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Während unseres Besuches in der Asservatenkammer im Advent frisch eingetroffen: Rauschgiftutensilien und ein Schlagring, welche die Polizei Laufen sichergestellt hat.
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Waffen, mit denen Straftaten verübt wurden, und Drogen sind die häufigsten Gegenstände, die als Beweismittel in der Asservatenkammer im Traunsteiner Justizgebäude eingelagert werden und später als Beweismittel vor Gericht dienen.

Mordwaffen, Drogen und andere Beweisstücke

Traunstein. Daran hätten wir uns fast die Zähne ausgebissen: Für die Serie »Türen, die sonst verschlossen bleiben« haben sich für die Leser des Traunsteiner Tagblatts viele Türen geöffnet, hinter die kein normal Sterblicher einen Blick werfen darf. Bei der Anfrage, eine Geschichte über die Asservatenkammer der Traunsteiner Justiz zu schreiben, hätte es aber fast nicht geklappt.


»In diesen Hochsicherheitsbereich kommt niemand rein«, betont der Asservatenbeamte, der seit 1996 Herr über den gut hundert Quadratmeter großen Raum ist, der mit seinen, bis zur Decke reichenden, Regalen voller Kisten und Schachteln eher dem überdimensionalen Lager eines Flohmarktstandlers gleicht, sofern man nicht genauer hinschaut und einen Blick in die Pappkartons wirft.

Es sind durchwegs Utensilien, die im Zusammenhang mit Straftaten stehen, welche hier aufbewahrt werden. Viele sind wichtige Beweismittel, stumme Zeugen von Straftaten und ein unbestechliches Langzeitgedächtnis der Ermittler.

»Beweismittel, die Umstände einer Straftat erhellen oder beweisen, müssen besonders gesichert aufbewahrt werden,« heißt es in trockenem Beamtendeutsch. Mit Hilfe all dessen, was im Laufe der Jahrzehnte in diesem Raum aufbewahrt worden ist, gelang es, Tausende von Straftätern zu überführen; vom Dieb über den Giftler bis zum Dealer und Mörder. Die Utensilien von Wilderern und Schwarzfischern lagern ebenso in den Regalen wie Waffen aller Art – vom Baseballschläger aus Holz oder Eisen über Teleskopschlagstöcke, Samuraischwerter bis zu Feuerwaffen aller Art einschließlich zusammenschraubbarem Wilderergewehr samt Rucksack aus einem Chiemgauer Gebirgsort, der einen legendären Ruf als Wildererdorado hat.

Vieles wird vernichtet, manches wiederverwertet

Einige Tausend Beweisstücke kommen jährlich dazu; ebenso viele werden ausgemustert und vernichtet, wenn ein Verfahren Rechtskraft erlangt hat. Manches wird nach Abschluss des Verfahrens auch wiederverwertet, zum Beispiel Diebesgut, das keiner Straftat mehr zugeordnet werden kann oder andere Gegenstände – allerdings nur solche, mit denen keine Straftat begangen worden ist.

Auf dem Schreibtisch in seinem Büro hat der Asservatenbeamte eine kleine Sammlung von Beweisstücken ausgebreitet, die beispielhaft sind für die Vielfalt der aufbewahrten Gegenstände. Darunter sind Stücke, die man vor 50 Jahren wohl noch nicht eingezogen hätte: zum Beispiel die Angel eines Schwarzfischers. Wurde man in den Sechziger Jahren beim Schwarzfischen erwischt, gab es in der Regel ein paar Ohrfeigen vom Fischereiaufseher. Heute gibt es eine Anzeige und die Gerichte müssen sich mit solchen Delikten befassen. Auch die Zahl der eingezogenen Mobiltelefone steigt von Jahr zu Jahr. Insbesondere Geräte neuerer Bauart mit ihren eingebauten Festplatten werden immer öfter zu wertvollen Beweismitteln.

Zum festen beweglichen Inventar der Asservatenkammer gehören Drogen und Utensilien rund ums Drogenmilieu. Und wie auf die Minute genau bestellt, klopft es an der Tür und ein Wachtmeister bringt Nachschub. Darunter ist ein notdürftig mit Klebeband verschlossener Karton der Polizeiinspektion Laufen. Inhalt: eine Marihuanareibe, ein Rauchgerät, ein Schuldenzettel und ein Schlagring.

Zur rechten Zeit werden aber auch Beweismittel ganz anderen Kalibers in die Kammer geschleppt. Vor zwei oder drei Jahren war das einmal ein mittelgroßer Felsblock, an dem ein paar Schnüre hingen. Die Geschichte dazu: Damit wurde ein Mordopfer versenkt, das sich mit zunehmender Verwesung von den Schnüren löste und an die Gewässeroberfläche trieb. Von den Ermittlern beauftragte Taucher fanden den Stein mit den Schnüren am Gewässergrund und lieferten ihn als Beweisstück ins Justizgebäude.

Meist bringen die ermittelnden Polizeibeamten die Beweismittel selbst zum Asservatenbeamten. Der erfasst die Gegenstände im Computersystem, ehe ein Staatsanwalt den Fall zugeteilt bekommt. Der Polizeibeamte bekommt eine Empfangsbestätigung – es muss ja schließlich alles seine Ordnung haben.

Von Schlagstöcken bis Baseballschlägern

Neben den Schlagstöcken und -ringen, Messern, Schwertern, Revolvern und Gewehren liegt eine kleine Auswahl von Baseballschlägern. Für sportliche Zwecke, also um damit auf einen Baseball einzudreschen, sind diese Holzkeulen aber nicht gedacht, denn dieser Sport wird in der Region nicht betrieben.

Es kommt aber auch immer wieder vor, dass Besitzer ihre eingezogenen Beweismittel zurückbekommen. Das geschieht zum einen, wenn die Unschuld des Besitzers nachgewiesen oder wenn er mangels Beweisen freigesprochen worden ist. So holte der Asservatenbeamte eines Tages ein Mobiltelefon aus der Asservatenkammer, um es seinem Besitzer zurückzugeben. Man hatte es neben einem Beutel Marihuana gefunden, doch der Besitzer des Handys wurde freigesprochen. Als er es im Büro des Beamten abholte, fragte er, ob es sein könne, dass es hier nach Marihuana rieche. Der Beamte: Woher wissen Sie, wie Marihuana riecht?« Antwort des Abholers: »Das sieht man doch im Fernsehen.« Klaus Oberkandler

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