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»Schmutz und Ungeziefer gehen gar nicht«

Unterwössen. Wenn Gert Schickling auf einem Bauernhof auftaucht, dann wird der Betrieb auf Herz und Nieren geprüft. Da macht der Unterwössener auch mit einem Kamerateam im Schlepptau keine Ausnahme. »Die Bestimmungen halte ich streng ein«, sagt der 68-Jährige, der zuletzt in zehn Folgen des »Bauernhoftesters« im Bayerischen Fernsehen zu sehen war. Auch wenn die einzelnen Szenen in Küche, Bad und Schlafzimmer fast immer mehrmals und aus verschiedenen Blickwinkeln gedreht werden, zählen die gesammelten Plus- und Minuspunkte für die reale Prüfungsnote.


»Bei der ersten Folge war ich ziemlich nervös«

Dass die sympathische Art des Unterwösseners beim Fernsehzuschauer ankommt, dass belegen die guten Einschaltquoten des Bauernhoftesters. Dabei hätte sich Gert Schickling vor zwei Jahren noch nicht vorstellen können, dass er einmal vor einer Fernsehkamera stehen wird. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Hotelbetriebswirt und Mitglied von mehreren Prüfungskommissionen wurde er zum Casting eingeladen. Nach drei Wochen hatte er das Ganze schon fast wieder vergessen, als er von der Produktionsfirma die Zusage erhielt.

»Bei der ersten Folge war ich dann aber doch ziemlich nervös«, verrät der 68-Jährige. Doch es ging alles glatt und er wurde von Dreh zu Dreh sicherer. Mittlerweile hat er nicht nur in seinem Wohnort viele Fans. Seit vier Jahren lebt der gebürtige Allgäuer, der in Nürnberg aufwuchs, in Unterwössen. Mittlerweile kennt ihn fast jeder im Ort und es passiert öfters, dass er gefragt wird: »Herr, Schickling, wann drehen sie denn endlich wieder?« Dies steht momentan noch nicht fest und der Familienvater widmet sich stattdessen seiner freiberuflichen Tätigkeit als Hotelberater und Tester von Ferienwohnungen und Hotels. Sein Wissen dafür hat er jahrelang in der Praxis gesammelt. Denn über zehn Jahre lang hatte er unter anderem ein Drei-Sterne-Haus mit 50 Betten in Reit im Winkl geführt.

Die Prüfungen auf Bauernhöfen führt er seit 25 Jahren nebenbei für die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft durch. Er ist aber auch Mitglied einer Kommission der Bayern Tourist GmbH, die im Auftrag des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, die einzelnen Betriebe prüft. In beiden Fällen geht es am Ende um die berühmten Sterne, die in den Kategorien »Eins« bis »Fünf« vergeben werden.

Die Prüfungen, sie sind fast immer angekündigt, laufen bei Gert Schickling immer nach einem ähnlichen Muster ab. So gibt es einen Anforderungskatalog, den es abzuarbeiten gilt. Fotos belegen dann die vorgefundene Situation. Geprüft wird unter anderem die Größe des Zimmers, die Garderobe und Schuhablage, das Küchenmobiliar oder der Lattenrost und die Matratzen.

Für jedes Kriterium werden unterschiedlich hohe Plus- oder Minuspunkte vergeben. So gibt es für ein Badezimmer mit Badewanne und Dusche sehr viele Punkte, während eine fehlende Beleuchtung am Waschbecken eine Reihe von negativen Punkten einbringt. Am Ende wird zusammengezählt. »Doch nicht nur die Gesamtpunktzahl entscheidet, sondern es müssen auch einige Mindestkriterien für bestimmte Sterne erfüllt werden«, erklärt Schickling.

»Der Gast erwartet unvergessliche Erlebnisse«

Ein absolutes »No-Go« für den 68-Jährigen sind bei einer Prüfung aber Schmutz und Ungeziefer. »Auch ein veraltetes Mobiliar und ein unfreundlicher Service gehen heute einfach nicht mehr.« Zum Glück würden diese Fälle aber nur sehr selten vorkommen. »Die Mehrzahl der Betriebe sind gut«, bringt er es auf den Punkt.

Besonders gut findet es Schickling, wenn sich die Anbieter von Ferienwohnungen etwas Besonderes überlegen. Das könne zum Beispiel ein Gastgeberfrühstück sein, über das sich die Gäste – 80 Prozent kommen aus den Großstädten – sehr freuen. Aber auch mit einem Kneippangebot oder Themenwanderungen in der Natur könnte der einzelne Betrieb punkten. »Der Gast erwartet unvergessliche Erlebnisse, von denen er noch jahrelang erzählen kann.« Für einen positiven Eindruck würden auch kleine Gastgeschenke helfen.

Um diese Tipps an die Betriebe weiterzugeben und sie zu testen, ist der 68-Jährige im Monat zwölf bis 14 Tage unterwegs. Den Rest verbringt er mit seiner Frau in Unterwössen, wo es ihm besonders sein Garten angetan hat. Dort kann er sich richtig entspannen und über seine weitere Zukunft als Bauernhoftester im Fernsehen nachdenken. Denn während die Fortsetzung im Bayerischen Fernsehen noch nicht sicher ist, haben die Österreicher für eine ähnliche Serie bei dem Achenthaler bereits angefragt. apo

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