Der teilgeständige Mann war zu den Tatzeiten wegen einer episodisch verlaufenden, fortschreitenden Schizophrenie wahrscheinlich völlig schuldunfähig. Deshalb konnte er nicht bestraft werden. Seine Erkrankung muss jedoch weiterhin behandelt werden. Das stellte die Kammer über die Bewährungsauflagen sicher. Der 40-Jährige muss zum Beispiel seine ambulante Therapie fortsetzen, allen Anweisungen von Bewährungshelfern und Ärzten Folge leisten sowie die verschriebenen Medikamente nehmen. Alkohol- und Drogenkonsum sind tabu. Das wird mittels Screenings überprüft – bis zu zwölf Mal jährlich.
Schwerster Vorwurf der Anklage von Staatsanwältin Monika Veiglhuber war der Vorfall am 7. Dezember 2013 nach dem Besuch des Christkindlmarkts nachts in der Wohnung des 40-Jährigen in Altötting. Seine gleichaltrige Lebensgefährtin mahnte ihn, seine Medikamente zu nehmen. Gegen 1.23 Uhr drückte der Mann seine Freundin gegen eine Wand in der Küche, nahm ein Küchenmesser mit acht Zentimeter langer Klinge und fügte ihr den Schnitt am Hals zu. Als er merkte, dass das Messer nicht besonders scharf war, zog er das Messer nochmals durch die Wunde.
In einer zweiten Anklageschrift ging es um weitere Taten, die erste am Abend des 8. März 2012 in Neuötting. Wegen einer Familienstreitigkeit wurde die Polizei gerufen. Als drei Beamte an der Wohnung eintrafen und sich erkundigten, was los sei, holte der 40-Jährige plötzlich ein Messer mit einer 20-Zentimeter-Klinge aus der Jacke und hielt es mit dem Griff voran in Richtung Polizei. Aufgrund einer richterlichen Anordnung sollte dem 40-Jährigen anschließend Blut in der Kreisklinik Altötting entnommen werden. Wieder leistete er massiven Widerstand.
Ein 13 Zentimeter langer Stichel war am 16. Juni 2012 bei einer Streiterei in Neuötting im Spiel. Ein Mann trug Kratzwunden an Hand und Hals sowie eine Handschwellung davon.
Eine weitere Tat ereignete sich am 9. August 2013. Eine 21-jährige Nachbarin hatte dem Beschuldigten mehrmals signalisiert, dass sie von ihm privat nichts wolle. Das hielt den 40-Jährigen aber nicht davon ab, ihr weiter nachzustellen. Nach vergeblichem Klopfen kurz nach ein Uhr nachts klingelte er. Die Mieterin öffnete – vorsichtshalber mit einem nach unten gerichteten Messer in der Hand – und forderte ihn auf, zu verschwinden. Daraufhin packte der 40-Jährige die Frau am Arm. Unter Schmerzen konnte sie sich befreien und die Wohnungstür zudrücken. Der hartnäckige Besucher klopfte wieder an einem Fenster – so lange, bis die Frau aufmachte. Der Angeklagte bekam sie am Hals zu fassen. Sie konnte sich erneut befreien und das Fenster schließen. Die Folge: Der 40-Jährige schlug so lange gegen die Scheibe, bis sie zerbrach.
Der psychiatrische Sachverständige, Oberarzt Rainer Gerth vom Bezirksklinikum in Gabersee, attestierte dem Angeklagten eine schizophrene Psychose, die vor einigen Jahren angefangen und sich seither ganz typisch weiterentwickelt habe. Kleinste Reize reichten bei diesem Krankheitsbild aus, jemand »von Null auf Hundert zu bringen«. Unbehandelt seien die Wiederholungsgefahr und die Gefahr für die Allgemeinheit groß. Derzeit lasse sich der Mann behandeln. Aus seiner Sicht, so Gerth weiter, könne die erforderliche Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt werden. Dem schlossen sich Staatsanwältin Monika Veiglhuber und die Verteidigerin, Dr. Sabine Mayer aus Neuötting, in den Plädoyers an, ebenso die Sechste Strafkammer im Urteil. kd