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Diskutierten auf dem Podium (von links): die Landratskandidaten Sepp Konhäuser (SPD), Siegfried Walch (CSU), Heinrich Wallner (Bayernpartei), Andreas Danzer (FW/UW), Helmut Kauer (ÖDP) und Sepp Hohlweger (Grüne). (Foto. Müller)

Von Autobahn-Ausbau bis Zukunft der Kliniken

Traunstein. Rund 300 Besucher kamen ins Annette-Kolb-Gymnasium (AKG), um die Landratskandidaten Siegfried Walch (CSU), Sepp Konhäuser (SPD), Andreas Danzer (FW/UW), Heinrich Wallner (Bayerpartei), Sepp Hohlweger (Grüne) und Helmut Kauer (ÖDP) »direkt kennenzulernen und Fragen zu stellen«, wie Moderator Axel Effner sagte. Um zu verhindern, dass sie einfach ihr Wahlprogramme »runterbeten«, habe man die Themen Jugendhilfe, regenerative Energien, Zukunft des Öffentlichen Personen Nahverkehrs, Kreiskliniken, Tourismus und Infrastrukturausbau gegenüber Flächenschwund ausgesucht, betonte Co-Moderator Christoph Grabner.


Jugendhilfe »grundsätzliches gesellschaftliches Problem«

Vor der Fragerunde hatten die Moderatoren die Bewerber kurz vorgestellt. »Die Jugendhilfe ist eine Pflichtaufgabe des Landkreises«, betonte Helmut Kauer (ÖDP), der die Fragerunde eröffnete. Allerdings sei der Spielraum wegen der Gesetze nicht sehr groß. Auch wenn das teuer sei, setze er auf Prävention, denn ein »Reparaturbetrieb« sei viel teuerer. Siegfried Walch (CSU) sprach hier die Sozialraumorientierung an, das Schaffen von Verhältnissen, mit denen Menschen in schwierigen Lebenslagen besser zurechtkommen sollen. Seit Jahren kämpfe er für einen Systemwechsel und mehr Effizienz.

Die Kosten seien seit den 1990er Jahren von fünf auf 17 Millionen Euro gestiegen, erinnerte Konhäuser und sprach von einem »grundsätzlichen gesellschaftlichen Problem«. Alle oberbayerischen Landkreise seien davon betroffen. Eine Lanze für die »sehr gut aufgestellten Vereine« und ihre Ehrenamtlichen brach Andreas Danzer (FW/UW). Vereine müssten noch mehr vom Landkreis unterstützt werden. Doch müsse man auch auf die offene Jugendarbeit mit entsprechender Betreuung setzen.

Mit Blick auf das Ziel des Landkreises, bis 2030 energieautark zu sein, sei der Ausbau regenerativer Energien alternativlos, so Walch. Er forderte eine bessere Nutzung der Wasserkraft an der Salzach. Dies müsse aber möglichst umweltschonend geschehen, denn die »Natur ist unser höchstes Gut«. Sepp Hohlweger (Grüne) bedauerte den Stopp des Windkraft-Ausbaus, hoffte aber, dass »bald wieder andere Signale kommen«. Hochwasserschutz und Schutz des Eigentums müssten bei der Wasserkraft stärker berücksichtigt werden, forderte er und appellierte, weniger Energie zu verbrauchen.

Geothermie als Projekt für die Zukunft

Eine Geothermie-Bohrung koste bis zu 60 Millionen Euro, bedauerte Kauer. Die Kommunen könnten dies nicht absichern. Der Landkreis müsse aber für die Zukunft potenzielle Geothermie-Flächen erhalten. Um die Energiewende zu meistern, müsse alles auf den Prüfstand, stellte Heinrich Wallner (Bayernpartei) klar. Er kritisierte, dass der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen wurde, ohne sich Gedanken über die Sicherstellung der Energieversorgung gemacht zu haben.

