Mit Blick auf die Terroranschläge in Ansbach und Würzburg machte Roth deutlich: »Der Terror ist auch in Bayern angekommen.« Terror sei aber nicht zuletzt aufgrund der Anschläge in Paris, Istanbul und Jerusalem ein internationales Problem, dessen Bekämpfung auch auf internationaler Ebene erfolgen müsse. Neben der Innen- und Außenpolitik sei es hier wichtig, die Entwicklungs- und Bildungspolitik in die Problemlösung mit einzubeziehen.
Besinnung auf Europas historische Werte
In »aufgebrachten und polarisierenden Zeiten« sei es wichtig, an den humanistischen Werten festzuhalten, für die »Good Old Europe« stehe. Dazu gehöre auch das Recht auf Bildung, Gesundheit und Freiheit. Bei den Bürgern müsse man wieder das Vertrauen in Europa stärken, wenngleich sie viel Verbesserungsbedarf erkenne, betonte die 61-Jährige. »Aber dass wir 70 Jahre in Europa in Frieden leben dürfen, hat auch etwas mit Europa zu tun.« Dies müsse man gerade auch der jungen Generation deutlich machen.
Entsprechend sehe sie 2017 als ein »Jahr der Demokratie, der Grundrechte und Verfassung«. Sie reklamierte den Schutz von Ehe und Familie, was auch bedeute, dass man Familien von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Deutschland zusammenführen müsse. »Die bescheuerte Debatte um sichere Herkunftsländer ist der Versuch, das individuelle Recht auf Asyl zu beschränken.«
Man könne Asyl nicht quotieren, sagte sie mit Blick auf die CSU-Forderung, die Gewährung auf 200 000 Menschen pro Jahr zu begrenzen. »Ich hoffe, dass Frau Merkel standhält. Sie ist unserer Verfassung verpflichtet«, befeuerte sie den Dauerkonflikt zwischen CDU und CSU in der Asylfrage. Während die Grünen ein Einwanderungsgesetz forderten, würde die CSU, der sie Realitätsverlust attestierte, versuchen, diese zu begrenzen.
Hart ins Gericht ging sie mit den Gesetzesverschärfungen zur Abschiebung von Asylbewerbern. Der Fokus liege inzwischen nicht auf der Hilfe für die Menschen, sondern darauf, wie man Menschen wieder aus Deutschland abschieben könne. »Und eines ist ganz klar und 100 Prozent sicher: Afghanistan ist nicht sicher.« Diese Einschätzung stütze sich auch auf aktuelle Positionen der UNO. Das Bundeswehrmandat für Afghanistan sei erst kürzlich vom Deutschen Bundestag verlängert worden. Dort habe die Regierung die Situation in der Debatte anders gedeutet, weil es um die Verlängerung des Einsatzes ging. »Wir definieren die Realität um. Das beschädigt unser Wertefundament der Demokratie.«
Verständnis für die Sorgen der Bürger
»Ängste ernst zu nehmen und nicht zu schüren erwarte ich in der Sicherheitsdebatte«, betonte sie in Bezug auf den Terroranschlag in Berlin. »Da muss das Parlament aufstehen. Alles muss auf den Tisch, demokratische Kontrolle muss her – und die wird leider immer noch systematisch blockiert«, sagte sie mit Blick auf die Pannen von Politik und Behörden im Fall Anis Amri. Die derzeitige Sicherheitsarchitektur weist ihrer Überzeugung nach viele Fehler auf. Das »extrem lockere Waffenrecht« in Deutschland müsse verschärft werden. Aber die »Sicherheitspartei Nummer eins«, die CSU, blockiere die Verschärfung.
Gegen rechtspopulistische Stimmungsmache
Trotz der ersten Vorboten zu einem harten und hitzigen Bundeswahlkampf wies sie auf die Bedeutung hin, dass die demokratischen Parteien miteinander reden und vernünftig umgehen müssten. Roth betonte, dass bewusste Falschmeldungen, sogenannte »Fake News«, Stimmung machen würden. Dies gelte beispielsweise auch für den Versuch der medialen Einflussnahme Russlands in Deutschland. Demokratische Politik müsse hier einen klaren Weg weitergehen. Es gelte, sich gegen rechtspopulistische Stimmungsmache, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie zu positionieren.
Dass man mit den Verschärfungen des Asylrechts nicht einverstanden sei, machte auch der Stimmkreiskandidat der Grünen, Andreas Herden, deutlich. Es brauche ein klares Nein auch von Landesregierungen, in denen Grüne in Regierungsverantwortung seien, sagte er und mahnte die Einhaltung von Menschenwürde und Menschenrechten an.
Landtagsabgeordnete Gisela Sengl wies auf die Bedeutung des laufenden Jahres mit der Bundestagswahl im September hin und verglich die aktuelle Situation mit Anfang der 1990er Jahre, als im Jahr 1992 »Politikverdrossenheit« von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gekürt worden war. Politikverdrossenheit habe auch etwas mit der Bequemlichkeit der Bürger zu tun, sagte sie und lobte darum ehrenamtliches Engagement auf allen Ebenen der Gesellschaft, in denen auch Politik betrieben werde. Es sei ihr wichtig, Negatives und Probleme zu benennen. »Aber es ist auch wichtig zu benennen, wie gut es uns geht.« awi