Trägerin des Ehrenrings
Franziska Hager war Trägerin des Ehrenringes der Stadt Traunstein. Sie bekam diese Auszeichnung im Jahre 1959 für ihre Verdienste um Sitte und Brauchtum des Chiemgaues sowie in Würdigung ihres kulturgeschichtlichen Werkes über den Chiemgau sowie ihre meisterhafte Schilderung von Volk und Landschaft ihrer Heimat.
An Lichtmess, so berichtet Franziska Hager, brannten daheim zumindest soviele Lichter, wie Beter in der Stube waren. Unter dem Tisch flackerte das Licht für die ungetauft verstorbenen Kinder. Auf dem Fußschemel stand die Kerze für die Toten, die vergessen waren. Auf dem Weihwasserkessel an der Tür leuchtete die rote Kerze für den toten Großvater, die weiße für die Großmutter.
Auf der Türklinke brannte ein Licht für alle, die einmal im Haus gelebt haben, damit sie zum Rosenkranz an Lichtmess wieder zurückfinden konnten. Die Kerze sollte der »armen Seele« beim Gang über die Türschwelle leuchten. Das Licht an der Tür schließlich sollte den Feind vom Haus fernhalten.
Fast wie russisch Roulette
Wenn die Zeit für den Rosenkranz in der Stubn gekommen war, schraubte der Hausvater den Docht der Lampe herunter. Er blies die Flamme aus und alle knieten nieder. Vor jedem Betenden brannte ein Licht. Es war ein grausamer Brauch; der, dessen Kerze als erstes erlosch, sollte als erstes sein Lebenslicht verlieren. So kam es, dass einer aus der Hausgemeinschaft vom Lichtmesstag an in Angst lebte. Und doch holten die Menschen aus dem Glauben wieder Kraft.
Wachs gegen Halsweh
Nicht nach jedermanns Geschmack dürften die folgenden von Franziska Hager überlieferten Lichtmessbräuche sein: Drei Tropfen Lichtmesswachs aufs Brot galt als Hausmittel gegen Halsschmerzen, Kopfweh und Fieber. Im selben Glauben verschluckte man den Dochtrest der Kerzen. Eine Pillenkugel Lichtmesswachs, vermischt mit drei Korn Schießpulver, sollte Jäger und Wilderer vor Wundbrand schützen, sofern sie von einem Schuss getroffen wurden.
Für viele Dienstboten war Lichtmess ein Tag des Abschieds. An diesem Tag war Arbeitsplatzwechsel. Neben dem Jahreslohn bekamen die Dienstboten vom Bauern ihr Dienstbüchlein zurück. Was da so drinstand, hat Paul Ernst Rattelmüller anhand einiger Beispiele festgehalten: »Hat getint mit drei und fleis«; oder: »hat sich Threu und fleisig getind und eine gute Aufvirung«, oder: »Eingetreden den 2. Februari 1864 bis auf 2. Febr. 1866 als Thürn (Dirn) im königlichen Beziramd Bogen sie war diese Zeit sehr Threu und Fleisig und beflog (befolgte) eine gute Aufwerung?(Aufführung)«.
Die »Rechte« der Dienstboten
Eine gesetzliche Kündigungsfrist wie heute hat es damals nicht gegeben. Ein Stellenwechsel war nur am Lichtmesstag möglich. Welche »Rechte« ein Dienstbote anno dazumal hatte, stand in der 1781 erlassenen Dienstbotenordnung von Kurfürst Karl Theodor. Paragraph 1 lässt ahnen, welche Stellung die Dienstboten hatten:« Alle Dienstboten auf dem Land müssen wenigstens ein Jahr im Dienst aushalten. Tritt er aus dem Dienst, hat er keinen Anspruch auf Lohn…« Bis ins Jahr 1912 war Lichtmess in Bayern ein offizieller Feiertag. Die Tage nach Lichtmess bis zum 5. Februar waren der Jahresurlaub der Dienstboten und Knechte – vertraglich abgesichertes Nichtstun.
Aber weiter mit der Dienstbotenordnung aus dem Jahr 1781: Kein Dienstbote soll an Sonn- und Feiertagen ohne Bewilligung seines Herrn ausgehen (§ 25) und § 24 schreibt vor, »jeder Hausvater hat Sorge zu tragen, dass die Dienstboten nach Geschlechtern wohl abgesondert werden, alle ungebührlichen Vertraulichkeiten möglichst vermieden bleiben und derselbe solchergestalten bei Gott und der Obrigkeit nichts zu verantworten habe...« Wenn ein Knecht beim Kammerfensterln erwischt wurde, drohten ihm sechs Jahre Militärdienst. Wenn er davonlief, so sollte ihn die hohe Obrigkeit einfangen lassen und in Eisen gelegt zurückbringen.
Was an der Schwelle zum 21. Jahrhundert in Altbayern von den alten Lichtmessbräuchen geblieben ist, sind höchstens noch die Kerzenopfer und die Kerzenweihe. Kaum einer, zumindest in den Städten, der registriert, dass die Tage jetzt langsam wieder heller, lichter werden. Licht ist heute selbst auf dem entlegensten Bauernhof eine Selbstverständlichkeit und längst kein wertvolles Gut mehr wie noch vor 100 Jahren. Klaus Oberkandler