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Sie gehen voller Vorfreude in das Abenteuer Regionalliga 2: der Abteilungsleiter und Sportdirektor der Chiemgau Baskets, Franz Buchenrieder (links), und der neue Chefcoach Aaron Mitchell. (Foto: Brenninger)

»Wir haben keine Angst vor der Liga«

Sie haben einen weiteren erfolgreichen Schritt gemacht! Die Chiemgau Baskets spielen nach der Meisterschaft in der Bayernliga künftig in der Regionalliga 2 – und die Basketballer des TV Traunstein haben dabei ein Ziel vor Augen: Sie wollen die großen Programme aus München, die schon seit Jahrzehnten in der Basketballszene fest etabliert sind, gehörig ärgern. Ab Mitte August bereitet der neue Cheftrainer des TV Traunstein, Aaron Mitchell, die Mannschaft auf die neue Saison vor, die aller Voraussicht nach am 1. Oktober mit einem Heimspiel beginnen wird. Wir haben uns mit Aaron Mitchell und mit Abteilungsleiter und Sportdirektor Franz Buchenrieder über die phänomenale Entwicklung unterhalten.


 

 

Glückwunsch nochmals zur Meisterschaft, haben Sie den Erfolg schon realisiert?

Aaron Mitchell: Es war ja das Ziel des Vereins. Wir wussten von Anfang an, dass uns das gelingen kann. Aber wir wollen jetzt noch viele weitere solcher Schritte machen und unsere Entwicklung fortführen.

Franz Buchenrieder: Das war ein wichtiges Ziel für uns – auch, um in der Basketball-Szene Anerkennung zu bekommen und ernst genommen zu werden. Das haben wir geschafft!

 

Gab es für Sie einen Schlüsselmoment in der Saison, bei dem Sie gewusst haben, jetzt packen wir es?

Buchenrieder: Nachdem wir Dingolfing zuhause haushoch geschlagen haben, wusste ich, dass es gut für uns aussieht. Das war wohl unser bestes Spiel der Saison, da sind wir regelrecht explodiert.

Mitchell: Ja, das würde ich auch sagen. Vor diesem Spiel hatten wir immer mit sehr vielen verletzten Spielern zu kämpfen, waren aber trotzdem in der Lage, vorne zu sein. Im Spiel gegen Dingolfing waren wir erstmals wirklich komplett in dieser Saison angetreten – und das war ein großer Schlüssel, endlich das gesamte Team dabeizuhaben.

 

Es war dennoch bis zum Schluss spannend. Wurmt Sie die Niederlage in Dingolfing am letzten Spieltag noch oder ist das Schnee von gestern?

Mitchell: Als Trainer willst du natürlich immer gewinnen – vor allem das erste und das letzte Spiel einer Saison. Das war auch diesmal so. Aber das Ziel des Clubs war es eben, die Meisterschaft zu holen. Ich bin also vor allem glücklich darüber, was wir die ganze Saison über geschafft haben. Es spielt eine untergeordnete Rolle, dass wir das letzte Spiel der Saison verloren haben.

 

Blicken wir auf die neue Saison voraus. Was ist Stand bei den Planungen?

Buchenrieder: Da sind wir noch mitten im Prozess. Ich will jetzt noch nicht über ungelegte Eier reden.

 

Fest steht aber, dass Chefcoach Tobias Guggenhuber nicht mehr dabei sein wird. Mit Aaron Mitchell rückt der Co-Trainer nach. Wie wichtig ist es denn, dass er das Umfeld in Traunstein schon bestens kennt?

Buchenrieder: Das ist sehr wichtig! Coach A ist meiner Meinung nach mit seiner Erfahrung der überragende Trainer in der Region! Er kennt unseren Verein in- und auswendig. Er kennt jedes Talent und auch die Herren-1-Mannschaft. Das sind perfekte Voraussetzungen.

 

Wie haben Sie Ihr erstes Jahr in Traunstein erlebt, Herr Mitchell?

Mitchell: Der ganze Club ist voller Energie! Die Kinder, die Eltern, die Spieler stehen alle hinter dem Verein! Wir haben alle ein gemeinsames Ziel. Einer der wichtigsten Punkte für mich war, dass ich mit vielen verschiedenen Personen gute Beziehungen aufbauen konnte. Und es ist immer gut, wenn man mit jemandem auf Augenhöhe zusammenarbeiten kann: Das kann ich mit Franz perfekt!

 

Sie haben gesagt, dass Sie in der vergangenen Saison den Keller gebaut haben. Was kommt jetzt dran?

Mitchell: Jetzt gehen wir ins Erdgeschoss und bauen das Wohnzimmer. Es soll ein Ort werden, an dem wir uns wohlfühlen. Aber man muss immer daran denken, dass ein Haus nichts ohne einen guten Keller ist. Wir haben immer noch ein paar Stücke im Keller zu fixieren.

