An die Bestellung der 130 Tabletten aus dem Ausland wollte sich der selbstständige »Berater ohne Auftrag« nicht erinnern, doch diese Tabletten hätten ihm geholfen. »Falls die ausgehen, erleide ich einen totalen Kontrollverlust«, schilderte der Angeklagte seine Ängste vor »massivsten Entzugserscheinungen«. Mehr als einmal hatten Nachbarn – durch umstürzende Möbel alarmiert – den Notarzt verständigt. Dabei hatte sich der Angeklagte mitunter selbst verletzt und stationäre Klinikaufenthalte zum Teil aus eigener Tasche bezahlt.
Tatsächlich hatte ihm ein Arzt bis kurz vor seinem Ruhestand den gewünschten Wirkstoff Diazepam verschrieben, andere Mediziner sollen ihm jedoch solche Tabletten verweigert haben. »Mich ohne diese Tabletten wieder auf die Straße zu schicken ist ein ärztlicher Kunstfehler«, klagte der 58-Jährige, der mehr als einmal betonte, dass es bei solchen Rückfällen »um Leben und Tod« gehe. Allein deshalb habe er sich einen Vorrat zugelegt. Bei ihm gefunden wurden 180 Tabletten.
»Die Bestellung war dem Suchtdruck geschuldet, die Medikamente dienten nicht zur Berauschung«, anerkannte Staatsanwalt Thomas Langwieder. Er beantragte für den nicht vorbestraften Mann eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 25 Euro. Rechtsanwalt Reinhard Hauff sprach von der »großen Volkskrankheit Alkohol« und empfahl, parallel zur Legalisierung von Cannabis gleich den Alkohol zu verbieten. Auch der Verteidiger betonte, dass Diazepam nicht mit »anderen Drogen« gleichzusetzen sei, weshalb die Geldstrafe nicht höher als 90 Tagessätze à 20 Euro ausfallen sollte.
Den 90 Tagessätzen folgte Richter Josef Haiker, entschied aber auf 25 Euro. Mithilfe seiner Therapeutin sah er den Berater »auf einem guten Weg«. Der 58-Jährige zeigte sich ebenfalls zuversichtlich: »Ich bin fest überzeugt, wieder auf die Beine zu kommen.« Übrigens: Hätte sich der Kurstädter die Tabletten im Inland besorgt, wäre das nicht strafbar gewesen. So aber galt es als »Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in zwei Fällen.« Eine Sendung hatte der Zoll in Frankfurt sichergestellt.
höf