Lange auf Augenhöhe mit dem Überflieger - aber ohne das Quäntchen Glück: Alexander Zverev hat das Kräftemessen mit Italiens Tennisstar Jannik Sinner verloren und den vorzeitigen Einzug ins Halbfinale der ATP Finals verpasst. Der 28-Jährige musste sich in Turin dem Titelverteidiger und Topfavoriten trotz einer guten Leistung mit 4:6, 3:6 geschlagen geben.
Die rund 13.000 Zuschauer in der Inalpi Arena von Turin applaudierten nicht nur ihrem Liebling, sondern auch Zverev für einen couragierten Auftritt. Doch sieben vergebene Breakchancen waren zu viel für einen Überraschungscoup. Nach 1:37 Stunden verwandelte Sinner seinen ersten Matchball.
»Ich habe versucht, mein bestes Tennis in den entscheidenden Momenten zu spielen«, sagte Sinner: »Ich bin sehr glücklich.«
Titel weiter möglich
Im letzten Gruppenspiel am Freitag hat Zverev damit ein echtes Endspiel um den zweiten Halbfinal-Platz der Björn Borg Gruppe. Der Hamburger trifft dann auf den Kanadier Felix Auger-Aliassime, der nach dem 4:6, 7:6 (9:7), 7:5 gegen Ben Shelton aus den USA ebenfalls eine 1:1-Bilanz aufweist. Der Gewinner qualifiziert sich neben Sinner für die Runde der besten Vier. Das bislang letzte Aufeinandertreffen bei den US Open hatte Zverev gegen den Kanadier in der dritten Runde verloren.
Gegen den Italiener kassierte Zverev die fünfte Niederlage in Folge. Der viermalige Grand-Slam-Turniersieger ist nun seit 28 Spielen auf Hallen-Hartplätzen ungeschlagen und wahrte zudem seine kleine Chance, das Tennis-Jahr als Nummer 1 der Weltrangliste abzuschließen. Er muss den Titel ungeschlagen verteidigen und Alcaraz darf weder am Donnerstag sein letztes Gruppenmatch gegen den Italiener Lorenzo Musetti gewinnen noch das Finale erreichen.
Matchplan? Richtungswechsel und »im Kopf hellwach«
Zverev war sich der Schwere der Aufgabe schon vor dem ersten Aufschlag bewusst. Sinner sei »momentan der beste Spieler auf diesem Belag«, sagte der Olympiasieger von 2021, der vor anderthalb Wochen beeinträchtigt von einem geschwollenen Knöchel eine 0:6, 1:6-Pleite gegen den Südtiroler kassiert hatte.
Diesmal war Zverev fit - und absolut konkurrenzfähig. Gleich im ersten Spiel hatte er zwei Breakmöglichkeiten, die er aber nicht nutzen konnte. Sein Gegner schlug dagegen im ersten schwächeren Aufschlagspiel Zverevs zu und holte sich das Break zum Gewinn des ersten Satzes.
Zverev vergibt zu viele Breakchancen
Bis dahin hatte Zverev gewohnt stark aufgeschlagen und bei seinen Grundschlägen variiert, so dass Sinner sein dominantes Power-Tennis nicht aufziehen konnte. Der Matchplan sah vor, möglichst viele Richtungswechsel einzuschlagen, wie Bruder Mischa Zverev vor dem Match verriet. Außerdem müsse die deutsche Nummer 1 »im Kopf hellwach sein«.
Das war Zverev auch mit Satzrückstand. Im zweiten Satz erspielte er sich gar fünf Breakchancen - doch immer wieder zog Sinner sprichwörtlich den Kopf aus der Schlinge. Aus Ärger über eine angebliche Netzberührung bei einem Sinner-Aufschlag nahm Zverev den Schlägerstiel in den Mund. Wenig später beschwerte er sich beim Schiedsrichter wegen einer LED-Anzeige, die ihn im Spiel störe.
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