpen früher ein Geheimtipp, so sind sie in den vergangenen Jahren vor allem bei der jüngeren Generation zu einer touristischen Attraktion geworden. Insbesondere der sogenannte »Infinity-Pool« im oberen Teil der Wasserfallkaskade erreichte über zahlreiche Beiträge in den sozialen Netzwerken in kurzer Zeit große Bekanntheit weit über die Region hinaus. Die mediale Aufmerksamkeit führte unweigerlich auch zu einem massiven Anstieg der Besucherzahlen.
Lediglich zwei kleine Steige bildeten den traditionellen Zustieg in das Areal rund um die Gumpen, was früher nur in geringem Ausmaß von Ortskundigen genutzt wurde. Durch die rasante Verbreitung in den Sozialen Medien und auf Outdoor-Plattformen sind diese Wege nun einer weltweiten Öffentlichkeit bekannt, die Besucherzahl hat sich vervielfacht. Eine Erhebung aus dem Sommer 2020 ergab an den Wochenenden pro Tag im Durchschnitt eine Zahl von circa 150, an Spitzentagen jedoch weit mehr als 350 Besucher. In der Folge hat sich in den vergangenen Sommern ein weitverzweigtes Netz aus Trampelpfaden mit einer Länge von mindestens drei Kilometern neu gebildet. Dadurch ist die gesamte Fläche massiv gestört – die immer wieder zusammenlaufenden Einzelpfade sind teilweise über mehrere Meter breit. Insbesondere im unmittelbaren Bereich der Gumpen wird der Oberboden aufgrund der hohen Besucherfrequentierung massiv geschädigt. Durch die Zerstörung der Vegetation liegt der Oberboden in den steilen Hängen frei und wird durch die mechanische Belastung und die einsetzende Wasser-Erosion weiter abgetragen. An vielen Stellen liegen großflächig die Feinwurzeln der umgebenden Bäume frei. Auch zahlreiche Tierarten, darunter streng geschützte Vogelarten, werden durch die massiven Besucherströme erheblich gestört.
Die Verordnung, die das Landratsamt Berchtesgadener Land als Untere Naturschutzbehörde nun erlassen hat, soll als Baustein im Rahmen der Besucherlenkung in den kommenden fünf Jahren zur Erholung der Vegetation beitragen, sowie die Schließung der Bodenwunden durch natürliche Sukzession unterstützen.
Rechte gehen mit Pflichten einher
Den Verantwortlichen ist bewusst, wie es in der Pressemitteilung des Landratsamts Berchtesgadener Land heißt, dass mit der Verordnung in das Grundrecht des freien Betretungsrechts der Bayerischen Verfassung eingegriffen wird. Dieses Betretungsrecht hat allerdings Grenzen. Bei der Ausübung dieses Rechts hat jeder die Verpflichtung, pfleglich mit der Natur umzugehen. Das Bayerische Naturschutzgesetz sieht daher die Möglichkeit vor, dieses Betretungsrecht aus Gründen des Naturschutzes zu beschränken.
Das Verbot, die entsprechenden Flächen zu betreten, sei laut Mitteilung in Anbetracht der Gegebenheiten eine notwendige Maßnahme, weitere Beeinträchtigungen zu verhindern. Die Fläche umfasst vor allem jene Bereiche, die durch die neu geschaffenen Trampelpfade geschädigt werden. Insgesamt handelt es sich um etwa zehn Hek-tar des insgesamt eine Fläche von mehr als 20 000 Hektar umfassenden Gebiets des Nationalparks Berchtesgaden.
Sperre gilt sommers wie winters
Eine jahreszeitliche Unter-brechung des Verbotes, zum Beispiel für die Wintermonate, würde die Erfolge der sommerlichen Sperrung konterkarieren. Aufgrund der oft feuchten Witterung in dieser Zeit würden schon wenige Besucher ausreichen, um die sich über den Sommer zart entwickelte Bodenvegetation wieder zu zerstören und entsprechende (Tritt-)schäden hervorzurufen.
Die Verordnung des Landratsamts ist vorerst für eine Dauer von fünf Jahren vorgesehen. Dieser Zeitraum kann ausreichend sein, dass sich die Vegetation erholt und sich die Bodenwunden schließen. Die Zeit wird seitens der Nationalparkverwaltung zur Evaluierung der Entwicklung genutzt. Sollte sich herausstellen, dass fünf Jahre nicht genügen oder der Besucherdruck wieder jene Höhe wie in der jüngsten Vergangenheit erreicht, kann eine weitere Sperrung nach den kommenden fünf Jahren nicht ausgeschlossen werden. Appelle an die Vernunft der Besucher und für einen freiwilligen Verzicht, diesen Bereich zu betreten, haben in der Vergangenheit leider keine Wirkung gezeigt.
Ab heute können Verstöße geahndet werden
Mit dem am heutigen Mittwoch in Kraft tretenden Verbot ist es möglich, Verstöße als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, so die Verantwortlichen. Die Kontrollen nehmen die Ranger des Nationalparks Berchtesgaden vor und bringen Verstöße beim Landratsamt Berchtesgadener Land zur Anzeige. Dort erfolgt die Bearbeitung des Bußgeldverfahrens. Für ein erstmaliges Betreten des gesperrten Areals muss grundsätzlich mit einer Strafe mindestens im dreistelligen Bereich gerechnet werden. Je nach Verstößen können die Strafen aber auch deutlich höher ausfallen und bis zu 25.000 Euro betragen.
Um unbeabsichtigte Verstöße zu vermeiden, macht die Nationalparkverwaltung das Verordnungsgebiet an neuralgischen Punkten mit entsprechender Beschilderung kenntlich und weist auf die Verbotszone hin.
Für das Landratsamt Berchtesgadener Land und den Nationalpark Berchtesgaden sei die Sperrung »das letzte Mittel«, wie sie in der Mitteilung betonen. Beide Behörden hoffen, mit dieser nun unumgänglichen Maßnahme eine Erholung der Natur von der starken Belastung der vergangenen Jahre zu ermöglichen. Daneben sollen aber auch Besucher und Naturnutzer, insbesondere aus dem Bereich der Neuen Medien, für die Bedürfnisse der Pflanzen- und Tierwelt im Nationalpark sensibilisiert werden und ein Bewusstsein für deren Schutz geweckt werden. Diese Hoffnung spiegelt sich in der Befristung der Verordnung für die kommenden fünf Jahre wider.
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