Dass er selber einmal viele Artikel und andere Publikationen veröffentlichen würde, daran dachte er nicht, als er 1976 dem Verein beitrat. Ein Jahr später war er bereits Beisitzer im Vorstand und 1992 beerbte er Hellmut Schöner und blieb insgesamt 28 Jahre 1. Vorsitzender des Heimatkundevereins.
Für dieses außergewöhnliche Engagement wurde Spiegel-Schmidt am 5. Oktober mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt ausgezeichnet. Dr. Markus Söder würdigte seine Einsatzbereitschaft mit folgenden Worten: »Alfred Spiegel-Schmidt erforschte seit vier Jahrzehnten seine Heimat und ihre Geschichte. Er engagiert sich in zahlreichen lokalgeschichtlichen Rechercheprojekten und bei historischen Fragestellungen. Fast 30 Jahre war er 1. Vorsitzender eines Heimatkundevereins.« Im Jahr 2020 wurde er zum Ehrenmitglied des Heimatkundevereins ernannt und im Jahr darauf erhielt er den »Preis des Heimatkundevereins«.
Spiegel-Schmidts Vorfahren kamen aus Österreich. Er ist am 15. Februar 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, kurz nach der Schlacht um Stalingrad, in Raab (Ungarn) auf die Welt gekommen. Nach der Flucht 1945 fand seine Familie in Kempten zunächst eine neue Heimat. Nach Berchtesgaden kam sie 1958, denn seinem Vater, einem evangelischen Pfarrer, wurde die Pfarrstelle in der Christuskirche angeboten, die er bis 1969 innehatte.
Botschaft des Kreuzgangs entschlüsselt
Von Kindesbeinen an hat er viel Zeit in Innenräumen von Kirchen verbracht und dadurch war ihm die Bildersprache christlicher Kunst vertraut. Das sollte ihm zugutekommen, als er vom Katholischen Bildungswerk gebeten wurde, die Einzelsymbole im romanischen Kreuzgang von Berchtesgaden zu erläutern. Als er anhand von Fotos alle Symbole der Kapitelle zusammenfügte, erkannte er auf einmal deren christliche Aussage. Eine Sensation: So gelang ihm erstmals die Symbolik des Berchtesgadener Kreuzgangs zu entschlüsseln. In dem Buch »Im Stein verborgen – Die Botschaft des romanischen Kreuzgangs in Berchtesgaden«, erschienen im Verlag des Berchtesgadener Anzeigers, schrieb er seine Entdeckungen nieder. Doch damit war sein Interesse am Kreuzgang nicht erloschen, sondern er forschte weiter an dem romanischen Bogengang, denn »er gibt noch sehr viel her«.
Überhaupt beschäftigt er sich lange und intensiv mit einem Thema, sobald es sein Interesse geweckt hat, »denn ich bin selber neugierig und möchte es genau wissen«. Momentan beschäftigt er sich mit Adlerdarstellung an romanischen Kapitellen, die er in Österreich oder auch Italien entdeckt hat. Sie sind nur noch in Fragmenten vorhanden und geben deshalb Rätsel auf. Doch Heimatforscher Spiegel-Schmidt ist sich sicher, dass die Lösung im Berchtesgadener Kreuzgang liegt.
Mit Akribie die Heimat erforscht
Sein Wissen hat sich Spiegel-Schmidt in Jahrzehnten als Sammler, Heimatforscher und Autor von Publikationen zur Ortsgeschichte angeeignet. Er selber bezeichnet sich als Autodidakt, denn beruflich war er als Verwaltungsleiter im Nationalpark bis zu seiner Pensionierung tätig.
Mittlerweile kann er auf eine Vielzahl an Veröffentlichungen blicken. Ab den 80er-Jahren hat er mit großer Leidenschaft und Akribie die Geschichte und Kunst seiner Heimat erforscht und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Er schrieb unter anderem mit in der »Geschichte von Berchtesgaden«, im Ergänzungsband »Berchtesgaden im Wandel der Zeit«, in »Der Russlandfeldzug 1812 und der Salzachkreis«, in einigen Festschriften und verfasste Artikel im »Berchtesgadener Anzeiger«, im Heimatkalender, in der Nationalparkzeitung und im Marktboten.
Gut erinnern kann sich der Jubilar an seine ersten Veröffentlichungen: Die Namensliste der Berchtesgadener Emigranten und die alten Forschungs- und Reiseberichte aus dem Berchtesgadener Land hat er aus Archiven und Bibliotheken mühsam zusammengetragen.
Besonders kontrovers diskutiert wurde sein Beitrag, in dem er aufzeigte, dass das tödliche Unglück im Königssee 1688 nicht an der Falkensteiner Wand stattfand, sondern am Reitl gegenüber von St. Bartholomä. Mit dem Glück des Tüchtigen fand er dann im Salzburger Landesarchiv eine Urkunde, die seine These belegte.
Kunsthistorische Spaziergänge durch den Markt
1988 bot er als Erster kunsthistorische Spaziergänge durch den Markt Berchtesgaden an. Zwei kleine Führer für Kurdirektion und Nationalparkverwaltung stammen aus seiner Feder. Und noch heute nimmt er seine Besucher mit auf eine Reise durch die Jahrhunderte, wenn er beispielsweise eine Führung über den Alten Friedhof unternimmt.
Seine zahlreichen Vorträge sind sorgfältig vorbereitet, außerdem legt er Wert darauf, dass sie stets neue Erkenntnisse enthalten. Seinen nächsten Vortrag hält er am 21. März im Pfarrheim St. Andreas in Berchtesgaden. Beginn ist um 19.30 Uhr. Thema werden unterschiedliche Mariendarstellungen im gesamten Talkessel sein. Dabei wird der Referent ganz besonders auf ihre symbolische Bedeutung eingehen.
Heute an seinem runden Geburtstag feiert Alfred Spiegel-Schmidt im Kreise seiner Familie mit seiner Ehefrau, seinen zwei Kindern und fünf Enkelkindern seinen Ehrentag.
Cornelia Rosenberg