»Hinter jedem Asylbewerber steht ein Schicksal«
»Hinter jedem Asylbewerber steht ein Schicksal«, sagte Müller. Bayern stehe zu seiner Verantwortung und habe die Mittel für Asylsozialberatung auf 5,1 Millionen Euro erhöht. Insgesamt wende ihr Ministerium 375 Millionen Euro dafür auf.
Es gehe um ein Thema, dessen Dimension vielen noch nicht voll bewusst sei und hinter dem viele Emotionen, aber auch Missverständnisse steckten, sagte Steiner dazu. Zuwanderung in den Arbeitsmarkt, politische Verfolgung, Armutszuwanderung und Bürgerkriegsflüchtlinge müsse man in der Diskussion auseinanderhalten. Bei allem müsse man jeden Einreisenden menschenwürdig behandeln, aber auch klar die Perspektiven aufzeigen.
Auch eine Willkommenskultur dürfe nicht verschleiern, dass allein in Libyen zirka 600 000 Menschen auf die Einreise in die EU warten, »wir diesen Menschen keine Perspektive bieten können und unser Asylrecht für diejenigen reserviert bleiben muss, die in ihrem Land um Leib und Leben fürchten müssen«. Das Bundesinnenministerium erwarte heuer bis zu 200 000 Asylbewerber. Die wenigsten in Italien gestrandeten Flüchtlinge blieben dort. Bei der Fülle der Angebote könne er nicht nachvollziehen, dass Bayern im Landtag und von Verbänden als unmenschlich bezeichnet werde.
In Engelsberg gibt es seit 35 Jahren ein Asylbewerberheim. Laut Bürgermeister Martin Lackner funktioniere die Betreuung dank ehrenamtlichen Engagements und der Diakonie gut. »Aber wir brauchen mehr personelle und finanzielle Unterstützung des Freistaates, etwa durch den hohen Verwaltungsaufwand in der Gemeinde.« Gleiches gelte für Obdachlose und anerkannte Asylbewerber. Die Ministerin sagte zu, diese Fragen zu prüfen.
Zur Frage von Grassaus Bürgermeister Rudi Jantke sagte sie, Asylbewerber dürften künftig nach drei Monaten Aufenthalt arbeiten. Sie, aber auch Manfred Kink von der Ausländerbehörde im Landratsamt, gaben zu bedenken, dass mit einer zu frühen Arbeitsgenehmigung vor dem Abschluss des Anerkennungsverfahrens auch ein falsches Signal in die Herkunftsländer gegeben werde, was wiederum kriminelle Schleuser nutzten. Bis zu 15 000 Euro pro Kopf kassierten diese. Dadurch gerieten die Menschen in den Herkunftsländern noch mehr unter Druck. Denn schon jetzt zahle oft die ganze Familie die Schleusungskosten für ein Familienmitglied.
Eine große Herausforderung seien die unbegleiteten Jugendlichen, die durch die Schleusung oft mehrfach traumatisiert seien. Oft fehlten nicht nur Räume, sondern auch Personal, wie Diakonie-Geschäftsführer Thomas Zugehör einbrachte. Dazu sagte Jantke, in Grassau gebe es seit 27 Jahren ein Asylbewerberheim für bis zu 150 Menschen. Die Kinder dieser Familien kämen natürlich auch in den Kindergarten, brauchten aber nach den Erlebnissen auf der Flucht oft mehr Betreuung. Hier wünsche er sich einen besseren Personalschlüssel.
Müller sagte dazu, sie sehe das Problem auch vor dem Hintergrund eines Fachkräftemangels. Doch müssten Lösungen gefunden werden, von denen alle Kinder profitierten.
Landkreis Traunstein muss 704 Menschen aufnehmen
Einen großen Teil der Diskussion nahm das Thema Unterbringung ein. Der Landkreis Traunstein müsse nach den aktuellen Zahlen 704 Hilfe suchende Menschen aufnehmen. Landrat Siegfried Walch meinte dazu, der Landkreis lote bereits Möglichkeiten zur Unterbringung aus. Er sicherte zu, frühzeitig mit den Bürgermeistern in Kontakt zu treten. Er hoffe, dass sich auch die anderen Landkreise ihrer Verantwortung bewusst seien und für entsprechenden Raum sorgten. »Der Landkreis steht zu seiner Verantwortung, aber wir brauchen mehr Vorlauf und eine frühere Information über Zuweisungen von Asylbewerbern«, betonte der Landrat.
Wenig Hoffnung auf Verbesserung der Situation
Angesichts der prognostizierten 200 000 zusätzlichen Asylbewerber machte Regierungsvizepräsidentin Maria Els Bürgermeistern und Landrat keine großen Hoffnungen auf eine Verbesserung der Situation. »Wir stehen selbst mit dem Rücken zur Wand und müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Unterkünfte zu finden.« Angesichts der zum Teil dramatischen Entwicklung der Einreisezahlen würden die Zuweisungsfristen eher kürzer.
Zur Eignung der Unterkünfte meinte Müller, angesichts der massiven Zunahme an Asylbewerbern bestünden keine großen Wahlmöglichkeiten. Sie könne es nicht nachvollziehen, wenn Asylbewerber aus dem Senegal bereits einen Tag nach der Ankunft ein Biwak vor dem Ministerium errichteten und gegen ihre zugewiesenen niederbayerischen Aufenthaltsort demonstrierten, weil dieser zu abgelegen sei. MP