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Die Proteste der Bürger gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP gehen auch am Traunsteiner Stadtrat nicht vorbei. Einstimmig entschied das Gremium in seiner Jahresabschlusssitzung daher, dem Antrag der CSU-Fraktion zu folgen, und den Verhandlungsführern wichtige Grundsätze mitzugeben, die sie verteidigen sollten. (Foto: dpa)

TTIP ja, aber zu europäischen Standards

Traunstein – Auch wenn es eigentlich nicht vorgesehen ist, dass sich Kommunalparlamente zu Fragen des Transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP äußern, so stand das Thema dennoch auf der Tagesordnung der letzten Stadtratssitzung in diesem Jahr (wir berichteten), weil kommunale Belange berührt werden. Und so beschloss der Stadtrat einstimmig, dem Antrag der CSU-Fraktion zu folgen. Demzufolge fordert der Stadtrat die Abgeordneten im Bundestag und im Europäischen Parlament auf, im Rahmen der Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass wesentliche Grundsätze eingehalten werden.


»Auch CETA und CIPRA vor dem Durchwinken«

Hatte die SPD-Stadtratsfraktion zunächst die totale Ablehnung des Abkommens gefordert, so sagte Dritte Bürgermeisterin Waltraud Wiesholler-Niederlöhner (SPD), »der Antrag der CSU ist sehr gut und ausgewogen formuliert. Und eine komplette Ablehnung des Abkommens werden wir nicht kriegen.« Ingrid Bödeker (SPD) ergänzte, die SPD könne den CSU-Antrag mittragen, denn es gehe darum, »dass wir als Gremium sagen: So nicht, wir möchten das modifiziert haben.« Auch Dr. Thomas Graf (Traunsteiner Liste) fand den Antrag in Ordnung, allerdings hätte er den Erhalt der kommunalen Daseinsvorsorge gern erweitert auf die weiteren Abkommen CETA und CIPRA, die vor dem Durchwinken stünden. Auch Burgi Mörtl-Körner (Grüne) fand den Antrag der CSU in Ordnung, »aber für mich ist klar, dass der Vertrag in der Form abgelehnt werden muss. Alles andere wäre eine Katastrophe.«

Und so fordert der Stadtrat die Verhandlungsführer auf, dafür zu sorgen, dass die hohen europäischen Standards beim Umwelt- und Verbraucherschutz, in der Landwirtschaft, bei der Lebensmittelsicherheit und dem Arbeitnehmerschutz erhalten bleiben. Im Gegenteil sollten die europäischen Standards auch für andere Nationen Geltung erlangen. »Die Einfuhr von Chlorhähnchen, Klonfleisch oder anderen genveränderten Lebensmitteln ist abzulehnen. Unsere strikten Regeln gegen Gentechnik oder Hormonfleisch dürfen nicht zur Disposition stehen. Die Zwangsprivatisierung der kommunalen Wasserversorgung und Eingriffe in andere Dienstleistungen des öffentlichen Interesses durch das Freihandelsabkommen lehnen wir ab. Die kommunale Daseinsvorsorge muss auch in einem Freihandelsabkommen geschützt bleiben«, heißt es in dem Schreiben des Stadtrats an die Abgeordneten.

Beim Investitionsschutz sei sicherzustellen, dass die Gesetzgebungs- und Regelungskompetenz der EU und der Mitgliedsstaaten nicht ausgehebelt werden könne. Streitigkeiten über den Investitionsschutz müssten der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegen und nicht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. »Wir sind der Ansicht, dass grundsätzlich mit hoch entwickelten Rechtsstaaten, wie den USA, keine gesonderten Investitionsschutzabkommen abgeschlossen oder Investitionsschutzregeln in Freihandelsabkommen aufgenommen werden sollten«, so der Antrag, den Dr. Christian Hümmer als Fraktionsvorsitzender stellte. Falls doch, sei auszuschließen, »dass das demokratische Recht, allgemeine Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu schaffen, gefährdet, ausgehebelt oder umgangen wird oder dass ein Marktzugang, der solchen Regeln widerspricht, einklagbar wird.«

Letzter Punkt, den die CSU-Stadtratsfraktion und letztlich der gesamte Stadtrat forderten, war mehr Transparenz bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen. »Wir fordern einen offenen Dialog mit der Bevölkerung und treten für mehr Beteiligung der nationalen Parlamente ein.«

»Die Musik spielt doch viel weiter im Osten«

»Wir sollten nicht so tun, als ob das Abkommen schon beschlossen wäre«, erklärte Dr. Christian Hümmer in der Stadtratssitzung. »Den endverhandelten Zustand gibt es noch nicht«. Generell aber sei das Abkommen für die deutsche Wirtschaft grundsätzlich schon notwendig, wenn die Standards eingehalten werden. Das mögliche Potenzial des Freihandelsabkommens für die Exportnation Deutschland, für Wachstum und Arbeitsplätze sollte nicht vernachlässigt werden. »Auch in unserer Region hängen viele Arbeitsplätze vom Export ab. Und die Musik spielt ja nicht zwischen EU und USA, sondern viel weiter im Osten zwischen EU und USA gegen Indien und China«, so Hümmer abschließend. coho

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