Bei der Aufhängaktion fragte ein zufälliger Beobachter zwar »was habt‘s denn da für Hadern aufghängt?«, aber schon bei etwas näherem Hinsehen wird jeder schnell erkennen, dass es sich keineswegs um Putzlumpen handeln kann, sondern um ausgesprochen fantasievoll gestaltete Fahnen, die oft bunte Bilder mit ganz unterschiedlichen Motiven enthalten, manchmal auch geschriebene politische Botschaften – zum Beispiel die Aufschrift »70 Jahre Frieden«, allerdings mit Trauerflor eingerahmt, oder das grafisch gestaltete Wort G - FOLG - SCHAF - T, umgeben von lauter gleich gemalten Männchen, was ebenfalls zum Nachdenken anregen könnte. Motive sind auch eine Weltenkugel, umgeben von unzähligen kleinen Flaggen aus vielen Ländern, oder ganz konkrete Kleidungsstücke oder Menschen.
Alle Fahnen sind auf speziellem, Wasser abweisenden Stoff mit eigenen Stofffarben gemalt. »Unsere Intention war es, den Leuten die Präsenz des Kunstvereins Traunstein noch mehr ins Bewusstsein zu bringen«, erklärt Herbert Stahl, Vorsitzender des Kunstverein Traunstein, die Hängeaktion. Auch die Identifikation der Künstler mit ihrer Stadt sollte gestärkt werden. Dabei seien alle begeistert bei der Sache gewesen. Manche arbeiteten ihre Fahnen im eigenen Atelier aus, viele trafen sich aber an neun Abenden zum Malen in der Reiffenstuel-Realschule, die einen Raum zur Verfügung gestellt hatte.
Nicht nur junge, sondern auch bereits hochbetagte Mitglieder des Kunstvereins beteiligten sich begeistert an der Aktion. Die mit 94 Jahren älteste Teilnehmerin Hildegard Bauer-Lagally hat zum Beispiel einen goldgelben bayrischen Löwen auf blauem Grund nach einer Vorlage aus dem Stickbuch ihrer Großmutter gemalt, auch Hans Herbert Hartwieg und Heinrich Stichter beteiligten sich mit geometrischen Figuren, Konrad Kurz mit einer seiner Skulpturen, gedruckt auf eine Fahne, oder Liesbeth Wohrizek und Hermann Wagner, die sogar vier bunte Fahnen mit abstrakten Motiven gestalteten.
Was das Material betrifft, wurden die Künstler bei diesem Projekt des Kunstvereins finanziell nicht belastet: Da die Fahnenaktion im Rahmen der Chiemgauer Kulturtage stattfindet, gibt es Zuschüsse vom Bezirk Oberbayern, den Rest der Kosten trägt der Kulturverein Traunstein.
Die Fahnen, auch am Maxplatz, am Karl-Theodor-Platz und vor dem Parkhotel zu bewundern, bleiben bis in den November hängen. Offizielle Einweihung der Fahnen ist am Stadtplatz am Samstag, 20. Juni, um 11 Uhr mit Oberbür-germeister Christian Kegel. gi