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Heidi Sonnenberg (rechts) und ihre Kollegin vom Modegeschäft Lebacher in Waging am See sind fassungslos über den zweiten Lockdown. (Foto: Rasch)

»Wenn wir in einen dritten Lockdown rasseln, des dablos ma nimmer«

Der Lockdown ab Mittwoch bedeutet für den Einzelhandel vor allem eines: Die umsatzstärkste Zeit des Jahres bricht den Geschäften von heute auf morgen weg. Wie geht es den Geschäftsleuten in der Region damit? Das Traunsteiner Tagblatt hat sich umgehört.


Das Kaufhaus Unterforsthuber am Stadtplatz ist seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil Traunsteins und gerade mit seinem breiten Sortiment in der Vorweihnachtszeit ein Anziehungspunkt für alle, die noch auf der Suche nach einem Geschenk sind. »Die Schließung ab Mittwoch ist für uns eine Katastrophe«, sagt Geschäftsführerin Annerose Dirnberger. Aus Erfahrung weiß die Geschäftsfrau, dass die Leute den Weihnachtseinkauf bis kurz vor dem Fest hinauszögern und daher die Zahl derjenigen, die noch Geschenke kaufen müssen, gerade in den Tagen vor dem Heiligen Abend von Tag zu Tag steigen. »Wir haben gehofft, dass mit dem Weihnachtsgeschäft das für den Einzelhandel katastrophale Jahr doch noch ein gutes Ende nimmt«, sagt Dirnberger. Doch daraus wird nichts. Denn nicht nur der Umsatz des Weihnachtsgeschäfts bricht weg, sondern auch der aus der Zeit danach. Zwischen Weihnachten und Neujahr würden viele ihre Geldgeschenke und Gutscheine einlösen, auch der Verkauf von Faschingskostümen fällt aus, bedauert die Geschäftsführerin. Ab Januar muss Dirnberger dann ihre 52 Angestellten in Kurzarbeit schicken. »Bis zum Jahresende ist allerdings noch genug zu tun«, sagt sie.

»Das wird ohne Einnahmen schwierig«

Farben, Haushaltswaren und Bastelbedarf bietet Maxi Prandstätter in ihrem Geschäft in der Poststraße in Teisendorf an. Prandstätter ist praktisch in dem Laden aufgewachsen, den sie von ihren Eltern übernommen hat. Eine Situation wie diese hat sie noch nie erlebt. Dass sie den Laden nun wieder bis in den Januar hinein schließen muss, trifft sie sehr. Die Ferienzeit zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König hätten immer viele Menschen für kleinere und größere Instandsetzungen genutzt. Vor allem in schneearmen Wintern, wenn Skifahren ausfiel, wuchs zum Beispiel der Umsatz bei Farben und Malerutensilien an, weiß die Teisendorferin. Darauf hätte sie auch in diesem Jahr gehofft, weil Skifahren auch wegen Corona erschwert ist. »Im Januar müssen wieder Fixkosten, wie zum Beispiel Versicherungen bezahlt und Rechnungen beglichen werden«, so die Geschäftsfrau, »das wird ohne Einnahmen schwierig«.

»Die Kunden werden online kaufen«

Philipp Spanier, Inhaber des Radlstadl an der Unterwössner Hauptstraße, darf zwar weiterhin öffnen, als Vorsitzender des Wirtschaftsverbands Wössen trifft es ihn dennoch hart, auch wenn er findet: »Es hilft nichts!« Spanier sorgt sich: »Die Einschränkungen im Handel aus dem November boten den Unternehmen zumindest die Hoffnung auf ein gutes Weihnachtsgeschäft. Die Umsätze in dieser Zeit waren vor dem Hintergrund des bisherigen Wirtschaftsjahrs extrem wichtig. Der Lockdown ab Mittwoch trifft deshalb Einzelhandel, Gastronomie und Tourismus stark. Die Kunden werden online kaufen, das bedaure ich sehr.« Spanier appelliert an alle, Händler und Gastronomie im Ort zu unterstützen. »Wir sollten auf sie zugehen und diese Angebote in Anspruch nehmen. Nach Corona werden wir sie alle wieder brauchen.«

Auch das Sportgeschäft Dorner in Reit im Winkl trifft der Lockdown hart. »In den umsatzstärksten Monaten des Jahres geht uns nicht nur ein erheblicher Teil des Weihnachtsgeschäfts verloren, sondern auch noch die Umsätze unserer Gäste zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König«, erklärt Andreas Mühlberger von Sport Dorner. Er hofft, dass die Maßnahmen helfen, die Pandemie in den Griff zu bekommen und so vielleicht doch ein Teil der Wintersaison gerettet werden kann.

