Der 29 Jahre alte Athlet von der LG Telis Regensburg legte die vergangenen Monate alles auf diesen Tag in Hamburg aus – und es lief bis zum Wettkampf alles wie am Schnürchen. Er stellte in diesem Jahr bereits neue persönliche Bestzeiten über die 21,1 km (1:02:35 Stunden) und über die 10 km (28:47 Minuten) auf. Bis wenige Tage vor dem Wettkampf in Hamburg war er auch zum zweiten Mal in diesem Jahr in Kenia gewesen und bereitete sich dort vier Wochen lang akribisch auf die 42,195 Kilometer in der Hansestadt vor. »Das war eine optimale Vorbereitung und ich bin sehr dankbar gewesen, dass alles so super gelaufen ist«, betonte Abraham im Gespräch mit unserer Sportredaktion. Dementsprechend »selbstbewusst und top motiviert« reiste er nach Hamburg.
Doch dort sollte alles anders kommen. Bereits nach zwölf Kilometern bekam Abraham im Rennen muskuläre Probleme in beiden Oberschenkeln. »Das war ganz komisch«, berichtete er. »Und ich wundere mich immer noch, was das gewesen sein könnte.«
Dennoch biss er die Zähne zusammen und lief lange Zeit vorne mit, damit war die EM-Norm noch immer drin. Doch die Schmerzen gingen nicht weg. Mal waren sie schwächer, mal stärker. »Ab Kilometer 25 wurde es dann richtig schwer«, erzählte der Läufer. »Denn mittlerweile tat mir auch mein Rücken weh.« Abraham kämpfte, doch der Wettkampf wurde von Kilometer zu Kilometer immer mehr zur Plagerei für ihn und die EM-Norm des Deutschen Leichtathletikverbands – sie liegt bei 2:14:30 Stunden – geriet so immer mehr außer Reichweite. Schließlich entschied sich Abraham, aus dem Rennen auszusteigen, um nicht noch eine ernsthafte Verletzung zu riskieren. »Wenn man so früh im Rennen schon Probleme bekommt, dann ist es einfach schwierig, dass man es auch beenden kann«, sagte er.
Was ihn besonders traurig stimmt, ist die Tatsache, dass Hamburg seine letzte Möglichkeit gewesen ist, sich für die European Championships zu qualifizieren. Die Teilnahme in München wäre sein großes Ziel für dieses Jahr gewesen. Das Nominierungsfenster dafür endet nun aber schon an diesem Samstag. »Ich bin schon sehr enttäuscht. Aber ich muss das jetzt so akzeptieren.«
Den Sieg in Hamburg sicherte sich Cybrian Kotut. Der Läufer aus Kenia setzte sich im Endspurt gegen Stephen Kissa aus Uganda durch und blieb mit seiner Zeit von 2:04:47 Stunden auch deutlich unter dem alten Streckenrekord seines Landsmanns Eliud Kipchoge von 2:05:30 Stunden aus dem Jahr 2013. Bei den Frauen sorgte Yalemzerf Yehualaw bei ihrem Marathon-Debüt für eine Überraschung. Die Äthiopierin erreichte das Ziel in der Weltklassezeit von 2:17:23 Stunden und blieb damit ebenfalls deutlich unter dem Streckenrekord ihrer Landsfrau Meselech Melkamu von 2:21:55 Stunden aus dem Jahr 2016.
Gleich nach dem Rennen analysierte Filimon Abraham mit seinem Trainer den Wettkampf. Die beiden sprachen auch darüber, wie es in dieser Saison noch weitergehen könnte. »Zwei, drei Tage muss ich das Ganze jetzt noch verdauen, aber dann werde ich weitermachen«, versprach Abraham. Schon bald wolle er wieder an einer Startlinie stehen, ergänzte er. »Denn die Form ist ja da und körperlich geht es mir auch gut.«
Gut möglich also, dass man Filimon Abraham am Sonntag, 8. Mai, ab 10.10 Uhr in Traunstein laufen sehen wird. Dann findet in der Großen Kreisstadt nach zweijähriger Corona-Pause wieder der Traunsteiner Halbmarathon statt. Dort ist Filimon Abraham bekanntlich Streckenrekordhalter. Diesen stellte er dort 2018 mit 1:10:09 Stunden auf.
SB