 

Zurück zum Kader: Mit Tom Weber hat einer der Routiniers aufgehört. Wie schwer wiegt der Verlust?

Buchenrieder: Valentin Rausch und Jakob Kock haben auch gesagt, dass sie aufhören. Man muss schon sagen, dass da eine gewisse Zäsur bei uns ansteht. Wir müssen den Kader deutlich verjüngen. Man kann da auch wehmütig werden, aber meine Aufgabe ist es, nach vorne zu schauen. Ich sehe darin auch Chancen. Wir wollen aber für unsere älteren Spieler, die uns verlassen, eine kleine Hall-of-Fame in der Halle machen, um auch die Wertschätzung des Vereins deutlich zu machen. Wir sind voller Freude drüber, was wir gemeinsam mit diesen Spielern in den vergangenen Jahren alles erreicht haben.

 

Was ist mit Markus Haindl?

Buchenrieder: Da gab es schon ein Gespräch. Ein weiteres wird folgen, deshalb kann ich dazu noch nichts sagen.

 

Müssen noch hochkarätige Spieler kommen, um in der Regionalliga 2 bestehen zu können, oder ist die Qualität des Kaders schon jetzt gut genug?

Buchenrieder: Ich glaube, dass wir mit unserem Kader auch in der höheren Liga gut bestehen können. Aber es wird auch bei den ausländischen Spielern Veränderungen geben müssen – allein dadurch, dass nun eine andere Regel greift: In der Regionalliga 2 darf nur maximal ein Nicht-EU-Spieler eingesetzt werden. Also ein US-Amerikaner.

 

Das ist dann Vince Garrett, denn den haben Sie ja schon verpflichtet...

Buchenrieder: Ja genau. Es sieht momentan leider danach aus, dass Kazuhiko Yokoyama und Garric Young nicht spielberechtigt sind, wenn Vince eingesetzt wird.

 

Warum ist das so?

Buchenrieder: Das haben wir uns auch gefragt. Das ist von den Regularien unserer Meinung nach auch inkonsequent: In einer niedrigeren Liga hat man eine offenere Regelung als in einer höheren Liga.

Mitchell: Für uns ist diese Situation jetzt auch sehr schwierig. Wir müssen entscheiden, was das Beste für das Team ist. Wir sind sehr glücklich mit Vince. Er ist eine Persönlichkeit, ein großartiger Spieler und er ist glücklich, hier zu sein. Aber wir wollen jetzt auch nicht zu den anderen Spielern Auf Wiedersehen sagen. Wir geben unser Bestes, dass wir unsere Familie zusammenhalten können.

 

Gibt es Möglichkeiten?

Buchenrieder: Wir suchen danach, aber das ist schon taff! Man muss entweder Vollprofi sein, dann gilt diese Regel komischerweise nicht, oder eben EU-Staatsbürger. Die Jungs kennen die Regel. Die gute Nachricht ist aber, dass sie trotzdem bei uns bleiben wollen!

 

Kommt schon eigener Nachwuchs zur neuen Saison zu den Herren 1 hoch?

Buchenrieder: Wir haben Spieler, denen wir es zutrauen, dass sie über den Sommer den Sprung schaffen können. Da haben wir aber noch viel Arbeit vor uns.

 

Der Sprung ist schon groß...

Buchenrieder: Das ist auch ein Punkt, der uns gerade sehr beschäftigt. Wir planen deshalb auch den Aufbau einer Chiemgau-Akademie. Das heißt, wir bieten dann zusätzlich zum klassischen Team- auch ein Einzeltraining in den einzelnen Altersstufen an. Das ist dann wirklich exklusiv für die Leistungssportler. In der Breite sind wir stark gewachsen in den letzten Jahren mit 50 Prozent Mitgliederzuwachs. Da sind wir recht happy. Aber jetzt geht es darum, auch die Spitze zu formen und den Talenten eine Möglichkeit zu geben, aufzuschließen. Da sind wir jetzt gerade dran. Das ist ein nächster Mosaikstein.

 

Man braucht auch eine starke Zweite Herrenmannschaft, oder?

Buchenrieder: Das ist die Vision. Da brauchen wir aber eben noch mehr Zeit.

 

Was ist das Ziel für die neue Saison?

Buchenrieder: Bevor wir über konkrete Ziele reden können, müssen wir erst noch unsere Hausaufgaben fertig machen.

 

Was dürfen die Traunsteiner Fans erwarten?

Buchenrieder: Für die Fans wird das eine sehr interessante Saison werden! Es ist klar, dass wir die Spiele nicht mehr so dominieren werden. Die Mannschaften, die kommen werden, werden aber sehr viele Talente in ihren Reihen haben. Sprich: Die Spiele werden attraktiv zum Anschauen werden.

Werden dann auch schon Fanclubs anreisen?

