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Die Schanzen in Ruhpolding sind zwar schön eingeschneit, aber nicht präpariert – die Großschanze wird schon seit Jahren nicht mehr genutzt. (Foto: Huber)

Dunkle Wolken am Chiemgauer Skisprunghimmel

Engelbert Schweiger, der Leiter der Ruhpoldinger Chiemgau-Arena, hat von seinem Büro aus die Schanzenanlage am Zirmberg immer im Blick, um die Ruhpolding in internationalen Skisprungfachkreisen beneidet wird. Doch für ihn ist das kein Grund zur Freude: Dort springt derzeit niemand, auf der Großschanze bereits seit mehreren Jahren nicht mehr, obwohl die Groß- und Normalschanze Teil des DSV-Bundesstützpunktes Berchtesgaden/Ruhpolding sind.


Das ärgert Schweiger in seiner Funktion als Vorsitzender des Skiverbandes Chiemgau und als ehemaligem Skisprungtrainer. Als in der zweiten Januarhälfte der Ruhpoldinger Skispringer und Olympiasieger Andreas Wellinger auf der Suche nach einer geeigneten Schanze war, um nach seiner Verletzung einige Trainingssprünge zu absolvieren, stand seine Heimschanze nicht zur Verfügung – genauso wenig wie die beiden anderen 90-Meter-Schanzen der Region in Berchtesgaden und Reit im Winkl.

Alle drei Anlagen sind in die Jahre gekommen und haben gravierende Mängel hinsichtlich einer optimalen und zeitgemäßen Winterpräparation sowie in puncto Arbeitssicherheit. Die Schanzen sind auch nicht mehr auf dem Stand der Technik. Träger der Anlagen sind die jeweiligen Kommunen, die zum Teil Finanzierungsprobleme haben. Die Probleme um die Skisprungschanzen im Bereich des Skiverbandes Chiemgau gibt es bereits länger. »Die Situation ist im Grunde genommen ein sportpolitischer Skandal«, erklärt Schweiger, der dunkle Wolken am Chiemgauer Skisprunghimmel sieht.

Konkret geht es ihm um die Stützpunktpolitik des Deutschen Skiverbandes (DSV). Laut Schweiger ist die Verteilung der finanziellen Mittel für den Betrieb und Unterhalt der Sportstätten an Bundesstützpunkten nicht mehr nachvollziehbar: »Die sportliche Leistung der Stützpunktathleten und die sehr gute Nachwuchsarbeit werden nicht mehr belohnt. Ich würde mir mehr Transparenz und Offenlegung der Zuwendungen an die jeweiligen DSV-Bundesstützpunkte wünschen.« Der DSV nehme die Kommunen als Träger der Sportstätten mit ihren finanziellen Problemen nicht richtig ernst. »So geht man mit seinem Partner nicht um, auf den man auch letztendlich in der Trainingsstättenfrage angewiesen ist.«

Der Verband hatte mit dem Standort Großes vor. Doch die versprochene Trainingsstättenförderung von Bundes- und Landesmitteln ist nie eingetroffen. Statt zusätzlicher Mittel wurden auch im erfolgreichen Bundesstützpunktbereich Biathlon/Langlauf die Zuteilung der Bundesmittel seit 2012 erheblich gekürzt.

Mittlerweile trägt die Gemeinde Ruhpolding über die Hälfte der Gesamtaufwendungen für den laufenden Betrieb. Jetzt weigerte sich der Verwaltungsausschuss der Gemeinde, Geld für eine neue Brandmeldelage des großen Schanzenliftes zu investieren, solange nicht ein stützpunktübergreifendes Schanzenkonzept mit klaren Finanzierungsgrundlagen auch für den Betrieb der Anlagen vorliegt.

Engelbert Schweiger hat Verständnis für die Entscheidung – auch wenn das Ergebnis ist, dass in diesem Winter kein Sprungtraining auf der Groß- und Normalschanze stattfinden wird. Mittlerweile ist das für den 21. und 22. Februar geplante FIS-Cup-Springen in Ruhpolding deshalb ebenfalls abgesagt worden.

»Ich bin der Meinung, dass der Skisprung in Deutschland es sich nicht leisten kann, auf die Region mit den noch aktiven Skisprungvereinen und dem vorhandenen Know-how in der Nachwuchsarbeit zu verzichten«, findet Engelbert Schweiger klare Worte. »Die Region braucht nach Jahren des Stillstands und im Olympiazyklus wechselnder Schanzenkonzepte wieder eine sprunganlagenbezogene Perspektive und somit neue Motivation, also eine Grundsatzentscheidung, wie immer die auch aussehen mag.« SHu

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