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Sie betreuen das italienische Biathlon-Team: Dr. Marcel Filipovic (links) und Robert Zollner.

Die Massage-Kabine ist auch ein Beichtstuhl

Wenn es um die Fitness und die medizinische Betreuung der italienischen Spitzen-Biathleten geht, dann haben auch zwei Männer aus dem Landkreis Traunstein ihre Hände im Spiel. Zum einen ist das Dr. Marcel Filipovic, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie vom Ärztering Chiemgau in der orthopädischen Praxis in Ruhpolding, und zum anderen Robert Zollner. Zollner ist Physiotherapeut und sorgt dafür, dass die Skijäger aus Italien geschmeidig durch die Loipen laufen können.


Die beiden kennen sich aus der gemeinsamen Zeit am Klinikum Traunstein. Da der italienische Physiotherapeut an Corona erkrankt war, fragte der Arzt spontan bei Zollner an, ob er in Ruhpolding beim Weltcup als Physio für die italienische Biathlon-Mannschaft einspringen könne. »Ich habe gleich zugesagt. Ich hatte schon Erfahrung mit Sportlern – unter anderem mit dem Traunreuter Boxer Fedor Michel«, so Zollner, der früher selbst im Boxen aktiv gewesen ist.

Eigentlich sollte sein Abstecher zum Biathlon nur einige einmalige Sache sein, aber seine Einsätze häuften sich und nun ist der Therapeut ein fester Bestandteil in der italienischen Crew. Er begleitet das Team als einer von drei Physios bei den Weltcups in Ruhpolding, Hochfilzen und im kommenden Jahr bei der Weltmeisterschaft in Nove Mesto und den beiden Weltcups in Nordamerika.

Meistens hat Zollner auf seiner Pritsche die Herren zur Massage. Je nachdem aber auch die beiden Stars der Frauen, Lisa Vittozzi und Dorothea Wierer. »Das sind alles absolut nette und sympathische Menschen und das macht viel Spaß, mit denen zu arbeiten«, schwärmt der Physiotherapeut von seiner Arbeit.

Ganz fremd sind Zollner die Wintersportler nicht, über elf Jahre hat er mit den DSV-Abfahrern aus dem alpinen Speed-Team zu tun gehabt. Dabei hat er unter anderem Pepi Ferstl, Thomas Dreßen oder Andreas Sander betreut. Eigentlich kommt Robert Zollner aus einem handwerklichen Beruf, hat aber schnell durch seine eigene sportliche Zeit Gefallen am Beruf des Physiotherapeuten gefunden. »Ich habe mich stetig weitergebildet und bin immer mehr in diese Aufgabe hineingewachsen«, schildert er seinen Werdegang. Es ist ein angenehmes Arbeiten in diesem Beruf für ihn, vor allem die Zusammenarbeit mit Trainern, Wissenschaftlern und Ärzten ist eine spannende Angelegenheit.

Oft vergleicht er seine kleine Massage-Kabine mit einem Beichtstuhl. »Die Athleten erzählen einiges und vieles muss in der Kabine bleiben, das bleibt wirklich unter uns«, betont er. »Ich mache das richtig aus Leidenschaft, wenn es auch manchmal nicht immer leicht ist. Sportler sind sehr ungeduldig und wollen sehr schnell wieder fit werden.«

Große Freude herrscht bei Zollner, wenn er an die Olympischen Spiele 2026 in Italien denkt. Schließlich finden die Biathlon-Wettkämpfe in Antholz statt. »Das ist für mich und dem Marcel ein Heimspiel«, sagt er. Dr. Marcel Filipovic ist gebürtiger Südtiroler und ist über Professor Rupert Ketterl vom Klinikum Traunstein zum Biathlon gekommen. Ketterl ist mittlerweile seit Jahren Wettkampfarzt in der Chiemgau-Arena. Er fragte 2013, ob er nicht seinem Team beitreten möchte. Die Zusage habe er bis heute nicht bereut. Dank Professor Ketterl kam er zum Biathlon und ist schließlich seit der Saison 20/21 DSV-Stützpunktarzt für Biathlon. Langlauf, Skisprung und Nordische Kombination in Ruhpolding und Mannschaftsarzt der italienischen Biathlon-Nationalmannschaft. »Als sich Dominik Windisch bei einem Unfall verletzt und die Rippen geprellt hat, kam er zu mir in die Praxis zur Untersuchung und ich bin dann mit den Italienern ins Gespräch gekommen.«

Es folgte eine Einladung nach Antholz zum Essen. »Und plötzlich war das Angebot da, ob ich denn Interesse hätte, zu ihnen ins Ärzteteam zu kommen«, so Dr. Filipovic. Seit der Saison 2020/21 ist er fix im dreiköpfigen Ärzteteam dabei und betreut die Sportler bei den Weltcups und auch bei den sommerlichen Trainingslagern »Wir teilen uns die Einsätze: Ich bin in Oberhof, Hochfilzen und Ruhpolding im Einsatz. Vergangenes Jahr war ich auch bei Olympia in Peking und zuletzt bei der Weltmeisterschaft in Oberhof dabei.« Dort freute er sich besonders über die Goldmedaille seiner Italienerinnen in der Staffel, die sie knapp vor Deutschland gewinnen konnten. Als Arzt trifft er in enger Absprache mit dem Ärzteteam, Betreuern, Trainer und Athleten die optimalen Therapieentscheidungen. Die Möglichkeiten reichen von konservativ bis zu den operativen Methoden.

»Sportler sind oft sehr ungeduldig und man muss sie bremsen und ihnen sagen, dass die Gesundheit vorgeht«, erklärt er. »Einige Leistungssportler sind besondere, aber auch zum Teil sehr spezielle Patienten«, umschreibt er seine Arbeit mit den Sportlern und erzählt, dass es oft viele Gespräche braucht, um ihnen die Maßnahmen zu erklären. »Die Anwesenheit des Arztes ist nicht nur bei Wettkämpfen, sondern speziell bei Trainingslagern, insbesondere beim HIT-Training sehr wichtig«, sagt er. Das ist eine moderne Trainingsmethode, bei der sich kurze Belastungsphasen (20 bis 60 Sekunden) mit kurzen Erholungsphasen (maximal 10 bis 30 Sekunden) mehrmals abwechseln. Dabei gehen die Athleten bis an das Limit ihrer Leistungsfähigkeit.

Durch seine Tätigkeit am DSV-Stützpunkt als Arzt hatte er es bereits in der Vergangenheit mit sehr vielen Sportlern zu tun. In dieser Zeit hat er auch besondere Beziehungen zu einigen Athleten knüpfen können. So kam die erfolgreiche Biathletin Denis Hermann-Wick nach dem Ende ihrer Karriere in seine Praxis und schenkte ihm das »Rote Trikot« der Sprintführenden im Weltcup, dass sie in Antholz getragen hatte.

SHu

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