»Ein Tabubruch«, sagt Peter Stocker, der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands. »Hier soll unter dem smarten Slogan »Verbesserter Verbraucherschutz: Mehr Transparenz bei Hygieneverstößen« etwas der Bevölkerung verkauft werden, über deren Konsequenzen offensichtlich zu wenige nachgedacht haben«, betont er.
Bestehende Kontrollsysteme sind ausreichend
Stocker sieht keine Notwendigkeit für die neue Vorschrift. »Man stellt Betriebe an den Pranger, die ganz sicher nicht zu den schwarzen Schafen gehören«, befürchtet der Chef des Seehotels Wassermann. »Unsere Vorschriften sind bereits so straff, dass wir mit ruhigem Gewissen sagen können, diese Vorschriften sind ausreichend«, ergänzt er. »Wir haben in den letzten zehn Jahren ein Hygiene-Eigenkontrollsystem in unseren Betrieben aufgebaut, das seines Gleichen sucht.«
Für viele kleine Betriebe sei das ein bürokratisches Monstrum, fügt Stocker hinzu. Er sieht das Problem ganz woanders. Jeder, der einen gastronomischen Betrieb eröffnen möchte, bekommt nach einer Tagesanhörung oft die Erlaubnis dafür. »Wir der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband kämpfen seit vielen Jahren dafür, dass diejenigen eine fachliche Qualifikation vorweisen müssen.« Er gibt zu bedenken, dass viele von diesen oft keine Ahnung von Hygienevorschriften haben. »Das sollte eigentlich auch jedem Politiker klar sein.« Er bricht eine Lanze für seinen Berufsstand: »Viele meiner Kollegen sind hoch qualifizierte und gut ausgebildete Fachleute, die sich selber darum kümmern und die Hygienevorschriften einhalten. Gerade diese werden hier auch mit an den Pranger gestellt.«
Die Verbraucher sind Stockers Meinung nach ohnehin schon sehr gut geschützt. »Die vorher bereits erwähnten Hygiene-Verordnungen und auch der neue GastroManagementPass lassen eigentlich schon keine Lücke mehr.« Peter Stocker betont aber auch: »Ohne Wenn und Aber stehen wir für die Einhaltung der Hygienevorschriften. Schwarze Schafe, die es wie in jeder anderen Branche auch im Gastgewerbe gibt, schädigen den Ruf der riesigen Mehrheit anständiger Gastronomen. Aber genau um diese schwarzen Schafe auszusortieren, gibt es bereits ausgefeilte Kontroll- und Sanktionsmechanismen, die rechtsstaatlichen Prinzipien folgen.« Stocker weist auch ausdrücklich darauf hin, »dass wir die Lebensmittelüberwachung nicht als unseren Kontrolleur und Schikanierer sehen, sondern eher als unseren Partner, der uns ebenfalls auf neue Vorschriften verweist.«
Bußgeld: Mindestens 350 Euro müssen verhängt werden
Michael Förtsch, Teamleiter der Lebensmittelüberwachung am Landratsamt Traunstein, sieht der neuen Vorschrift entspannt entgegen. Wenn seine Kollegen in einem Betrieb wiederholte, schwerwiegende und erhebliche Verstöße gegen die gesetzlichen Hygiene- und Lebensmittelvorschriften feststellen, dann werden sie künftig eine Veröffentlichung vornehmen. Hinzu kommen muss, dass der Prüfer aufgrund seiner Sach- und Fachkunde erwartet, dass hier ein Bußgeld von mindestens 350 Euro gegen den Verantwortlichen verhängt wird. Einen Bußgeldkatalog gibt es in diesem Bereich nicht.
Das Bußgeld wird zum einen daran gemessen, die Vorteile, die sich der Betrieb durch die Verstöße verschafft hat, abzuschöpfen (zum Beispiel eingesparte Personalkosten für Reinigungs- oder Handwerkerarbeiten). Hinzu kommt dann noch ein Geldbetrag, damit sich der Verstoß im Vergleich zu einem rechtschaffenen Gastronomen oder Händler nicht lohnt.
Trotzdem bleiben Beanstandungen in solchem Umfang im Landkreis die Ausnahme, weiß Förtsch, der auch Landesvorsitzender des Verbands der Lebensmittelkontrolleure Bayern ist, aus der Vergangenheit. Doch es gibt diese Fälle. Die Erfahrung hat Förtsch jedoch gelehrt, dass hinter diesen Ausnahmen immer eklatante Beispiele stehen, die beim sachkundigen Kontrolleur immer zu klaren Entscheidungen führen. »Wenn wir das veröffentlichen, sind wir auch immer in der Lage, das zu rechtfertigen. Wir dokumentieren das ja ohnehin. Da kann der Verbraucher schon mal froh sein, dass da etwas passiert«, sagt er.
Kommen die Kontrolleure zu der Auffassung, dass die Beanstandung veröffentlicht wird, wird das dem Betroffenen schriftlich mitgeteilt. Er erhält gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von fünf Tagen.
Veröffentlichung ist ein halbes Jahr eingetragen
Bleibt es danach bei der Auffassung der Behörde, erhält der Betrieb eine Ankündigung, dass man sich zur Veröffentlichung entschlossen hat. Nach fünf weiteren Tagen wird schließlich veröffentlicht. Die Veröffentlichung bleibt für ein halbes Jahr eingetragen.
Sollte eine Nachkontrolle durch die Lebensmittelüberwachung zwischenzeitlich feststellen, dass die Beanstandung im Betrieb beseitigt wurde, wird das zusätzlich in der Internetveröffentlichung vermerkt, betont Förtsch. Die Veröffentlichung ist ein Realakt, der nur vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden kann. Auch für die Lebensmittelkontrolleure bleibt erst einmal abzuwarten, wie diese neuen Vorschriften wirken und welchen Einfluss sie auf die Betriebe haben. lukk/SB