Für den ÖPNV brauche man laut Danzer ein Gesamtkonzept, bei dem das Fahrgastverhalten berücksichtigt werde. Die zu wenig genutzte »Traun-Alz-Bahn« und die Anbindung an Traunreut gelte es »attraktiver zu machen«, forderte Kauer. Hohlweger warb für ein »flexibleres System« mit regelmäßigeren Busverbindungen. In einem Pilotprojekt könnte man das testen. Wallner brachte eine »Chiemgau-Card« ins Spiel.

Kliniken in kommunaler Trägerschaft halten

Was die sechs Kreiskliniken in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land anbelange, sei es wichtig, dass die Trägerschaft in kommunaler Hand bleibe. Nur dann könne die medizinische Versorgung dauerhaft sichergestellt werden. Falls die Klinik Ruhpolding finanzielles »Sorgenkind« bleibe, brauche man andere Lösungen, so Wallner.

Konhäuser verteidigte das Konsolidierungsprogramm, bei dem bis 2016 zehn Millionen Euro gespart werden sollen – aber keinesfalls auf dem Rücken der Beschäftigten. Man müsse sich auch auf die Einnahmen konzentrieren und nicht nur auf Einsparungen setzen, fügte Walch dazu an. Die Bedürfnisse der Kliniken mehr zu beachten, regte Hohlweger an. Einig war man sich, dass das Wohl der Patienten im Mittelpunkt stehen müsse.

Auch die ungewisse Zukunft der Kreisaltenheime wurde kurz angesprochen. In Grabenstätt sei zuletzt aufgrund der Nachfrage auf Einzelzimmer umgestellt worden, was die Einnahmen verringere, so Danzer. Die kassenärztliche Vereinigung verteile das Geld falsch, meinte er zum Thema Hausärzteversorgung.

»Wir pflastern den Landkreis nicht zu«, beantwortete Konhäuser eine Frage zum Ausbau der Infrastruktur und zum Flächenschwund. Die gute Infrastruktur trage entscheidend dazu bei, dass die Arbeitslosigkeit nur bei drei und die Jugendarbeitslosigkeit sogar unter zwei Prozent liege. Hier sei man europaweit spitze.

Unterschiedliche Meinungen zum Autobahn-Ausbau

Nicht noch mehr Einzelhandelsflächen auszuweisen, forderte Sepp Hohlweger. Das Zentrum solle in den Dörfern bleiben. Wallner sprach sich für gemeindeübergreifende Gewerbegebiete aus. Der sechsspurige Ausbau der Autobahn mit Standstreifen sei »notwendig für unseren Wirtschaftsstandort«, zeigte sich Danzer überzeugt.

»Vier Spuren mit Standstreifen reichen aus«, alles andere wäre eine Verschwendung von Steuergeldern, widersprach Hohlweger. Der Tourismus sei nach wie vor ein »erheblicher Wirtschaftsfaktor«. Um den Trend der rückläufigen Übernachtungszahlen zu stoppen, gelte es aber die Kleinvermieter zu stärken, so Hohlweger, Verfechter des sanften Tourismus.

Wallner prangerte an, dass es kaum Hotels gebe, in denen größere Personengruppen, wie im Vorjahr ein 50-köpfiges Film-Team, untergebracht werden könnten. »Wir brauchen wieder mehr Betten«, betonte Konhäuser und verwies darauf, dass in den letzten zehn Jahren 15 000 Betten verloren gegangen seien.

Alle Kandidaten waren für einen gentechnikfreien Landkreis. Luft und Wind kennen keine Grenzen, meinte Konhäuser dazu. Er traue sich das Amt des Landrats zu und bringe auch genügend Erfahrung in Unternehmens- und Mitarbeiterführung mit, beantwortete der 29-jährige Walch die kritische Frage eines Besuchers nach seinem Alter. Einigkeit bestand auf dem Podium auch darin, dass man Produkte aus der Region fördern solle. Dies sei sicher auch im Sinne der Urlauber. mmü

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