Auch wenn man die Ergebnisse der Titelkämpfe auf Skirollern in Oberhof nicht überbewerten dürfe, freut sich die 27-Jährige darüber, dass »es ganz gut geklappt hat. Ich habe bisher einigermaßen gut trainieren können, aber dass es so gut geht, hatte ich trotzdem nicht erwartet.« Eine Woche zuvor hatte Wiesens- arter bei der Biathlon-Sommer-WM im sogenannten Super-Sprint hauchdünn das Finale der besten 30 verfehlt, im »echten« Sprint in Oberhof wurde sie starke Vierte.
Dennoch zeigt sich die Angehörige des Zoll-Skiteams noch zurückhaltend. Zum einen, weil ja jetzt erst noch die entscheidende Phase der Vorbereitung mit dem »Feinschliff« erfolgt, zum anderen, »weil ich auch im vergangenen Winter dachte, es könnte etwas werden, weil ich gut durch die Vorbereitung gekommen war – und dann wurde es doch ein schwieriger Winter«, erinnert sie sich. Das hatte wohl nicht nur körperliche Gründe: »Als ich in Ruhpolding beim Weltcup vor heimischem Publikum antreten durfte, war ich super aufgeregt und habe mich selbst ein bissel zu sehr unter Druck gesetzt.« Das hatte sicher auch mit dem vermeintlichen »Heimvorteil« zu tun, doch im Hinterkopf hatte Wiesensarter zudem, »dass es bei guten Leistungen im Weltcup vielleicht sogar für die Teilnahme an den Olympischen Winterspielen reichen könnte. Ich wusste zwar, dass das mehr ein Traum als ein realistisches Ziel ist – aber ich habe mir eben trotzdem den Druck gemacht.« So gab's in Ruhpolding den 63. Rang im Sprint, wobei sie um 3,9 Sekunden den Verfolgungslauf der besten 60 und damit einen zweiten Einsatz verfehlte.
»Als dann klar war, dass es mit Olympia ohnehin nichts wird, lief es wieder besser«, berichtet Wiesens- arter. So hätte sie als Lohn für starke Leistungen beim IBU-Cup nochmals beim Weltcup in Antholz (Italien) antreten dürfen – »doch dann war ich eine Woche krank, hatte Fieber und Halsweh.« Eine Woche späte bei der Europameisterschaft am Arber ging die Sportlerin des SV Oberteisendorf noch geschwächt in die Rennen, Platz 14 im Einzellauf war unter diesen Umständen ein beachtliches Resultat. Insgesamt wurde Wiesensarter als beste Deutsche Zwölfte der IBU-Cup-Gesamtwertung. Im Winter zuvor war sie Elfte geworden.
Auch das zeigt ihr, dass sie mittlerweile »ein gewisses Grundniveau« erreicht hat – sowohl konditionell als auch von der Komplexleistung her. Daher sollte – wenn sie gesund und von Verletzungen verschont bleibt – im kommenden Winter durchaus ein weiterer Schritt nach vorn möglich sein. »Von der Lauftechnik her passt es bei mir schon sehr gut, auch wenn man trotzdem permanent daran arbeiten muss, sich möglichst noch zu verbessern«, freut sich die 27-Jährige. Freude bereitet ihr auch der neue Gewehrschaft, den sie sich im Frühjahr bauen ließ. »Das taugt mir richtig gut – aber es braucht trotzdem seine Zeit: Zuerst war es sogar ein wenig ein Schritt zurück, aber jetzt habe ich mich schon gut daran gewöhnt. Die Treffsicherheit ist bereits gut. Der nächste Schritt wäre jetzt, auch die Schieß-Geschwindigkeit zu verbessern«, sieht sie noch einiges an Potenzial.
Läuferisch »war es bei der Deutschen Meisterschaft schon gut, wenn auch noch nicht überragend. Aber wir haben bis jetzt auch vorwiegend Grundlagentraining gemacht. Jetzt geht es darum, noch etwas schnellkräftiger zu werden, um gerade im Sprint von Beginn an höhere Geschwindigkeiten laufen zu können.«
Jetzt im Herbst beginne erst so richtig das spezifischere Training. Nach der DM allerdings hatten die Sportlerinnen gut eine Woche Zeit zur freien Verfügung, die Wiesensarter auf besondere Art und Weise nutzte: Mit ihrem Ehemann Sebi fuhr sie in vier Tagesetappen zum Gardasee. Dort gab's noch ein wenig Erholungsurlaub, ehe ab dem morgigen Mittwoch wieder das Mannschaftstraining losgeht. Zu diesem gehören unter anderem auch Mitte Oktober Laufbandtests in Oberhof, »und wenn wir schon dort sind, werden wir vermutlich auch in der Skihalle mal Skitests machen.« Die Schneevorbereitung im Freien dagegen hänge von mehreren Bedingungen ab: Zum einen davon, wo kurz vor Saisonbeginn echter Schnee vorhanden sei, zum anderen davon, wie die finanziellen Bedingungen an den einzelnen Trainingsorten seien. Hier schlagen unter anderem die Folgen die Energiekrise durch: »Zum Teil kosten die Quartiere fast doppelt so viel wie im Vorjahr, da muss der Verband schon sehr genau kalkulieren.«
Letztlich geht es darum, sich bei den Qualifikations-Wettkämpfen in Obertilliach – geplant für den 17. und 18. November – in möglichst gute Form zu bringen. Ob sie sich dort gleich für das Weltcup-Team empfehlen kann oder zunächst einmal »nur« für den IBU-Cup, sollte noch gar nicht so entscheidend sein.
Wichtiger ist es, wie sich die Leistungen im weiteren Saisonverlauf entwickeln. Auch wenn es für Prognosen noch zu früh ist: Die Vorstellungen bei der DM haben Wiesensarter gezeigt, dass es in die richtige Richtung gehen könnte ...
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