Buchenrieder: Das kann ich nicht beantworten. Ich weiß nicht, wie sehr die Fanszene bei unseren Gegnern entwickelt ist.

 

Und was sagen Sie zum Traunsteiner Anhang?

Buchenrieder: Normalerweise ist in unserer Abteilung die Entwicklung sehr kontinuierlich gewesen, aber bei den Fans haben wir einen großen Sprung gemacht! Wir sind begeistert davon, wie wir unterstützt werden.

 

Geht da noch mehr?

Buchenrieder: Definitiv! Das Interesse an Basketball in Traunstein ist sehr groß. Wir arbeiten weiter daran, dass der Samstagsabend-Event uns gehört.

 

Wie schätzen Sie das Niveau in der Regionalliga 2 ein? Kann der TVT dort mithalten?

Mitchell: Die Liga ist gut für uns! Wir sind ein sehr talentiertes Team. Wir bekommen jetzt die Chance, uns auf einem sehr hohen Niveau zu präsentieren. Fest steht aber auch: Die Regionalliga 2 wird eine Herausforderung für uns werden.

Buchenrieder: Wir haben keine Angst vor der Liga! Klar ist aber auch: Die Anforderungen werden wachsen. Wir werden gegen große Münchner Programme antreten. Es sind in der Regionalliga 2 allein sechs Münchner Top-Vereine inklusive Bayern München II vertreten, die alle deutlich größer sind als wir – von der Mitgliederzahl her, von der Erfahrung her. Aber wir freuen uns drauf!

 

Blicken wir bitte nochmals auf die Entwicklung in der Abteilung. Wie geht es in der Nachwuchsarbeit voran?

Mitchell: Wir sind mit unserem Jugendprogramm auf einem sehr guten Weg. Wir etablieren gerade eine sehr gute Mentalität.

Buchenrieder: Ich denke, es war ein Jahr des Lernens. Coach A hat da sehr, sehr viel an positiver Energie reingesteckt. Wir haben auch in diesem Bereich große Fortschritte gemacht und auch gesehen, wo wir stehen. Wir kennen jetzt auch unsere Schwächen.

 

An welchen Stellschrauben wollen Sie drehen?

Buchenrieder: Wir müssen jetzt die Talentförderung etablieren. Die Talente in der Region müssen wissen, dass sie nicht mehr zwingend zu großen Programmen nach München wechseln müssen, sondern auch bei uns eine solide Ausbildung bekommen.

 

Wie soll das gelingen?

Buchenrieder: Wir sind bemüht, weiter hervorragende Trainer nach Traunstein zu holen. Wir bilden auch Trainer aus. Das ist für mich ein ganz großer Schlüssel. Zudem wird es wichtig sein, dass wir in höheren Jugendligen spielen. Wir wollen ein attraktives Angebot bieten, damit die Toptalente auch gerne hier in der Region bleiben. Deshalb sind wir auch im Gespräch mit anderen Vereinen. Wir wollen Kooperationen schaffen.

 

Gibt es in der neuen Saison neue Mannschaften?

Buchenrieder: Ja! Die Zahl der Jugendmannschaften wird sich erhöhen. Wir werden zudem im weiblichen Bereich eine Damenmannschaft und ein U-16-Team ins Rennen schicken.

 

Sie sind 2019 beim TV Traunstein angetreten und haben vieles verändert. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung Ihres Konzepts »New Spirit«, Herr Buchenrieder?

Buchenrieder: Ich habe nicht damit gerechnet, dass der sportliche Erfolg so schnell kommt! Es war aber auch kein Zuckerschlecken. Wenn man Veränderungen in einer Organisation macht, hat man natürlich nicht nur Applaus. Es gibt Bedenkenträger und es ist auch Missgunst vorhanden. Aber das hat mich nicht aufgehalten. Mein Vorteil ist, dass ich eine gewisse Erfahrung in der Sportorganisation habe und schon einmal so einen Prozess mit Landshut begleiten durfte. Das hat mir eine gewisse Sicherheit gegeben.

 

Es werden aber auch mal Rückschläge kommen...

Buchenrieder: Darauf sind wir vorbereitet. Ein berühmter Trainer – Doc Rivers – hat mal, nachdem er darauf hingewiesen wurde, lieber nicht so viel Nähe zu anderen Leuten im Club aufzubauen, weil er am Ende dann nur enttäuscht werden würde, geantwortet: »Na und? Auf dem Weg des Erfolgs sollte man trotzdem ein nahbarer Mensch sein und wenn dann der eine oder andere dich enttäuscht, gehört das zum Prozess.« So sehe ich das auch.

 

Das Ende der Fahnenstange in der Entwicklung der Marke Chiemgau Baskets ist also nicht erreicht?

Buchenrieder: Nein! Man sieht ja unser Riesenpotenzial. Die Region ist sehr attraktiv für Basketball und wir entdecken darin jeden Tag neue Edelsteine.

Stephanie Brenninger

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