Die jungen Menschen wanderten auf ihrem Weg zum Wimbachschloss zunächst durch die Wimbachklamm und hörten anschließend auf ihrem Weg zum Wimbachschloss auch Erläuterungen zu den umliegenden Bergen, zum Nationalpark und auch zur Bedeutung des Wimbachs für die Wasserversorgung im Berchtesgadener Land. Nach dem kurzen Abstieg vom Wimbachschloss zum Gedenkkreuz wurde dort erst einmal eine längere Pause eingelegt und nach dem Gedenken an die schrecklichen Ereignisse dieses mittlerweile über 50 Jahre zurückliegenden Tages versammelte sich die Gruppe um Klaus Gerlach, um von seinen Erinnerungen an diesen Tag zu hören.
Sieben Jahre nach Abschluss des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages war das Gebirgsjägerbataillon 232 damals als erster Verband des deutschen Heeres ausgewählt worden, mit der französischen Armee und hier mit dem 27. B.C.A (Bataillon de Chasseurs Alpins) aus Annecy einen einwöchigen Kompanieaustausch durchzuführen. Die 3. Kompanie des Bataillons hatte dazu bereits in der Vorwoche des Unglückstages nach Annecy verlegt und führte dann, betreut von einer französischen Kompanie des 27. B.C.A., Gebirgsausbildung in Chamonix durch. In der Struber Jägerkaserne hatte die betreuende 4. Kompanie des Gebirgsjägerbataillons 232 die Partnerkompanie aus Annecy am Vortag des 7. Juli in der Jägerkaserne empfangen und dann von dort gleich auf den kleinen Gebirgsübungsplatz Reiteralm zur weiteren Ausbildung verlegt. Das Ausbildungsthema für den 7. Juli war die Zusammenarbeit mit Heeresfliegern. Als der Kommandeur des Gebirgsjägerbataillons 232 am Morgen des 7. Juli zur Dienstaufsicht auf der Reiteralm eintraf, war der erste Hubschrauber vom Typ Bell UH-1D, die Unglücksmaschine, gerade gestartet. Nur wenig später traf dann die Nachricht vom Absturz ein.
Der Hubschrauber war im Tiefflug das leicht ansteigende Gelände des Wimbachgrieses nach oben geflogen und der Pilot übersah offensichtlich kurz unterhalb des Wimbachschlosses eine das Kiesbett kreuzende Telefon- und Stromleitung, flog unter dieser hindurch und berührte dabei mit dem Heckrotor das Kabel. Die Maschine wurde dadurch nach oben geschleudert und schlug unmittelbar danach auf. Sie fing sofort Feuer. Keine Überlebenschance – so glaubte man. Es grenzt an ein kleines Wunder, dass man bei den Bergungsarbeiten dann doch noch einen französischen Soldaten, der schwerste Verbrennungen erlitten hatte, bewusstlos unter einem schützenden Wrackteil des Hubschraubers fand. Dieser Soldat gehörte dann auch zu der französischen Abordnung, die sich am 7. Juli 2020 zum 50. Jahrestag des Unglücks am Gedenkkreuz eingefunden hatte
Klaus Gerlach erzählte den Jugendlichen, wie er die Tage um den Unglückstag erlebt hatte. Aus verschiedenen Gründen waren sein Kommandeur, Oberstleutnant Helmut Hasenschwanz, und er an diesem Tag die einzigen Offiziere im Bataillonsstab. Die Bergungsarbeiten mussten koordiniert werden, die vorgesetzten Kommandobehörden wurden informiert und vom Institut für Flugsicherheit in Braunschweig wurde ein Team zur Identifizierung der Toten nach Berchtesgaden beordert, das noch am gleichen Tag eintraf und mit einem erfahrenen Pathologen am Bergfriedhof seine Arbeit aufnahm. Ganz wichtig war auch die Steuerung der Öffentlichkeitsarbeit, weil es zum Schutz der Angehörigen der Verunglückten notwendig war, möglichst nichts Persönliches nach außen zu verlautbaren, ehe die Angehörigen auf angemessenem Weg vom tragischen Unglück informiert worden waren. Die Vorbereitungen zur feierlichen Verabschiedung der toten Soldaten, die noch in der gleichen Woche in der Turnhalle des Bataillons im Technischen Bereich stattfand, mussten getroffen werden. Die deutschen und französischen Soldaten verlegten von der Reiteralm wieder zurück in die Jägerkaserne.
Noch immer lebendig sind für Klaus Gerlach dabei die Erinnerungen, wie er bereits in den Abendstunden des 8, Juli, also am Tag nach dem Unglück, zusammen mit einem französischen Oberleutnant nach Abschluss der Identifizierungsarbeiten in einem großräumigen Zelt auf der Wiese vor dem Bergfriedhof als offizieller Zeuge die Einsargung der verunglückten Kameraden protokollieren musste.
Das schlimme Unglück hat die Verbindung zwischen den beiden Gebirgsjägerbataillonen aus Annecy und aus der Strub aber noch enger gemacht und es war eine geradezu zwingende Entwicklung, dass noch im selben Jahr die Patenschaftsurkunden zwischen beiden Verbänden ausgetauscht werden konnten. Die erste Patenschaft zwischen einem deutschen und einem französischen Verband. Diese Verbindung hat bis heute gehalten und wird weiter gepflegt.
Klaus Gerlach vergaß aber auch nicht, darauf hinzuweisen, dass die engen Verbindungen und zahlreichen Ebenen der Zusammenarbeit, die heute zwischen beiden Ländern bestehen, immer vielfältiger geworden sind. Das geht von der Bildung einer deutsch-französischen Brigade bis zur gemeinsamen Entwicklung und Produktion komplexer Waffensysteme. Diese Entwicklung, wie auch die geradezu vorbildliche deutsch-französische Zusammenarbeit auch in den anderen Bereichen von Wirtschaft, Politik oder auch Bildung und Kultur, haben heute Deutschland und Frankreich zum Motor für die Fortentwicklung der europäischen Einigung gemacht. fb