Auch in Traunreut sind die Geschäftsleute über den erneuten Lockdown betrübt, wie eine Nachfrage unter den Geschäftsleuten zeigt. Sabine Lukic und Ingeborg Farger-Hartel haben sich den Schritt in die Selbstständigkeit mit einem eigenen Wäschegeschäft in Traunreut auch anders vorgestellt. Im Mai 2019 haben die beiden gelernten Verkäuferinnen das Fachgeschäft »Wäsche & Meer« an der Kantstraße eröffnet. Kaum, dass sie sich mit Tag- und Nachtwäsche, Dessous und Bademoden etabliert hatten, mussten sie wegen des ersten Lockdowns im Frühjahr dieses Jahres schließen. »Da blieb nicht viel Zeit bis zur erneuten Verschärfung Rücklagen auf die Seite zu schaffen«, sagte Farger-Hartel.

Auffallend in den vergangenen Wochen sei gewesen, dass jedes Mal, wenn die Politik neue Beschränkungen angekündigt hat, der Publikumsverkehr in ihrem Geschäft fast zum Stillstand gekommen sei. Dass die Regierung jetzt so kurzfristig gehandelt hat, bedauern sie: »Wenn wir wenigstens noch diese Woche hätten mitnehmen können, wäre das auch im Sinne unsere Kunden gewesen.« Viele Kunden würden auch noch auf ihre Bestellungen warten. Ob und wie die Bestellungen noch raus gegeben werden dürfen, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Unfair finden die beiden geschäftstüchtigen Damen, dass in den Discountern nach wie vor Wäsche und Textilien verkauft werden dürfen.

Textilhandel von Gastronomie abhängig

Fassungslos über die kurzfristige Entscheidung ist man auch im Bekleidungsgeschäft Lebacher in Waging am See. »Ich bin entsetzt, dass das jetzt so kurzfristig entschieden wurde«, sagte die Verkäuferin Heidi Sonnenberg. Wenn das so weitergehe und die Leute zunehmend im Internet einkaufen, werde es einige Läden in Waging nicht mehr geben, ist sie überzeugt. Auch schon vor dem harten Lockdown sei eines zu bemerken gewesen: »Bei den Einschränkungen wegen Corona hängen wir an der Gastronomie dran. Wenn die Leute keinen Anlass mehr haben, brauchen sie auch keine Klamotten«, sagt Sonnenberg.

Ausnahmsweise am Montag hat der Friseursalon Mühlbacher in Waging aufgesperrt und seine Öffnungszeiten auf 20.30 Uhr ausgedehnt – der kurzfristig angesetzte Lockdown zwingt sie dazu. Friseurmeister Bernhard Mühlbacher und sein Team können damit einige Kundentermine vorziehen, die sonst in die Zeit des Lockdowns gefallen wären. Die Uhrzeit ist der Ausgangssperre geschuldet: »Wir schließen um 20.30 Uhr, damit unsere Kunden auch sicher bis 21 Uhr zuhause sind«, sagte er. Die Entscheidung, die verschärften Maßnahmen bis auf den Samstag hinauszuzögern, hätte es seinem Geschäft von der Organisation her leichter gemacht, so Mühlbacher. Er habe nicht damit gerechnet, dass es Friseure treffe, zumal in den Medien nie die Rede gewesen sei, dass die Ansteckung beim Friseur groß sein könnte. Seine Kunden hätten sich strikt an die Hygienevorschriften gehalten und es habe auch keinen Anlass für Kritik gegeben.

Auf Nachfrage des Traunsteiner Tagblatts teilte Mühlberger mit, dass er seinen beiden Mitarbeiterinnen während der Schließtage Urlaub gewähre, um einen vollen Lohnausgleich zu garantieren. Der 52-jährige Friseurmeister sagt aber auch: »Wenn sich nach dem zweiten Lockdown nicht gravierend was ändert, rasseln wir in einen dritten Lockdown – und des dablosma dann nimma«. aha/kon/lukk/ga

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