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Der Tierschutz wurde im Trostberger Schlachthof nicht immer beachtet.

Nicht alles unter Kontrolle

Traunstein – Erneut ist es zu Tierschutzverstößen an bayerischen Schlachthöfen gekommen. Darunter ist auch das Chiemgauer Landschlachthaus in Trostberg, wie das Landratsamt Traunstein auf Anfrage des Traunsteiner Tagblatts bestätigt. Dort seien Schweine nicht richtig betäubt worden. Bereits im Frühjahr hatte eine vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) veröffentlichte Studie über die teils mangelhaften Zustände in bayerischen Schlachthöfen für Aufsehen gesorgt.


Eines stellt Veterinäramtsleiter Dr. Jürgen Schmid klar: Jedes Schwein, dass im Chiemgauer Landschlachthaus getötet wurde, war ausreichend betäubt. Dennoch wurde der Tierschutz missachtet, wie Kontrollen der Spezialeinheit des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) im Oktober 2014 und Februar 2015 sowie der Regierung von Oberbayern in diesem Jahr bestätigen. Verantwortlich dafür macht das Veterinäramt eine Funktionsstörung der elektronischen Betäubungsgeräte – und den Druck, dem die Schlachthofmitarbeiter in der Kontrollsituation ausgesetzt worden sind.

Zwei mal in der Woche wird in Trostberg geschlachtet, jeweils rund 80 Tiere. Der Schlachthof wird von der Firma Chiemgauer Naturfleisch, die ausschließlich Bio-Fleisch verarbeitet, und einer Metzgerei aus dem Landkreis genutzt, die auch Schweinefleisch aus konventioneller Haltung verarbeitet. In unregelmäßigen Abständen kontrollieren unangekündigt die als Zulassungsbehörde zuständige Regierung von Oberbayern sowie die Spezialeinheit des LGL zusammen mit dem Amtsveterinär, ob die Abläufe – von der Anlieferung der Tiere über das Betäuben bis hin zum tödlichen Entbluten – dem Tierschutz entsprechend korrekt ablaufen. Auch die Betäubungsqualität und -effektivität stehen dabei auf der Checkliste. Bei den Kontrollen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 war dabei nicht alles korrekt.

Elektronische Betäubung komplexer Prozess

Veterinäramtsleiter Dr. Schmid spricht von einem komplexen Verfahren, wenn es um die Elektrobetäubung geht. Der Ansatzpunkt der Elektroden am Tier muss korrekt gewählt, die Strommenge per Computer auf die Tiergruppe abgestimmt und die Dauer des Stromstoßes ausreichend sein, damit die Betäubung tief und lang genug andauert, bevor das Schwein gestochen wird. Dabei sind im Trostberger Schlachthof bei den Kontrollen 2014 und 2015 Mängel offensichtlich geworden. Tiere mussten nachbetäubt werden, bevor sie gestochen und damit getötet werden konnten. Bei der Kontrolle 2014 mussten acht von rund 80 Tieren und 2015 insgesamt 16 von etwa 80 Tieren nachbetäubt werden. Eine korrekte Betäubungsquote liegt bei 94 Prozent, so das Veterinäramt.

Die Ursache dafür habe im technischen Bereich gelegen, wie der Sprecher des Landratsamtes, Roman Schneider, mitteilte. Dies sei Grund genug für das zuständige Veterinäramt gewesen, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten. Nach den Beanstandungen im Februar 2015 wurde dem Betrieb für drei Wochen das Schlachten von Schweinen untersagt. Die Software, mit der die Elektrobetäubung arbeitet, musste neu aufgesetzt werden. Erst dann durften – nach vorheriger technischer Überprüfung – wieder Scheine geschlachtet werden. Ein Bußgeld von 180 Euro wurde fällig.

Unqualifiziertes Personal sei zu keinem Zeitpunkt in Trostberg beschäftigt gewesen, dennoch habe es menschliches Versagen gegeben, so das Landratsamt. Für die Auffälligkeiten bei den Kontrollen der Spezialeinheit des Landesamtes 2014 und 2015 habe man eine einfache Erklärung. Die Mitarbeiter seien durch die Beobachtung der externen Fachkräfte unter ungewohntem Druck gestanden, es habe eine »Verunsicherung« geherrscht, die zu Fehlern geführt haben. Dies sei aber bekannt, dass es bei unangekündigten Kontrollen erhöhten Zahlen von Nachbetäubungen gebe, so Schmid. Die Kontrollen durch das Veterinäramt zu verschärfen, dafür sieht man im Landratsamt keinen Anlass. Bei den Überprüfungen durch den amtlichen Tierarzt, der an jedem Schlachttag im Betrieb ist, habe es keine Auffälligkeiten gegeben. Die drei bekannten Fälle seien Ausnahmen.

Betreiber sei kein Vorwurf zu machen

Auch dem Betreiber sei kein Vorwurf zu machen, er habe die Anlage nach den Vorfällen erneuert, das Personal nachgeschult. Dennoch läuft derzeit wieder ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Betrieb, nachdem es bei einer Kontrolle Auffälligkeiten gegeben hat. So habe den Tieren nach dem Entladen kein Wasser zur Verfügung gestanden, obwohl sie warten mussten. Zudem habe ein Mitarbeiter an jenem Kontrolltag 2016 das letzte Tier aus biologischer Tierhaltung mit einem Schnitt am Fuß gekennzeichnet, bestätigt das Landratsamt. Allerdings zu einem Zeitpunkt, als das Tier noch nicht tot war. Den Betreiber, der für das Traunsteiner Tagblatt bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war, erwartet erneut ein Bußgeldbescheid. vew

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