Eine Freude für den Berufsfischer sowie für die Fachberatung für Fischerei des Bezirkes Oberbayern und den Nationalpark Berchtesgaden, die die Wiederansiedlung der Seeforelle gemeinsam vorantreiben; und eine Bestätigung, das Projekt weitere fünf Jahre fortzuführen.
Vergangenen Samstag nun fand die sechste Besatzaktikon statt. Thomas Amort, Josef Mederer, Bezirkstagspräsident von Oberbayern, Dr. Bernhard Gum, Fischereifachberater des Bezirkes Oberbayern, sein Stellvertreter Dr. Leonhard Egg sowie Tilman Piepenbrink, Revierleiter des Nationalparks Königssee, fuhren mit drei Wannen mit wenigen Tagen alten Seeforellen vom Fischbruthaus am Tegernsee mit dem Boot über den Königssee. Zunächst an den Saletbach. Dort setzten sie einen großen Teil der insgesamt rund 10 000 Seeforellen, die sie für diese Besatzaktion dabei hatten, aus. Die anderen ließen sie vom Boot aus wenige Meter vor der Insel St. Bartholomä in den See.
Bei der Besatzaktion maßen der Fischer, die Experten von Bezirk und der Revierleiter des Nationalparks zunächst die Wassertemperatur in den Wannen, etwa 10 Grad. Dann tauchten sie das Thermometer in den Saletbach, circa 5 Grad. Sie gossen Bachwasser in die großen Behälter, um die kleinen Fische an die Temperatur und den Stickstoffgehalt ihres neuen Lebensraumes zu gewöhnen. Dann kescherten sie ein paar Fische aus einer der Wannen, gaben sie in einen mit Bachwasser gefüllten Kübel, um die kleinen Seeforellen hernach in den Bach zu setzen. Der Bezirkstagspräsident half fleißig mit.
Den Saletbach haben die Experten ausgewählt, weil er sich später, wenn die Fische laichen, gut zur Eiablage eignet. Schließlich sollen sich die jungen Seeforellen ja fortpflanzen. Wenn sie mit etwa vier Jahren geschlechtsreif sind, kehren sie an das vertraute Gewässer ihrer Kindheit zurück, weiß Dr. Bernhard Gum.
Nachdem auch der zweite Schwung Seeforellen kurz vor St. Bartholomä in den Königssee entlassen war, kehrten die Herren vom Bezirk und der Revierleiter des Nationalparks noch in Thomas Amorts »Fischerstüberl« auf der Insel ein.
Während der Fischermeister einen Teil des Fanges von Ostern – filetiert, gebeizt und kaltgeräuchert – servierte, tauschten sie sich über das Wiederansiedlungsprojekt aus.
Es war 2018 initiiert worden, weil Thomas Amort Alarm geschlagen hatte, nachdem ihm das völlige Fehlen der Fischart, die einst im Königssee heimisch gewesen war, aufgefallen war.
Obwohl in dem fjordartigen See durch das zunehmend wärmere Wasser noch immer Laichplätze verschlammt sind und der Saletbach zur Laichzeit fortan nicht allzu viel Wasser führt – zwei Gründe, die die Experten für das Aussterben der Seeforelle anführen –, sind die Experten optimistisch, im Königssee erneut eine Population aufbauen zu können.
Der Optimismus ist berechtigt. Denn wenn es sich bei den zwei Seeforellen, die Thomas Amort an Ostern zufällig als »Beifang ins Hechtnetz« gegangen waren, tatsächlich um Fische aus einer früheren Besatzaktion handelt, könnte man durchaus von Erfolg sprechen. »Wir halten aber jetzt den Ball noch flach und prüfen das«, sagte Dr. Bernhard Gum, der eine Probe mit nach Haar bei München nahm, wo die Fachberatung für Fischerei des Bezirkes Oberbayern ihren Sitz hat.
Obwohl im Rahmen des Wiederansiedlungsprojektes jährlich rund 25 000 kleine Seeforellen ausgesetzt werden, wird der Bestand im Königssee nicht an den des Hechtes, Saiblings oder der Renke heranreichen können. »Es werden nur 0,5 bis 1 Prozent überleben«, ist Dr. Leonhard Egg realistisch.
Ein größerer Bestand des Raubfisches ist auch nicht gewollt. »Da fehlt im Königssee die Nahrungsgrundlage«, so Dr. Bernhard Gum. Die Fischbestände im See müssen ausgeglichen sein, sind sich die Experten einig.
Lisa Schuhegger